Kann das richtig sein?

von
Jonny

Jemand hat 38 Monate mit Berufsausbildungszeiten und 14 Monate mit Fachschulausbildung nachgewiesen. Während der Fachschulausbildung liegt aber gleichzeitig Arbeitslosigkeit vor.
Maximal können ja nur 36 Monate an Berufs- und Fachschulausbildung eine höhere Bewertung erhalten. Jetzt begrenzt die DRV aber die Aufwertung der Berufsausbildung auf nur 22 Monate. Und die 14 Monate der Fachschulausbildung werden ja ohnehin als Arbeitslosigkeit bewertet.

Der Gesetzgeber wollte aber doch die Fachschulausbildung der Berufsausbildung gleichstellen. Und diese beabsichtigte Besserstellung gegenüber Schulausbildung, Hochschulausbildung oder ohne jegliche schulische Ausbildung wirkt sich jetzt doch negativ aus.

Oder kann man auf die Anerkennung der Fachschulausbildung verzichten?
Fragt mal unvoreingenommen
JOnny

von
Unwissende

Zitiert von: Jonny
... Und die 14 Monate der Fachschulausbildung werden ja ohnehin als Arbeitslosigkeit bewertet.
...
... wirkt sich jetzt doch negativ aus.

Hallo Jonny,

das ist alles eine Frage des Blickwinkels:
Die 14 Monate werden doch statt mit 75 % des Gesamtleistungswertes (als Fachschulausbildung) mit 80 % des Gesamtleistungswertes (als Zeit der Arbeitslosigkeit) bewertet. In Ihrem Beispiel bekommt der Versicherte also eine höhere Bewertung. Das ist doch eine positive Auswirkung und keine negative!

Zitiert von: Jonny

Oder kann man auf die Anerkennung der Fachschulausbildung verzichten?

Nein, das geht nicht. Die Rentenversicherungsträger müssen die erheblichen Tatsachen speichern und bei der Rentenberechnung berücksichtigen.

von
Jonny

Das mit dem Blickwinkel mag ja richtig sein. Aber ist es denn falsch zu sagen: "Ohne die Fachschulausbildung hätte ich mehr!"?

von
Jonny

[quote=283205
Nein, das geht nicht. Die Rentenversicherungsträger müssen die erheblichen Tatsachen speichern und bei der Rentenberechnung berücksichtigen. [/quote]
Das ging aber doch auch nach dem BSG-Urteil vom 19.4.2011 B 13 R 79/09 R und der Verbindlichen Entscheidung der DRV-Bund. Für diese Fälle hat der Gesetzgeber das jetzt doch sogar im EM-Leistungsverbesserungsgesetz klargestellt!
Ist das nicht nur eine Frage des richtigen Auslegens der Vorschrift über die Rentenberechnung?
fragt noch mal
Jonny

von
Rentencrack

Zitiert von: Jonny
[quote=283205
Nein, das geht nicht. Die Rentenversicherungsträger müssen die erheblichen Tatsachen speichern und bei der Rentenberechnung berücksichtigen.

Das ging aber doch auch nach dem BSG-Urteil vom 19.4.2011 B 13 R 79/09 R und der Verbindlichen Entscheidung der DRV-Bund. Für diese Fälle hat der Gesetzgeber das jetzt doch sogar im EM-Leistungsverbesserungsgesetz klargestellt!
Ist das nicht nur eine Frage des richtigen Auslegens der Vorschrift über die Rentenberechnung?
fragt noch mal
Jonny[/quote]

Ja, da liegt aber ein anderer Sachverhalt vor. Da liegen beitragsfreie Zeiten (Anrechnungszeit wegen sämtlicher Schulausbildung) zeitgleich mit sozialversicherungsPFLICHTIGEN Sozialleistungsbezug vor.

Hingegen sagt § 74 (begrenzte Gesamtleistungsbewertung), dass Zeiten der Fachschule vorrangig der Zeiten der Berufsausbildung zu bewerten sind. Von maximal 36 Kalendermonaten BAB ziehe ich 14 Kalendermonate Fachschule ab und komme so maximal auf 22 Kalendermonate Berufsausbildung, die als beitragsgeminderte Zeit der begrenzten Gesamtleistungsbewertung unterworfen werden können.

Ob das gerecht ist? Das muss jeder für sich selbst wissen. Ich sehe hier aber keinen Spielraum bei den Rentenversicherungsträgern, da der Gesetzgeber das hier eindeutig regelt. Eine Änderung müsste hier also m. E. per Gesetz herbeigeführt werden. Denn eine Fachschulausbildung liegt so oder so vor. Unabhängig davon, ob zeitgleich ALO liegt oder nicht - und ist somit vorrangig vor der BAB zu "bewerten".

