Erwerbsminderungsrente

von
Sophie L.

Guten Abend,

mein Bruder erhält seit mehr als 10 Jahren eine unbefristete Rente wegen voller Erwerbsminderung.
Noch immer ist er ambulant in therapeutischer (alle 2 Wochen) und psychiatrischer (monatlich) Behandlung, GdB von 60%.

Er ist Anfang 40 und hadert von Beginn seiner Erkrankung an sehr mit seinem Schicksal nicht arbeiten zu können.
Sein ehemaliger Ausbildungsbetrieb sucht seit längerem wie andere Unternehmen in der Branche nach Personal, die Inhaberfamilie würde ihn gerne einstellen.
Er würde gerne versuchen wieder zu arbeiten, aus Eigenschutz die erste Zeit in Teilzeit.
Er möchte auf keinen Fall dass jmd außerhalb der Kernfamilie von seiner Erkrankung bzw der Rente erfährt.

1. Könnte er formlos die Erwerbsminderungsrente beenden und dann wieder arbeiten?

2. Würde dann der Arbeitgeber bei Anmeldung des Arbeitsverhältnisses bei den Trägern der Sozialversicherung von seiner Erwerbsminderungsrente erfahren?

3. Werden die Jahre der Erwerbsminderungsrente später als "Lücke" bei Berechnung einer Altersrente betrachtet wenn er wieder regulär arbeiten würde?

4. Sollte sein Vorhaben aufgrund seiner Gesundheit scheitern, könnte er überhaupt eine neuen Antrag auf Erwerbsminderungsrente stellen?

5. Könnte man die Rentenversicherung "anonym" gegenüber dem Arbeitgeber mit ins Boot nehmen und die Rentenzahlung einstellen bis die Verträglichkeit der Belastung geklärt ist?

Ich heiße sein Vorhaben nicht gut, die Tatsache dass er nicht arbeitet empfindet er jedoch als riesengroßen Makel wodurch er sich selbst stigmatisiert und leidet, was sich wiederum auf seine Gesundheit auswirkt.

Danke

Sophie L.

von
Abschläge

Hallo Sophie L.
die Rentenversicherung wird da grundsätzlich weniger Probleme machen, als die Bedenken Ihres Bruders, dass der Arbeitgeber etwas erfährt.
Denn so lange er noch als Rentner gilt (auch EM-Rentner), wird an die beitragseinziehende Krankenkasse die Meldung anders verschlüsselt (Rentner hat andere Ziffer als Arbeitnehmer).
Es würde also über die Personalabteilung 'heraus kommen können'.

Wenn er diese Bedenken überwinden kann, dann ist nur der Weg dorthin noch nicht so ganz schlau. Denn die DRV unterstützt auch Arbeitsversuche', ohne dass eine EM-Rente gleich komplett wegfällt bzw. man freiwillig verzichtet. Hier kann dann auch geregelt werden, in welchem zeitlichen Umfang und über welchen Zeitraum es 'probiert' werden kann, bis es dann zu einer Auswirkung auf die EM-Rente kommt. Es gibt auch durchaus Konstellationen, bei denen trotz voller EM dann letztendlich dieser Anspruch grundsätzlich weiter besteht, die Rentenhöhe dann aber bei zu hohem Hinzuverdienst über eine Minderung des Rentenbetrages geregelt wird. Aktuell liegt der 'Freibetrag' bei einer vollen EM Rente bei 17.820,75 EUR.

Und wenn Sie Ihre Bedenken überwinden, das Vorhaben also zumindest als 'ja, ausprobieren ist ja gar nicht schlecht, vielleicht sogar förderlich für den allgemeinen Gesundheitszustand' betrachten könnten, dann begleiten Sie Ihren Bruder zu einem noch zu vereinbarenden persönlichem Beratungsgespräch bei der ZUSTÄNDIGEN DRV (keine allgemeine Beratungsstelle) bzw. nehmen an einer Telefon/Video-Chat-Beratung mit teil. Nur die zuständige DRV kann entscheiden, was im Falle Ihres Bruders tatsächlich 'probeweise' machbar ist. Und auch die noch offen gebliebenen Fragen in diesem Zusammenhang klären.

Unterstützen Sie ihn dabei, auch wenn er dann vielleicht weniger Zeit haben wird, aus lauter Langweile bei Ihnen täglich den Rasen drei Mal zu mähen, das nervt auf Dauer ja auch ;-)

Viel Erfolg und alles Gute!

Experten-Antwort

Hallo,
Ihr Bruder sollte vor Arbeitsaufnahme seinen zuständigen Rentenversicherungsträger über sein Vorhaben informieren und sich über den Ablauf eines (in der Regel sechsmonatigen) Arbeitsversuchs erkundigen. Unter Anrechnung seines Arbeitseinkommens würde die EM-Rente ggf. gekürzt vorerst weitergezahlt werden. Sollte der Arbeitsversuch gelingen, würde die Rente im Anschluss entzogen oder auf eine teilweise EM-Rente reduziert werden. Würde der Arbeitsversuch scheitern, würde der Hinzuverdienst wieder wegfallen und die EM-Rente wie bisher gezahlt werden. Ihr Bruder kann also „ohne Gefährdung seiner Rente“ ausprobieren, ob er der Belastung einer Tätigkeit gewachsen ist.
Der Arbeitgeber wird bei einer Beschäftigungsanmeldung nicht von der Rentenversicherung über einen Rentenbezug informiert. Allerdings wird die Krankenkasse als Einzugstelle früher oder später den Arbeitgeber informieren, dass die Meldung der Beiträge eigentlich als Rentner erfolgen müsste.
Sollte die Erwerbsminderungsrente wegfallen, würde die Zeit des Rentenbezugs als diese im Versicherungskonto geführt werden und auch bei einer Altersrente entsprechend gewertet werden und sich altersrentensteigernd auswirken.

Mit freundlichen Grüßen
Ihr Expertenteam der Deutschen Rentenversicherung

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