freiberufliche Tätigkeit neben abhängiger Beschäftigung

von
Lichtinger

Ich arbeite seit vielen Jahren in abhängiger, versicherungspflichtiger Beschäftigung bei der Landesregierung. Nun beabsichtige ich eine freiberufliche Tätigkeit in einem „Freier – Mitarbeiter – Vertrag“ vereinbart ist mit 9 Stunden wöchentlich aufzunehmen.
Ich werde Kinder mit Behinderung und von Behinderung bedrohte Kinder heilpädagogisch fördern. Finanziert wird diese heilpädagogische Maßnahme vom Bezirk oder Jugendamt. Eine konstante gleichmäßige Erbringung der Leitung pro Monat ist nicht gegeben. Die Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit werden somit monatlich schwanken, aber in der Regel 450 Euro übersteigen.
Meine Fragen dazu sind:
1. Wenn ich über 450 Euro Einkünfte erziele, wie wirkt sich der Gesamtbetrag der Einkünfte sozial- und rentenversicherungsrechtlich aus?
• Werden von diesen Einkünften Rentenbeiträge einbehalten, wenn ja in welcher Höhe?
• Werden von diesen Einkünften Krankenversicherungsbeiträge einbehalten, wenn ja in welcher Höhe?
• Werden von diesen Einkünften Arbeitslosenversicherungsbeiträge einbehalten, wenn ja in welcher Höhe?
• Werden von diesen Einkünften Pflegeversicherungsbeiträge einbehalten, wenn ja in welcher Höhe?
2. Ich bitte Sie mir dies anhand eines fiktiven Einkommens von 1000 Euro pro Monat beispielhaft zu berechnen.
3. Inwieweit können Werbungskosten die mit dieser Tätigkeit zusammenhängen vorab bei der Ermittlung der Höhe der Einkünfte abgezogen werden?
• Wie verhält es sich bei monatlich abweichenden Einkünften? Werden immer konstante Beiträge pro Monat abgeführt/eingezogen?

Vielen Dank für Ihre Antwort.
Mit freundlichen Grüßen
M.L.

von
Herz1952

Hallo Herr Lichtinger,

Bitte wenden Sie sich wegen Kranken- und Pflegeversicherung an Ihre Krankenkasse.

Arbeitslosenversicherung und Rentenversicherung entfällt. Allerdings aufpassen, ob es sich nicht um "Scheinselbständigkeit" handelt. Krankenkasse und Rentenversicherung fragen. Am besten vor Ort.

Steuern: Es können Werbungskosten abgesetzt werden vom Brutto der selbständigen/freiberuflichen Tätigkeit. Das zu versteuernde Einkommen aus dieser Tätigkeit wird zum zu versteuernden Einkommen aus nichtselbständiger Tätigkeit hinzugerechnet. Die Höhe der Steuer hängt von dem gesamten jährlichen zu versteuernden Einkommen (also Brutto abzüglich Freibeträge) ab.

Fragen Sie bitte hierzu noch Ihren steuerlichen Sachbearbeiter vom Finanzamt, evtl. einen Steuerberater. Die absolute Jahressteuer kann aufgrund Ihrer Angaben nicht berechnet werden.

Herz1952

von
Sozialröchler?

Zur Versicherungspflicht lesen Sie die Ausführungen unter:
http://www.deutsche-rentenversicherung-regional.de/Raa/Raa.do?f=SGB6_2S1NR1-7R2.1

Beachte Sie das Seitenende:
"Die Heilmittelerbringer zeichnen sich durch eine grundsätzliche Abhängigkeit von den Verordnungen eines Arztes aus und führen damit letztendlich einen Teil der vom Arzt gelenkten Gesamtbehandlung von kranken Menschen durch. Sie sind daher als Krankenpflegepersonen im Sinne der vorliegend besprochenen Vorschrift anzusehen und unterliegen bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen entgegen der bisherigen Rechtsauffassung der Versicherungspflicht.
Die geänderte Rechtsauffassung wird bei sämtlichen ab dem 01.04.2012 neu aufgenommenen selbständigen Tätigkeiten berücksichtigt."

Als monatlicher Verdienst wird das Arbeitseinkommen eines Kalenderjahres, geteilt durch 12, zu Grunde gelegt, wenn die selbständige Tätigkeit während des gesamten Kalenderjahres ausgeübt wurde.

