Sehr geehrte Damen und Herren,
mein nicht tarifgebundener Arbeitgeber beschäftigt seit Jahren mehrere Minijobber mit einem Monatslohn von exakt 450 EUR brutto und hat erstmals vom Prüfdienst der DRV erfahren, dass für seine Branche ein allgemein verbindlich erklärter Manteltarifvertrag besteht, der auch den Minijobbern einen Anspruch auf ein anteiliges zusätzliches Urlaubsgeld von jährlich 36 EUR (Einmalzahlung und fällig im Monat Juli) zusichert. Der Prüfdienst der DRV ist der Auffassung, dass dieser "Anspruch" genügt (eine Zahlung wird nicht erfolgte) um Versicherungspflicht zu allen Zweigen der Sozialversicherung zu begründen und will im Rahmen der Verjährungsvorschriften Beiträge vom Arbeitgeber nachfordern. Das hätte für uns Minijobber finanzielle bzw. einkommensteuerrelevante Auswirkungen zur Folge. Der Abschluss der Arbeitsverträge erfolgte in Unkenntnis des Manteltarifvertrages.
Welche Argumente kann der Arbeitgeber, auch im Interesse der Minijobber, bei der Anhörung vorbringen, um die Beitragsnachforderung zu vermeiden?
Vielen Dank für Ihre Bemühungen.
Mit freundlichen Grüßen
Johann Reiter
Moin, Herr Reiter,
aktuell ist ein dreimaliges Überschreiten der Grenze von 450,- Euro im Kalenderjahr möglich, ohne dass die Beschäftigung den Status der Geringfügigkeit verliert.
Ich verstehe Ihren Sachverhalt so, dass nur im Juli eines Jahres das reguläre Arbeitsentgelt (450,- Euro) um 36,- Euro übersteigt. Ist das korrekt?
Dann besteht weiterhin keine Versicherungspflicht.
Gruß, Oldenburger
Grundsätzlich sind monatlich bis 450, jährlich somit 5400. Dies stimmt aber nur halb, da ja zweimal
900 verdient werden dürfen. Zählt man diese 900 zu 5400, darf der Verdienst 6300 sein, die ohne
Kürzung zulässig sind.
MfG.
Lieber Konrad Schießl,
in der Fragestellung geht es um Versicherungspflicht eines Arbeitsverhältnisses und nicht um den Zuverdienst neben einer Rente.
Daher geht Ihre Antwort am Problem vorbei.
Zitat aus Haufe:
"Beiträge aus fiktiven Entgeltzahlungen:
Entgeltbestandteile, die nicht an die Arbeitnehmer ausgezahlt werden, obwohl sie arbeitsrechtlich beansprucht werden können, sind beitragspflichtig zur Sozialversicherung. Allerdings muss es sich dabei um laufendes Entgelt handeln. Dieser Grundsatz ist lediglich dann nicht anwendbar, wenn ein wirksamer Lohnverzicht erklärt worden ist. Für diesen sind jedoch sehr enge Grenzen gesetzt worden.
Die Entstehung des Beitragsanspruchs ist demzufolge nicht vom Zufluss des geschuldeten Entgelts an den Arbeitnehmer abhängig. Dieser Rechtsauffassung folgen die Rentenversicherungsträger und nehmen im Rahmen der Betriebsprüfungen entsprechende Nachberechnungen vor.
Fiktive Einmalzahlungen werden beitragsrechtlich jedoch anders als laufendes Entgelt bewertet. Einmalzahlungen werden erst mit der tatsächlichen Auszahlung beitragspflichtig."
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Da das (nicht gezahlte) Urlaubsgeld als Einmalzahlung und nicht als laufendes Entgelt behandelt wird, passiert also nichts.
Hallo, Johann,
bezüglich der versicherungsrechtlichen Beurteilung von der geringfügigen Beschäftigung teilen wir mit, dass zum Arbeitsentgelt auch einmalige Einnahmen (hier: Urlaubsgeld) gehört, deren Gewährung mit hinreichender Sicherheit zu erwarten sind (BSG-Urteil vom 28.02.1984 - 12 RK 21/83 - USK 8401), es sei denn auf die Zahlung wurde im Voraus verzichtet. Nur ein gelegentliches und nicht vorhersehbares Überschreiten würde nicht zur Versicherungspflicht führen; als gelegentlich wird dabei ein Zeitraum von bis zu 2 Monaten innerhalb eines Jahres angesehen. Da in Ihrem Falle ein Tarifvertrag vorschreibt, dass ein Urlaubsgeld zu leisten ist, ein Verzicht im Voraus anscheinend nicht erfolgte und die Höhe des Lohnes keinen Spielraum mehr zulässt, ist es schwierig nun Argumente zu finden, die eine Änderung der Feststellung durch den Betriebsprüfer nach sich ziehen würden. Arbeitgeber, Betriebsrat und Betriebsprüfer könnten ggfs. in einem Gespräch nochmals versuchen, den Sachverhalt zu erörtern. Einen weiteren Tipp können wir Ihnen hier leider nicht geben.
