
Inhalt
Der Teil des Gehalts, der an die gesetzliche Rentenversicherung und die anderen Sozialversicherungen geht, ist im Falle einer Pfändung geschützt. Auch überschuldete Arbeitnehmer bauen damit weiterhin Rentenansprüche auf.
Doch wie sieht es mit der betrieblichen Altersversorgung aus? Das war lange nicht eindeutig. Am 14. Oktober 2021 stellte das Bundesarbeitsgericht (BAG) jedoch klar: Wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine Entgeltumwandlung vereinbaren, ist der monatlich umgewandelte Betrag vor einer Pfändung geschützt. (Aktenzeichen: 8 AZR 96/20).
Wer also mit seinem Arbeitgeber vereinbart, bis zu vier Prozent seines Bruttogehalts in eine betriebliche Altersvorsorge zu stecken, sichert damit den entsprechenden Teil des Einkommens vor Gläubigern – auch vor einem Ehepartner, der einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss erwirkt hat.
Neu an der Rechtsprechung ist insbesondere, dass dies auch gilt, wenn die Entgeltumwandlung erst nach einem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vereinbart wurde. Dies sahen die Arbeitsgerichte bislang anders.
Bundesarbeitsgericht entscheidet im Rosenkrieg
Geklagt hatte im aktuell entschiedenen Fall der Ex-Ehemann einer Arbeitnehmerin, die diesem gut 22.000 Euro schuldete. Da die Frau nicht oder zumindest nicht im geforderten Umfang zahlungswillig war, erwirkte der Ex-Ehemann einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss über das gegenwärtige und zukünftige Arbeitseinkommen seiner früheren Partnerin. Der Beschluss ging im November 2015 an den Arbeitgeber der Frau, der dann nach der jeweils geltenden Pfändungstabelle einen Teil des Lohns an den früheren Ehemann abführte.
Im Mai 2016, also ein halbes Jahr später, traf die Frau mit ihrem Arbeitgeber eine Entgeltumwandlungsvereinbarung. Danach wurden vier Prozent ihres Bruttogehalts für eine Direktversicherung abgezweigt. Das führte dazu, dass sich das monatlich ausgezahlte Nettoentgelt verringerte. Entsprechend zahlte der Arbeitgeber fortan weniger an den Gläubiger. Das wollte der Mann nicht hinnehmen und klagte. Er forderte, dass die Entgeltumwandlung bei der Berechnung des pfändbaren Betrags nicht berücksichtigt werden dürfe.
Und tatsächlich: Liest man die Gerichtsurteile, so liegt der Gedanke nicht fern, dass die Frau bei der Entgeltumwandlung letztlich im Sinn hatte, die Überweisungen an den Ex-Ehemann zu senken.
Doch weder die Motive der Frau noch der späte Zeitpunkt der Umwandlung – nach der Pfändung – spielten für die Richter eine Rolle. Sie bezogen sich strikt auf die Regelung des Betriebsrentengesetzes zur Entgeltumwandlung.
Paragraph 1a bestimmt hier, dass ein Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber verlangen kann, dass von seinem „künftigen Entgeltansprüchen bis zu 4 vom Hundert der jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung durch Entgeltumwandlung für seine betriebliche Altersversorgung verwendet werden“.
Betriebliche Altersvorsorge: So geht's
Wir möchten Sie darauf hinweisen, dass beim Anzeigen des Videos Daten an YouTube übermittelt werden. Weitere Informationen finden Sie in unserer
Datenschutzerklärung.
Der Staat unterstützt Arbeitnehmer bei der Altersvorsorge – aber wie funktioniert das eigentlich mit der Betriebsrente? Und für wen lohnt sich betriebliche Altersvorsorge (bAV)? ihre-vorsorge.de informiert.
Rechtsanspruch auf Entgeltumwandlung bringt Pfändungsschutz
Jeder Arbeitnehmer hat also ein Recht auf Entgeltumwandlung für die Altersversorgung – soweit der Arbeitgeber nichts anderes anbietet. Und dieses Recht können Arbeitnehmer jederzeit wahrnehmen. Tun sie dies, so liegt – so das BAG – „insoweit grundsätzlich kein pfändbares Einkommen iSv. § 850 Abs. 2 ZPO mehr vor“. Ob dies auch dann gilt, wenn der umgewandelte Betrag über die vom Gesetzgeber geförderten vier Prozent hinausgeht, ließ das BAG ausdrücklich offen.
Die BAG-Entscheidung hat letztlich für alle Arbeitnehmer, die per Entgeltumwandlung betrieblich fürs Alter vorsorgen, Rechtssicherheit geschaffen.
Der Rechtsanspruch auf Entgeltumwandlung besteht auch vor dem Hintergrund der Einschnitte, die der Gesetzgeber bei der gesetzlichen Rente vorgenommen hat. Diese sorgen dafür, dass alleine durch Beiträge in die gesetzliche Rentenkasse und die dadurch erworbenen Rentenansprüche der im Erwerbsleben erreichte Lebensstandard nicht gesichert werden kann. Der Erwerb zusätzlicher Ansprüche ist damit kein Luxus, sondern eine Notwendigkeit – was einen entsprechenden Schutz erfordert.
Nach dem jüngsten BAG-Urteil kann jeder Arbeitnehmer jederzeit – auch bei einer bereits laufenden Gehaltspfändung – eine Entgeltumwandlung in Höhe eines Betrags von vier Prozent der jeweils geltenden Beitragsbemessungsgrenze vornehmen. Dieser Teil seines Einkommens ist dann vor einer Pfändung geschützt. Für den Fall, dass die Betroffenen auf Arbeitslosengeld II (Hartz 4) angewiesen sind, gilt dieser Schutz ohnehin.
Rechner Brutto-Entgeltumwandlung
Wie hoch ist für Sie die Förderung bei der Betrieblichen Altersversorgung?
Anwartschaften sind vor Pfändung gesichert
Das BAG beschäftigte sich aktuell nur mit dem Pfändungsschutz für die bisher gezahlten Beiträge in die betriebliche Altersvorsorge. Das in diesem Rahmen gebildete Vermögen, aus dem später die Rente gezahlt wird, ist ohnehin nicht pfändbar. Dies regelt Paragraph 851 Absatz 1 der Zivilprozessordnung.
Der Pfändungsschutz gilt auch dann noch, wenn der Altersvorsorgevertrag nach dem Ausscheiden aus dem Unternehmen privat fortgeführt wird. Das ist zum Beispiel für Arbeitnehmer wichtig, die sich selbstständig machen.
Allerdings: Für den ab diesem Zeitpunkt „privat“ erwirtschafteten Teil des dann nicht mehr rein betrieblichen Vorsorgevermögens gilt kein Pfändungsschutz mehr. Gegebenenfalls muss das Versicherungsunternehmen das Vorsorgevermögen im Fall einer Pfändung in einen privaten und einen betrieblichen Anteil aufteilen. Der private Anteil ist dann grundsätzlich pfändbar.
Das gleiche gilt auch, wenn Arbeitnehmer bei einer betrieblichen Altersvorsorge, die per Entgeltumwandlung finanziert ist, über den steuerlich geförderten Betrag hinaus Beiträge geleistet haben. Ansprüche, die auf solchen „überschießenden“ Beiträgen beruhen, sind pfändbar.
Altersvorsorge und Pfändung
Für gesetzliche, Rürup-, Riester- und Betriebsrenten gilt in der Regel Pfändungsschutz. Das sollten Sie wissen.