Zur Gewinnermittlung:
http://www.deutsche-rentenversicherung-regional.de/Raa/Raa.do?f=SGB4_15R0

von
Groko

Zitiert von: Herz1952

Hallo Herr Lichtinger,

Bitte wenden Sie sich wegen Kranken- und Pflegeversicherung an Ihre Krankenkasse.

Arbeitslosenversicherung und Rentenversicherung entfällt. Allerdings aufpassen, ob es sich nicht um "Scheinselbständigkeit" handelt. Krankenkasse und Rentenversicherung fragen. Am besten vor Ort.

Steuern: Es können Werbungskosten abgesetzt werden vom Brutto der selbständigen/freiberuflichen Tätigkeit. Das zu versteuernde Einkommen aus dieser Tätigkeit wird zum zu versteuernden Einkommen aus nichtselbständiger Tätigkeit hinzugerechnet. Die Höhe der Steuer hängt von dem gesamten jährlichen zu versteuernden Einkommen (also Brutto abzüglich Freibeträge) ab.

Fragen Sie bitte hierzu noch Ihren steuerlichen Sachbearbeiter vom Finanzamt, evtl. einen Steuerberater. Die absolute Jahressteuer kann aufgrund Ihrer Angaben nicht berechnet werden.

Herz1952


Kaum hat das neue Jahr begonnen willst Du wieder mit Deinem Nichtwissen die Menschen in die Irre führe.

Experten-Antwort

Super gut ermittelte Antwort von Sozialröchler !
Ergänzung:
Jede Beschäftigung/Tätigkeit wird für sich betrachtet, in der Summe ist die Beitragsbemessungsgrenze zu beachten. Eine genaue Klärung kann man mit Vordruck V027 über die Clearingstelle der DRV-Bund in Berlin herbeiführen.
Kommt man zur Versicherungspflicht gem. §2 Nr.2 SGB VI (oder möglicherweise Nr.1), so tritt Versicherungspflicht in der gRV ein. Für KV/PV und AloV wird man als Selbständiger behandelt und ist damit idR nicht versicherungspflichtig, in der KV/PV wohl aber beitragspflichtig.
Für die gRV sind dann die Beiträge allerdings allein zu tragen, da niemand die Arbeitgeberfunktion innehat (2015 = 18,7%).
Für die Beitragsbemessung bei Selbständigen mit schwankendem Einkommen wird ein Durchschnittseinkommen aus mindestens 3 Monaten errechnet. Liegen Steuerbescheide vor, gilt ein Zwölftel des Jahreseinkommens.
Bei erstmaliger Aufnahme einer selbst. Tätigkeit könnte mangels verläßlicher Einkommensdaten auch der halbe Regelbeitrag gewählt werden. Eine Regelung, die seit Beginn der Tätigkeit 3 volle Kalenderjahre genutzt werden kann. Monatl. Beitrag beträgt 265,07 EUR, was einem Entgelt von 1417,50 EUR entspricht.
Bei niedrigerem Einkommen würden wir das tatsächliche Einkommen der Beitragsbemessung zugrunde legen, wenn es plausible Buchführungsbelege oder eine gewissenhafte Schätzung durch einen Steuerberater gibt.
In der Summe der zu verbeitragenden Bruttoeinnahmen ist jedoch stets die Beitragsbemessungsgrenze zu beachten, in der gRV mon. 6050 EUR, in der KV 4575 EUR.