Da ich solche Fälle in der Praxis aber selten gesehen habe, sind das besondere Härtfälle im Einzelfall. Im neuen Urteil zum Heranziehen von der Pension des Ehegattens zur Bemessungsgrundlage der freiwilligen Krankenversicherung bei Patchworkfamilien hat das BSG ja eindeutig herausgestellt, dass der Gesetzgeber nur den gesellschaftlichen Standard abbilden und Personen, die vom Mainstream abweichen, nicht zu berücksichtigen braucht und teilweise auch gar nicht kann.

Und das ist meines Erachtens nur richtig so. Sonst haben wir bald noch 1.000 Gesetzbücher mehr. Auch wenn ich selber oft durch das Raster des Gesetzgebers falle.

von
Unwissende

Zitiert von: Jonny
Das mit dem Blickwinkel mag ja richtig sein. Aber ist es denn falsch zu sagen: "Ohne die Fachschulausbildung hätte ich mehr!"?

Nein, das ist nicht falsch - aber dennoch rein fiktiv, wenn man eine Fachschule besucht hat.

Man könnte aber auch sagen: Ohne die Arbeitslosigkeit hätte ich weniger.

Es könnte aber auch sein, dass man ohne die Berufsausbildung mehr hätte (Mindestentgeltpunkte bei geringem Arbeitsverdienst). Das merken Sie aber nur, wenn Sie vollständige Vergleichsberechnungen durchführen.

Nur: Sollte die Rentenversicherung hunderte von Vergleichsberechnungen durchführen müssen, um dann - hoffentlich - am Ende das günstigste Ergebnis für den Einzelnen zu bekommen?

Und ist die Rente ein Stück Kuchen, aus dem man sich die Rosinen rauspicken können sollte?

Und könnte es sein, dass die Beiträge zur Rentenversicherung für alle angehoben werden müssten, wenn man seine Rentenhöhe "optimieren" könnte? Wäre das nicht ungerecht gegenüber denen, die keine "Optimierungsmöglichkeiten" haben?

Wie Sie sehen, kann man diese Diskussion unendlich lang und breit führen.

Hätte, könnte, wenn und aber - das bringt nicht viel. Man sollt die Dinge auch mal einfach so hinnehmen, wie sie sind.

von
Jonny

Zitiert von: Unwissende
Zitiert von: Jonny
Das mit dem Blickwinkel mag ja richtig sein. Aber ist es denn falsch zu sagen: "Ohne die Fachschulausbildung hätte ich mehr!"?

Nein, das ist nicht falsch - aber dennoch rein fiktiv, wenn man eine Fachschule besucht hat.

Man könnte aber auch sagen: Ohne die Arbeitslosigkeit hätte ich weniger.

Es könnte aber auch sein, dass man ohne die Berufsausbildung mehr hätte (Mindestentgeltpunkte bei geringem Arbeitsverdienst). Das merken Sie aber nur, wenn Sie vollständige Vergleichsberechnungen durchführen.

Nur: Sollte die Rentenversicherung hunderte von Vergleichsberechnungen durchführen müssen, um dann - hoffentlich - am Ende das günstigste Ergebnis für den Einzelnen zu bekommen?

Und ist die Rente ein Stück Kuchen, aus dem man sich die Rosinen rauspicken können sollte?

Und könnte es sein, dass die Beiträge zur Rentenversicherung für alle angehoben werden müssten, wenn man seine Rentenhöhe "optimieren" könnte? Wäre das nicht ungerecht gegenüber denen, die keine "Optimierungsmöglichkeiten" haben?

Wie Sie sehen, kann man diese Diskussion unendlich lang und breit führen.

Hätte, könnte, wenn und aber - das bringt nicht viel. Man sollt die Dinge auch mal einfach so hinnehmen, wie sie sind.

Danke für die Bestätigung, dass Fachschulausbildung schlechter ist als gar keine oder Schul- bzw. Hochschulausbildung!

Und: Eine Vergleichsberechnung ist dafür ja wohl ebenso wenig erforderliche wie für das Nebeneinander von Sozialleistungsbeiträgen wegen Arbeitslosigkeit und Fachschulausbildung, oder etwa doch?