Aufgrund der vorübergehenden Anhebung der Zeitgrenzen für
kurzfristige Beschäftigungen durch das Tarifautonomiestärkungsgesetz vom
11.08.2014 gilt in der Zeit von 2015 bis 2018 ein DREImaliges unvorhersehbares
Überschreiten der Entgeltgrenze als unschädlich.
...nur ist die sichere (Aus-)Zahlung von Urlaubs- und/oder Weihnachtsgeld kein UNVORHERSEHBARES Überschreiten der Entgeltgrenze - mit der Folge, dass ein Minijob (12x450 Euro + sicher gezahlte Einmalzahlungen) von Anfang an kein Mínijob mehr ist und in allen Zweigen der Sozialversicherung pflichtig wird. Wird Urlaubsgeld sicher gezahlt, ist es bei den Entgeltgrenzen gleich mit zu berücksichtigen.
Bei der ersten Fragestellung ging es aber darum, dass das Urlaubsgeld nicht gezahlt wird und wurde. Somit wird ein nicht gezahltes Urlaubsgeld (Einmalzahlung) nicht als zustehendes gezahltes fiktives Entgelt berücksichtigt.
...nur ist die sichere (Aus-)Zahlung von Urlaubs- und/oder Weihnachtsgeld kein UNVORHERSEHBARES Überschreiten der Entgeltgrenze - mit der Folge, dass ein Minijob (12x450 Euro + sicher gezahlte Einmalzahlungen) von Anfang an kein Mínijob mehr ist und in allen Zweigen der Sozialversicherung pflichtig wird. Wird Urlaubsgeld sicher gezahlt, ist es bei den Entgeltgrenzen gleich mit zu berücksichtigen.
Bei der ersten Fragestellung ging es aber darum, dass das Urlaubsgeld nicht gezahlt wird und wurde. Somit wird ein nicht gezahltes Urlaubsgeld (Einmalzahlung) nicht als zustehendes gezahltes fiktives Entgelt berücksichtigt.
Ja, da haben Sie leider Recht.
Ich habe mich doch etwas zu sehr von den Hinzuverdienstregelungen beeinflussen lassen. Unvorhersehbar ist die Urlaubsgeldzahlung hier wirklich nicht.
Damit wäre der Status der Geringfügigkeit dann wirklich dahin.
Bei der ersten Fragestellung ging es aber darum, dass das Urlaubsgeld nicht gezahlt wird und wurde. Somit wird ein nicht gezahltes Urlaubsgeld (Einmalzahlung) nicht als zustehendes gezahltes fiktives Entgelt berücksichtigt.
Das würde aber im Widerspruch damit stehen, dass mindestens auf das Arbeitsentgelt abzustellen ist, auf das der Arbeitnehmer einen
Rechtsanspruch hat (zum Beispiel aufgrund eines Tarifvertrags, einer
Betriebsvereinbarung oder einer Einzelabsprache); auf die Höhe des tatsächlich
gezahlten Arbeitsentgelts kommt es insoweit nicht an.
Ich bin auf die abschließende Lösung sehr gespannt.
Knackpunkt ist hier die "Art" des fiktiven, nicht gezahlten Arbeitsentgelts:
Um ein nicht gezahltes (und somit fiktives) Arbeitsentgelt dem Lohnanspruch und der Sozialversicherungspflicht hinzuzurechnen, muss es "laufendes" Arbeitsentgelt sein (z. tariflicher Stundenlohn 10 Euro - tatsächlich gezahlt 9 Euro = fikitves, zustendendes sozialvers.pflichtiges Entgelt in Höhe von 1 Euro pro Arbeitsstunde).
Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld sind i.d.R als einmalig gezahltes Arbeitsentgelt (z.B. Juli oder Dezember) zu berücksichtigen. Einmalzahlungen werden erst mit der tatsächlichen Auszahlung sozialversicherungspflichtig. Da hier tatsächlich das Urlaubsgeld nicht gezahlt wurde, kann man es m.E. auch nicht fiktiv zu bisherigen Arbeitslohn hinzurechnen.
Hallo Johann Reiter,
siehe RAA zu §14 SGB IV: http://rvrecht.deutsche-rentenversicherung.de/Raa/Raa.do?f=SGB4_14UNTR1
das "geschuldete " Urlaubsgeld ist danach eindeutig Beitragspflichtig.
Wie das Steuerrechtlich aussieht wird später das Finanzamt entscheiden.
Unwissenheit wäre ein 'gutes' Argument, sich als Arbeitgeber/Unternehmen hinterher aus der Verantwortung zu stehlen, die man/AG besser vorher rechtssicher geklärt hätte ;-)
Natürlich kann er alles vorbringen, was er vorher zur Absicherung seiner Lohnzahlungen mit öffentlichen Stellen geklärt hat, insbesondere den möglichen Beitragseinzug SV über die jeweils zuständigen Krankenkassen.
Als AN? ...vielleicht Arbeitsrecht und/oder BGB/arglistige Täuschung /Schadensersatz gegen den AG?
Gruß
w.