von
Lichtinger

Sehr geehrte(r) Expertin(e),
danke für Ihre Rückantwort die mir jedoch nicht ausreichend ist.
Ich arbeite freiberuflich nicht als Heilmittelerbringer oder Pflegeperson. dem § SGB VI § 2 S. 1 Nr. 1 bis 7 Selbständig Tätige kann ich mich nicht zuordnen. Meines Erachtens auch nicht als Lehrer da ich keine Kenntnisse oder Erfahrungen im Rahmen einer Aus- oder Fortbildung vermittle, weder in einer schulischen Ausbildung oder Hochschulausbildung noch Berufs- oder Erwachsenenbildung auch nicht in den anderen genannten Bereichen tätig bin. Auch erfülle ich nicht die genannten Kriterien für Erzieher. Auch falle ich als Heilpädagogin nicht unter die Heilmittelerbringer.
Ich arbeite als staatlich anerkannte Heilpädagogin. Ich fördere Kinder die behindert sind oder von einer Behinderung bedroht sind, ebenso wie seelisch beeinträchtigte Kinder und Kinder die Hilfe zur Erziehung benötigen. Kostenträger ist der Bezirk (isolierte heilpädagogische Leistung Bewilligung für 1 Jahr) bzw. das Jugendamt (Bewilligung für einen längeren Zeitraum de vom Hilfebedarf abhängig ist). Die Finanzierung wird durch die §§ 53 SGB XII; 55SGB IX, 35a SGB VIII bzw. 27SGB VIII geregelt.
Lt. Berufsverband der Heilpädagogen wurde von der BfA bestätigt „ Selbständige Heilpädagogen sind in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungsfrei (Ausnahme Scheinselbständigkeit).
Bitte beantworten Sie mir aufgrund der hier geschilderten Berufsausübung meine Fragen:
Meine Fragen dazu sind:
1. Wenn ich über 450 Euro Einkünfte erziele, wirkt sich der Gesamtbetrag der Einkünfte sozial- und rentenversicherungsrechtlich aus?
• Werden von diesen Einkünften Rentenbeiträge einbehalten, wenn ja in welcher Höhe? Bin ich Rentenversicherunsgpflichtig?
• Werden von diesen Einkünften Arbeitslosenversicherungsbeiträge einbehalten, wenn ja in welcher Höhe?
2. Ich bitte Sie mir dies anhand eines fiktiven Einkommens von 1000 Euro pro Monat beispielhaft zu berechnen.
3. Inwieweit können Werbungskosten die mit dieser Tätigkeit zusammenhängen vorab bei der Ermittlung der Höhe der Einkünfte abgezogen werden?
Des Weiteren bitte ich Sie mir anhand unten stehender Aussagen mitzuteilen ob ich der Scheinselbständigkeit unterliege.
• Ich bin durch meine hauptberufliche Tätigkeit in einer gesetzlichen Krankenversicherung versichert (ebenso Rente etc.).
• Ich beschäftige keine eigenen Arbeitnehmer, Auszubildende oder Familienangehörige
• Zum Dienstherrn besteht kein verwandtschaftliches Verhältnis
• ich bin für zwei Auftraggeber tätig, zu Beginn im Verhältnis 1:2 (soll zukünftig angeglichen werden oder sich wechseln)
• ich bin neben dieser hier dargestellten freiberuflichen Tätigkeit nicht zusätzlich selbstständig tätig
• ich habe meine regelmäßigen Jahresarbeitsentgelte aus abhängigen Beschäftigungen bisher nicht überschritten
• ich bin freier Mitarbeiter in der Praxis der zwei Dienstherren
• den Arbeitsort wähle ich selbst (in der Praxis, im Kindergarten oder an einem anderen Ort), ebenso ob ich einen Auftrag annehme und zu welcher Zeit ich ihn ausführe
• die heilpädagogische Ausgestaltung des Auftrages obliegt allein meiner fachlichen Fähigkeiten
• 25% des Kostenträgersatzes werden vom Dienstherren einbehalten
• ich stelle eine Rechnung an den Dienstherrn (er rechnet mit dem Kostenträger ab)
• viermal jährlich ist Teambesprechung und Supervision, der Termin wird mit allen Beteiligten verhandelt (also nicht vorgegeben)
• ich habe keinen Einfluss auf die Preisgestaltung
• ich trete nicht durch eigene Werbung auf
• ich trage das volle finanzielle Risiko, d.h. wenn der Klient erkrankt ist oder ich arbeitsunfähig bin erhalte ich kein Honorar
Ich danke für eine Antwort.
Mit freundlichen Grüßen
Lichtinger

von
W*lfgang

[/quote]Hallo Lichtinger,

wie wäre es mit einem Statusfeststellungsverfahren über die DRV:

http://www.deutsche-rentenversicherung.de/Allgemein/de/Inhalt/5_Services/04_formulare_und_antraege/01_versicherte/01_vor_der_rente/_DRV_Paket_Versicherung_Statusfeststellung.html

HIER wird man Ihren endgültigen Status (versicherungspflichtige/versicherungsfreie selbständige Tätigkeit) nicht _festlegen_ können. Und ob tatsächlich ein "Freier-Mitarbeiter-Vertrag" vorliegt (wie es der/die 'Arbeitgeber' gerne hätten - um sich von seinen Sozialleistungen zu 'befreien'), wird sich dann zeigen.