Damit soll dann aber auch Schluss sein. Es wird sich schon noch ein Richter finden, der nicht versteht, warum man einerseits den besseren Wert gibt, andererseits aber trotzdem Nachteile bei der Berufsausbildung verursacht.
Jonny

von
Unwissende

Zitiert von: Jonny

Es wird sich schon noch ein Richter finden, der nicht versteht, warum man einerseits den besseren Wert gibt, andererseits aber trotzdem Nachteile bei der Berufsausbildung verursacht.
Jonny

Diesen Richter gibt es schon. Sogar am Bundessozialgericht. Nur leider hat das Bundessozialgericht nicht Jonnys Rechtsauffassung vertreten, sondern die Rechtsauffassung der Rentenversicherungsträger.

Siehe Urteil des BSG vom 10.04.2012, Aktenzeichen: B 13 R 3/10 R

http://juris.bundessozialgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bsg&Art=en&nr=12413

von
Jonny

Zitiert von: Unwissende
Zitiert von: Jonny

Es wird sich schon noch ein Richter finden, der nicht versteht, warum man einerseits den besseren Wert gibt, andererseits aber trotzdem Nachteile bei der Berufsausbildung verursacht.
Jonny

Diesen Richter gibt es schon. Sogar am Bundessozialgericht. Nur leider hat das Bundessozialgericht nicht Jonnys Rechtsauffassung vertreten, sondern die Rechtsauffassung der Rentenversicherungsträger.

Siehe Urteil des BSG vom 10.04.2012, Aktenzeichen: B 13 R 3/10 R

http://juris.bundessozialgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bsg&Art=en&nr=12413

Na dann schauen wir doch mal, was dieser oder ein anderer Senat zu dem Fall sagt, in dem eine Fachschulzeit mit Pflichtbeiträgen Reha. in 1979 mit einer Anrechnungszeit wegen Rentenbezug - Zurechnungszeit zusammentrifft.
Oder hat der Träger da schon falsch gerechnet?

von
Genervter

[/quote]

Na dann schauen wir doch mal, was dieser oder ein anderer Senat zu dem Fall sagt, in dem eine Fachschulzeit mit Pflichtbeiträgen Reha. in 1979 mit einer Anrechnungszeit wegen Rentenbezug - Zurechnungszeit zusammentrifft.
Oder hat der Träger da schon falsch gerechnet?[/quote]

Wie häufig kommen diese Fällen denn vor?
So kann man sich natürlich auch im Klein-Klein verlieren und wirkliche Probleme verdrängen,
meint jedenfalls der Genervte.

von
Unwissende

Zitiert von: Genervter

Na dann schauen wir doch mal, was dieser oder ein anderer Senat zu dem Fall sagt, in dem eine Fachschulzeit mit Pflichtbeiträgen Reha. in 1979 mit einer Anrechnungszeit wegen Rentenbezug - Zurechnungszeit zusammentrifft.
Oder hat der Träger da schon falsch gerechnet?[/quote]

Wie häufig kommen diese Fällen denn vor?
So kann man sich natürlich auch im Klein-Klein verlieren und wirkliche Probleme verdrängen,
meint jedenfalls der Genervte.[/quote]

@Genervter: Ich stimme Ihnen zu. Schauen wir mal, ob Jonny so einen exotischen Fall tatsächlich aus dem Hut zaubern und vors BSG bringen kann und ob ihm dann nicht der neue § 74 Satz 3 SGB VI bzw. § 309 Abs. 3 SGB VI in der Fassung ab 22.07.2017 einen Strich durch die Rechnung macht… :-)

@Jonny: Wenn Sie sich die Begründung zum bereits genannten Urteil mal genau durchlesen, werden sei unweigerlich zu dem Schluss kommen, dass dieser Senat des BSG auch in ihrem "zweiten Fall" nicht anders entscheiden wird. Der Senat führt nämlich "systematische Gesichtspunkte" als entscheidenden Grund für sein Urteil an (Randziffer 19ff.). Ihr "zweiter Fall" weicht aber keinesfalls von der Systematik des gleichwertigen Nebeneinanders von rentenrechtlichen Zeiten (unabhängig von ihrer Bewertung) ab.
Und wenn Sie ernsthaft meinen, dass ein anderer Senat des BSG – in Frage kommt ja nur noch der 5. Senat – das Ganze vor dem Hintergrund der bisherigen kontinuierlichen Rechtsprechung zur genannten Gesetzessystematik auf einmal ganz anders sieht, dann kann ich Ihnen nur viel Spaß bei Ihrem "Kampf gegen Windmühlen" wünschen! :-)

Experten-Antwort

Hallo Jonny,

den Ausführungen des Users „Rentencrack“ kann uneingeschränkt gefolgt werden. Der Gesetzgeber hat mit Wirkung vom 22.07.2017 die Rechtsauffassung in geltendes Recht umgesetzt.

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