Zitiert von: Jonny
Ist es wirklich so, dass ein Verschieben der altersmäßigen Voraussetzungen nicht möglich ist, wenn sich dadurch kein geringerer Zugangsfaktor ergibt?
Hallo Jonny,
ja, das ist tatsächlich so und ergibt sich so auch eindeutig aus dem Gesetz. Nehmen wir z. B. die Altersrente für langjährig Versicherte. Nach § 236 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI ist eine Voraussetzung die Vollendung des 65. Lebensjahres. Nach S. 2 ist alternativ eine vorzeitige Inanspruchnahme nach Vollendung des 63. Lebensjahres möglich.
Damit wird die Gestaltungsmöglichkeit des Versicherten hinsichtlich der altersmäßigen Voraussetzung klar geregelt: Wählen kann er – als Anspruchsvoraussetzung – nur ein Lebensalter zwischen Vollendung des 63. und des 65. Lebensjahres. Eine Wahlmöglichkeit (vergleichbar dem S. 2) zum Festlegen dieser Anspruchsvoraussetzung auf ein Lebensalter nach Vollendung des 65. Lebensjahres sieht das Gesetz hingegen nicht vor.
Für die Jahrgänge ab 1949 wird das Lebensalter von 65 Jahren dann zwar schrittweise angehoben (Abs. 2). Dadurch erweitert sich die Wahlmöglichkeit zwar einerseits auf das angehobene Lebensalter 65 + X (später dann 66 + X), ist aber zugleich auch auf diese Höchstaltersgrenze beschränkt, da das Gesetz auch hier (in Abs. 2) keine weitergehende Wahlmöglichkeit vorsieht.
Zitiert von: Jonny
Kann der Versicherte mit einem am 26.02.2018 gestellten Antrag noch eine AR für langjährig Versicherte mit Abschlägen ab DEZ 2017 bestimmen?
Ja, das kann er. Das maßgebende Lebensalter für die abschlagsfreie Inanspruchnahme der Altersrente für langjährig Versicherte liegt für einen Versicherten, der am 15.07.1952 geboren wurde, bei Vollendung des 65. Lebensjahres und 6 Monaten (§ 236 Abs. 2 SGB VI), somit am 14.01.2018. Da er die Altersrente auch vorzeitig ab Vollendung des 63. Lebensjahres beanspruchen kann, kann er als maßgebendes Lebensalter den 14.11.2017 wählen. Der Antrag vom 26.02.2018 ist dann noch rechtzeitig innerhalb der 3-Kalendermonatsfrist des § 99 Abs. 1 S. 1 SGB VI gestellt. Er muss dann allerdings einen geminderten Zugangsfaktor von 0,994 hinnehmen.
Wir haben dann genau so eine Fallgestaltung, wie sie in der Rechtlichen Arbeitsanweisung beschrieben wurde…
Zitiert von: Jonny
Ist die Bestimmung des JAN 2018 ausgeschlossen, weil die AR für besonders langjährig Versicherte ja abschlagsfrei ist?
Sehr schöne Frage, denn jetzt wird's richtig interessant.
In diesem Fall würde der Rentenversicherungsträger tatsächlich regelmäßig eine abschlagsfreie Altersrente für besonders langjährig Versicherte bewilligen, selbst wenn der Versicherte im Rentenantrag nur die Altersrente für langjährig Versicherte beantragt hat. Denn der Antrag auf eine bestimmte Altersrente ist (nach ständiger Rechtsprechung) nicht auf die beantragte Altersrentenart beschränkt, sondern ist grundsätzlich auch als Antrag auf eine nicht explizit beantragte andere Altersrentenart auszulegen, wenn diese andere Rente für den Versicherten günstiger ist.
Dennoch liegt das Dispositionsrecht letztlich ausschließlich beim Versicherten. Wenn ein Versicherter also darauf besteht, dass er die niedrigere Altersrente bewilligt haben möchte, MUSS der Rentenversicherungsträger diese niedrigere Rente antragsgemäß bewilligen.
In Ihrem Beispiel könnte der Versicherte also auch bestimmen, dass er ab Januar 2018 eine Altersrente für langjährig Versicherte mit einem Abschlag von 0,3 Prozent anstelle einer abschlagsfreien Altersrente für besonders langjährig Versicherte erhält.
Ich mag allerdings bezweifeln, dass in der Praxis jemals ein Versicherter von dieser Dispositionsmöglichkeit Gebrauch machen wird… :-)
Zitiert von: Jonny
Wie lautet die Antwort, wenn wegen Hinzuverdienst nur Teilrenten möglich wären?
Die Antwort ändert sich nicht, er könnte die Altersrente für langjährig Versicherte sowohl mit einem Rentenbeginn Dezember 2017 als auch mit einem Rentenbeginn Januar 2018 - als Teilrente - in Anspruch nehmen. Die Dispositionsmöglichkeit hinsichtlich der Anspruchsvoraussetzung "Lebensalter" hat der Versicherte bei Altersteilrenten in gleicher Weise wie bei Altersvollrenten. :-)
Der Hinzuverdienst könnte natürlich auch als (negative) Anspruchsvoraussetzung den Leistungsfall bestimmen. Würde z. B. bei einem Rentenbeginn am 01.11.2017 der abzuziehende Hinzuverdienst (Entgelte im November und Dezember) den Betrag der Vollrente erreichen oder überschreiten, würde kein Rentenanspruch bestehen (§ 34 Abs. 3 S. 3 SGB VI). Wenn bei einem Rentenbeginn am 01.12.2017 dann der abzuziehende Hinzuverdienst – maßgebend ist ja jetzt nur noch Entgelt aus dem Dezember – zu einem Teilrentenanspruch führt, ist die Anspruchsvoraussetzung für den Rentenanspruch am 30.11.2017 erfüllt.
Zugegeben, für einen Rentenbeginn im Dezember ist der Fall "Hinzuverdienst" sicherlich ziemlich konstruiert, für einen Rentenbeginn Januar aber durchaus häufig anzutreffen!
Und im Beispielsfall hätte die negative Anspruchsvorrausetzung "Hinzuverdienst" letztlich keinerlei Relevanz, da der Versicherte den Rentenbeginn durch das Lebensalter disponieren kann. Echte Relevanz kann diese Anspruchsvoraussetzung aber in Fällen entwickeln, in denen die übrigen Voraussetzungen einschließlich des Lebensalters für eine abschlagsfreie Rente bereits mehr als 3 Kalendermonate zurückliegen. Ob die Rentensachbearbeitung diese (negative) Anspruchsvoraussetzung bei der Bestimmung des Rentenbeginns immer richtig auf dem Schirm, sei dahin gestellt. Durch den kalenderjährlichen Hinzuverdienst (Danke, Flexi-Rente!) ist die Voraussetzung nämlich nicht mehr ganz einfach zu erkennen und zu bestimmen!!!
VG
Unwissende