Gruß
w.

von
Fachmann

Sehr geehrte Frau Lichtinger,

ich teile die Auffassung des Experten, dass hier eine Versicherungspflicht in der gesetzlichen RV bestehen könnte. Nach der rvliteratur sind beispielsweise Sprachheilpädagogen versicherungspflichtig nach § 2 Nr. 2 SGB VI. Ich rate daher dazu, mit Vordruck V020 oder V023 (erhalten Sie über die Internetseite der DRV) Ihre Selbständigkeit der RV anzuzeigen. Sie sind hierzu gem. § 191 SGB VI gesetzlich verpflichtet. Es dürfte aus Gründen der Rechtssicherheit und Planbarkeit in Ihrem Interesse sein, eine verbindliche (schriftliche)Entscheidung zu erwirken.
Im Sozialversicherungsrecht - speziell bei einkommensgerechter Beitragszahlung zur gesetzlichen RV - ist der nach den allg. Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts ermittelte Gewinn aus einer selbst. Tätigkeit maßgeblich (Einnahmeüberschussrechnung, Betriebsvermögensvergleich). Betriebsausgaben (Werbungskosten) sind somit absetzbar.
Scheinselbständigkeit dürfte bei Ihnen nicht vorliegen - im Vordruck V023 gibt es hierzu entsprechende abfragen.

Zu den Aufwendungen zur (freiwilligen) Krankenversicherung wenden Sie sich bitte an die Krankenkasse. Bei der Agentur für Arbeit besteht die Möglichkeit der Antragspflichtversicherung (§ 28a SGB III, Frist!). Hierzu werden Sie in diesem Forum keine weiteren Informationen erhalten können.

Mit freundlichen Grüßen und viel Erfolg!

Experten-Antwort

Wir bitten um Verständnis, dass in einem Forum keine rechtsverbindlichen Entscheidungen getroffen werden. Hier geht es nur um Auskünfte und ggf. Hilfe mittels gezielter Hinweise.
In Ihrem Falle ist das sogenannte Statusfeststellungsverfahren angezeigt. Sie haben im möglichen Falle der Versicherungspflicht gem. §2 SGB VI eine Anzeigepflicht gem. §190a SGB VI (nicht 191). Der richtige Vordruck, der für diese Sachlage konzipiert wurde ist V027 (nicht V020 oder V023). Bitte kommen Sie dieser Anzeigepflicht nach. Link für den Vordruck:
http://www.deutsche-rentenversicherung.de/Allgemein/de/Navigation/5_Services/04_formulare_und_antraege/06_gesamt/V_formulare_node.html
Ansonsten hat die Krankenkasse als "Gesamtbeitragseinzugstelle" die gesetzlich festgelegte Aufgabe über die Versicherungspflicht in allen Versicherungszweigen zu entscheiden. Daher haben wir keine Stellungnahme zur Alo-Versicherung abgegeben.
HINWEIS zur AloV: Regelungen der §§ 24 bis 28a SGB III i.V.m. §7 SGB IV sprechen nicht für Versicherungs- und Beitragspflicht bei selbst. Tätigkeit. Insbesondere § 26 SGB III enthält keine vergleichbare Regelung entsprechend der rentenrechtlichen in §2 Nr.9 SGB VI. Dies beurteilt jedoch letztlich nicht der RV-Träger.

Wenn die Überprüfung durch die Clearingstelle ergibt, dass bei Ihnen keine "Scheinselbst." vorliegt, ist die Beantwortung Ihrer Fragen einfach:
zu 1) nein/nein/nein,
zu 2) keine Beiträge außer KV/PV
zu 3) entfällt.
Wenn es zur Versicherungspflicht käme, was bei einem Einkommen >450 EUR der Fall wäre, wäre Ihre Frage zur Bemessungsgrundlage noch zu beantworten: Der Gewinn vor Steuern ist maßgeblich. "Werbungskosten" sind nicht zu berücksichtigen, der Selbständige führt eine Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) durch, die Überschüsse der Einnahmen über die Kosten, die mit dieser Tätigkeit verbunden sind, bedeuten den Gewinn. Genaueres zu Details sagt Ihnen ein Steuerberater oder direkt das Finanzamt.
Im Übrigen werden Werbungskosten bei Arbeitnehmern im Sozialrecht auch nicht berücksichtigt. Es geht immer um den Bruttolohn. Selbständige werden da in etwa gleich gestellt.

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