Unter bestimmten Voraussetzungen ist es durchaus möglich, dass - auf Antrag - rechtskräftige Entscheidungen über den Versorgungsausgleich abgeändert werden.
Der Versorgungsausgleich hat zum Ziel, dass die von den Ehegatten in der Ehezeit erworbenen Versorgungsanrechte gleichmäßig aufgeteilt werden ("Halbteilungsgrundsatz"). Im Ergebnis sollen später die geschiedenen Ehegatten - bezogen auf die Ehezeit - gleich hohe Versorgungsleistungen erhalten.
Aus zahlreichen Gründen - vor allem wegen der vielfachen Änderungen im Recht der gesetzlichen Rentenversicherung und der Beamtenversorgung (aber auch in anderen Versorgungssystemen wie z. B. der Zusatzversorgung) - kann es aber dazu kommen, dass die "Gutschrift", die der ausgleichsberechtigte Ehegatte bei der Ehescheidung auf Grund des Versorgungsausgleichs erhalten hat, später nicht mehr dem Halbteilungsgrundsatz entspricht, also "zu niedrig" ist. Genau so kann es sich aber auch ergeben, dass die "Lastschrift" (d.h. die Kürzung der Versorgung des ausgleichspflichtigen Ehegatten auf Grund des Versorgungsausgleichs) "zu hoch" ist.
Wenn es sich dabei um "wesentliche" Abweichungen vom Halbteilungsgrundsatz handelt, kann die Entscheidung über den Versorgungsausgleich grundsätzlich abgeändert werden.
Eine Abänderung kommt sogar auch dann in Betracht, wenn die Entscheidung über den Versorgungsausgleich fehlerhaft war, z. B. deshalb, weil ein Versorgungsanrecht überhaupt nicht oder nicht in richtiger Höhe berücksichtigt wurde.
Der Antrag kann frühestens dann gestellt werden, wenn
– einer der geschiedenen Ehegatten das 55. Lebensjahr vollendet hat oder
– eine auf Grund des Versorgungsausgleichs erhöhte oder gekürzte Leistung bezogen wird.
Der Abänderungsantrag ist beim Familiengericht zu stellen.
Eine erfolgreiche Abänderungsentscheidung des Familiengerichts setzt voraus, dass der "neue" Ausgleichsbetrag (auf Grund des aktuellen Werts der Versorgungsanrechte) "wesentlich" von dem Betrag abweicht, den das Familiengericht in der Erstentscheidung durch Übertragung oder Begründung von Anrechten ausgeglichen hatte. Dabei sind zwei Grenzwerte zu berücksichtigen:
So muss zum einen der "neue" (aber auf das Ende der Ehezeit bezogene) Ausgleichsbetrag mehr als 10 % höher oder niedriger sein als der "alte" Ausgleichsbetrag. Wurden also z. B. durch die Erstentscheidung Rentenanrechte der gesetzlichen Rentenversicherung von 400,00 Euro übertragen und/oder begründet, so muss der "neue" Ausgleichsbetrag entweder höher als 440,00 Euro oder niedriger als 360,00 Euro sein.
Zum anderen muss aber auch die "Geringfügigkeitsgrenze" von 0,5 % der am Ende der Ehezeit geltenden monatlichen Bezugsgröße überschritten sein. Dieser Grenzwert soll verhindern, dass wegen einer relativ geringen Veränderung des Ausgleichsbetrags ein aufwändiges Abänderungsverfahren durchgeführt werden muss. Wurden z. B. durch die Erstentscheidung des Familiengerichts Rentenanrechte von 100,00 DM (= 51,13 Euro) übertragen (bezogen auf ein Ehezeitende am 31. Mai 1997) und ergibt sich auf Grund des aktuellen Werts der Versorgungsanrechte ein neuer Ausgleichsbetrag von 115,00 DM (= 58,80 Euro), ist diese Abweichung um 15,00 DM (= 7,67 Euro) zwar größer als 10 % des bisherigen Ausgleichsbetrags (=10,00 DM bzw. 5,11 Euro), aber geringer als 0,5 % der am Ehezeitende geltenden monatlichen Bezugsgröße von 21,35 DM (= 10,92 Euro); ein Abänderungsantrag wäre in diesem Beispielsfall also nicht erfolgreich.
Das Familiengericht hat nicht nur die Anrechte der gesetzlichen Rentenversicherung, sondern in einer "Gesamtbilanz" den aktuellen Wert sämtlicher Anrechte der beiden geschiedenen Ehegatten zu berücksichtigen, soweit diese Anrechte im Versorgungsausgleich ausgleichsfähig sind.
Es hat auch zu prüfen, ob und inwieweit eine Abänderung zu unterbleiben hat, weil sie unter Berücksichtigung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse, insbesondere des Versorgungserwerbs nach der Ehe, grob unbillig wäre.
Ihr Rentenversicherungsträger ist deshalb nicht in der Lage, Sie über die Erfolgsaussichten eines etwaigen Abänderungsantrags umfassend zu beraten. Auf Antrag berechnet er aber die Höhe Ihrer eigenen Rentenanwartschaften während der Ehezeit nach aktuellem Recht.
Bevor ein Abänderungsantrag gestellt wird, empfiehlt sich eine sorgfältige Prüfung der Erfolgsaussichten. Insoweit kann es zweckmäßig sein, die Hilfe von Fachanwältinnen/Fachanwälten für Familienrecht oder von auf dem Gebiet des Versorgungsausgleichs tätigen Rentenberatern in Anspruch zu nehmen.