Hallo Malte,
zuersteinmal bleibt festzuhalten, dass das was ich Ihnen erzähle bei "uns" gängige Praxis ist. Es gibt 16 Rentenversicherungsträger in Deutschland und insbesondere bei den Dingen, wo Ermessen, Kulanz etc. ausgeübt werden kann, will ich nicht ausschließen (wollen), dass dort durchaus Unterschiede entstehen können.
Zitiert von: Malte Dannenberg
Liegt hier die folgende rechtl. Arbeitsanweisung (bezogen auf Selbständige) zugrunde?
"R3.1 Säumniszuschläge bei Beitragsforderungen aufgrund der Feststellung der Versicherungspflicht für die Vergangenheit
....
ja, das ist genau das, was ich im Beitrag am
17.02.2015 - 15:13 unter 1.) beschrieben habe:
Wenn Sie erstmalig eine Beitragsrechnung erhalten, sind da noch keine SZ (oder Kosten, Gebühren, Zinsen, etc.) enthalten. Die würden erst nach einer bestimmten - im Bescheid genannten - Frist entstehen. Das kann im Einzelfall auch länger als ein Monat sein.
Wenn die Rechnung zu hoch ist um sie mit einem mal zu begleichen, fragen sie - innerhalb der genannten frist - nach der Möglichkeit einer Ratenzahlen zusätzlich zu den laufend zu zahlenden Beiträgen.
Da wird man Ihnen auch entgegen kommen.
Zitiert von: Malte Dannenberg
Können Sie außerdem etwas sagen zur gängigen Praxis, dass dem Beitragsschuldner zwar kein Vorsatz, aber doch grobe Fahrlässigkeit oder Leichtfertigkeit vorgeworfen wird?
Wer hat hier die Entscheidung zu treffen?
Die Entscheidung trifft natürlich der Rentenversicherungsträger. Sie haben jedoch, und das gilt für jeden Bescheid, egal was der thematische Inhalt ist, die Möglichkeit Widerspruch dagegen einzulegen.
Wenn auch dieser vom Widerspruchsausschuss (bestehend aus Vertreter von Arbeitnehmern und Arbeitgebern) zurückgewiesen wird, können Sie immer noch den Weg der Klage beim Sozialgericht bestreiten und dies von einem Richter bewerten lassen.
Stichwort Vorsatz vs. (grobe) Fahrlässigkeit:
Hier zitiere ich mich selbst aus dem o.g. Thread. Dabei geht es um § 25 Abs.1 Satz 2 SGB IV
Zitiert von: Matze72
[...]
Wie Sie selbst schon richtigerweise bei der 30 Jahres-Frist nach Satz 2 zitiert haben, muss der Selbständige "vorsätzlich" gehandelt haben.
Nun müssen Sie sich folgendes Beispiel vor Augen halten: Der Rentenversicherungsträger erstellt einen Beitragsbescheid für einen Selbständigen für die letzten 10, 20 oder gar 30 Jahre.
Das sind dann mal ganz schnell Beträge im fünfstelligen Bereich. Bei 30 Jahren und dem Regelbeitrag sind wir schon im sehcststelligen Bereich.
Wie man sich vorstellen kann, widersprechen die Schuldner diesen Bescheiden (= Entscheidung durch den Widerspruchsausschuss) und gehen dann auch notfalls in die nächste Instanz -> Klage bei Sozialgericht -> Landessozialgericht, etc.
Und hier wird's dann knifflig: Der Rentenversicherungsträger muss dem Selbständigen nämlich den "Vorsatz" nachweisen. Juristisch ist hier streng nach "fahrlässig", "grob fahrlässig" und "vorsätzlich" zu unterscheiden. Unter Strich natürlich eine Einzelfallentscheidung.
Wenn der Bescheid mit einer Beitragsforderung von 5 oder mehr Jahren nicht "bombensicher" ist, dann haut einem der Richter die Akte um die Ohren.
Hierzu habe ich leider auf Anhieb keine Quellen gefunden, aber als "Vorsatz" gilt (unter anderem), dass der Selbständige seine Einkommenssteuerbescheide gefälscht hat, um weniger oder gar nichts (Geringfügigkeitsgrenze) zu zahlen.
Die Hürde, die es für den Nachweis des "Vorsatzes" zu überspingen gilt, ist SEHR hoch.
Deswegen gilt: Beitragsforderungen verjähren grundsätzlich nach 4 Kalenderjahren.
Also aus heutige Sicht, dem 29.10.2014, kann der Rentenversicherungsträger PROBLEMLOS Beiträge ab 01.01.2010 zurückfordern.
Alles was darüber hinausgeht, ist zwar rechtlich nicht ausgeschlossen, aber eben problematisch. [...]
Meine persönliche Einschätze:
Ihnen ist jetzt aufgefallen "ach Mist, ich habe ja mehr als nur einen geringfügigen Gewinn aus meiner Lehrenden Tätigkeit erzielt, da sollte ich mich mal beim Rentenversicherungsträger melden".
Dann werden Beiträge, sofern den Beitragspflicht entstanden ist (vgl. Gewinn), rückwirkend vom 01.01.2011 erhoben.
Wenn Das Entgelt aus der Beschäftigung (hauptberuf) und der Gewinn aus der selbständigen Tätigkeit (Nebenberuf) gar zusammen (rückwirkend) die Beitragsbemessungsgrenze überschreiten, wird's noch lustiger (aber nicht schlimmer). Denn hier werden dann Verhältnisrechnung aufgestellt.
Um es noch einmal zu betonen: Das ist MEINE Sicht der Dinge.