Soziales / 14.03.2022

Covid, Quarantäne und Urlaub: Was Arbeitnehmer wissen sollten

Wer kann sich krankschreiben lassen, wann gibt es Entschädigung? Diese Rechte haben Arbeitnehmer.

Covid, Quarantäne und Urlaub: Was Arbeitnehmer wissen sollten.

Inhalt

Was gilt bei Erkrankung vor oder im Urlaub?

Wenn Sie im Urlaub erkranken und Ihre Arbeitsunfähigkeit ärztlich festgestellt wird, gelten die „kranken“ Urlaubstage als nicht verbraucht. Sie können also später nochmals genommen werden. „Erkrankt ein Arbeitnehmer während des Urlaubs, so werden die durch ärztliches Zeugnis nachgewiesenen Tage der Arbeitsunfähigkeit auf den Jahresurlaub nicht angerechnet“, bestimmt hierzu das Bundesurlaubsgesetz. All das gilt natürlich auch in dem Fall, dass Sie an Covid-19 erkranken. Statt der Lohnfortzahlung im Urlaub erhalten Sie dann Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall – für maximal sechs Wochen. Ob geimpft oder ungeimpft spielt hierbei keine Rolle.

Wichtig dabei: Eine Krankheit zu Urlaubsbeginn oder kurz vor dem Urlaub, hindert Sie vielleicht am Urlaubsantritt. Doch damit wird nicht der komplette beantragte und genehmigte Urlaub hinfällig. Sind Sie beispielsweise vom 15. März bis zum 28. März arbeitsunfähig erkrankt, so tritt nur für genau diese Zeit die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall ein. Haben Sie im Beispielfall bis zum 10. April Urlaub beantragt, so wird ab dem 29. März bis zum 10. April Ihr Urlaubsanspruch verbraucht – auch wenn Sie den Urlaub gar nicht antreten.

Tipp:

Falls Sie ganz auf den Urlaub verzichten möchten, sind Sie auf einen kulanten Arbeitgeber angewiesen. Einen Rechtsanspruch auf Annullierung des Urlaubs haben Sie nicht.


Was gilt bei Quarantäne vor oder im Urlaub?

Das ist eine ganz neue Frage, die die Arbeitsgerichte derzeit heftig beschäftigt. Covid 19 führt zwar in vielen Fällen zur Arbeitsunfähigkeit, weit häufiger taucht jedoch der Quarantänefall auf. Damit stellt sich die Frage, was gilt, wenn Sie wegen einer Quarantäne-Anordnung nicht in Urlaub fahren können. 

Über einen solchen Fall wurde am 13.12. 2021 vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) Köln entschieden (Aktenzeichen: 2 Sa 488/21). Es ging um die Klage einer Arbeitnehmerin auf Nachgewährung vom fünf Urlaubstagen aus dem Jahr 2020. Der Betroffenen war vom 30.11. bis 12.12.2020 Erholungsurlaub bewilligt worden. Drei Tage vor dem Urlaub verfügte die zuständige Stadtverwaltung jedoch für sie die „Absonderung“ beziehungsweise häusliche Isolierung als Kontaktperson ersten Grades ihres mit dem Corona-Virus infizierten Kindes.

Ab dem 1.12. – also dem 2. Urlaubstag – lag bei ihr auch ein positives Corona-Testergebnis vor. Da sie keine Beschwerden hatte, verzichtete sie darauf, sich arbeitsunfähig schreiben zu lassen.

Genau dies wurde ihr nun im „Nachgewährungs-Streit“ zum Verhängnis. Das LAG befand deshalb: „An einer ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit wegen der symptomlosen Infektion fehlt es vorliegend“. Die Arbeit sei ihr nur wegen des behördlichen Verbots unmöglich gewesen – und nicht wegen einer Arbeitsunfähigkeit. Ergo: Sie hat ihren Urlaub in der Quarantäne verbracht und die Urlaubstage sind verbraucht. So hat nicht nur das LAG Köln, sondern eine Reihe weiterer Arbeitsgerichte entschieden.

Das LAG weist selbst darauf hin, dass wegen der aktuellen Bedeutung dieser Frage ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts hierzu sinnvoll sei. Inzwischen ist klar, dass es hierzu kommen wird. Gegen das Urteil wurde Revision beim BAG eingelegt. Das Verfahren beim BAG trägt das Aktenzeichen 9 AZR 63/22.

LAG Hamm urteilt pro Arbeitnehmer

Inzwischen hat sich auch ein LAG in der Frage „Quarantäne und Urlaubsanspruch“ auf die Seite der Arbeitnehmer gestellt hat. Das LAG Hamm befand am 27.1. 2022, dass Urlaubstage, die Quarantäne-bedingt nicht genutzt werden konnten, genau wie Urlaubstage mit nachgewiesener Arbeitsunfähigkeit dem Urlaubskonto wieder gutzuschrieben sind. Das Gericht ging von einer planwidrigen, vom Gesetzgeber nicht gewollten Regelungslücke im Bundesurlaubsgesetz aus, die per Rechtsprechung geschlossen werden müsse (Aktenzeichen: 5 Sa 1030/21).

Kann ich bei einer Infektion ohne Symptome arbeitsunfähig geschrieben werden?

Das ist möglich. Unabhängig davon, wie das höchste deutsche Arbeitsgericht im Kölner Revisionsfall entscheidet: Sie haben es als Arbeitnehmer selbst in der Hand, Ihren Urlaubsanspruch auch bei einer symptomfreien Infektion zu sichern.

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) erklärt: „Bei einer bestätigten Infektion mit dem Coronavirus ohne Krankheitssymptome kann die Ärztin oder der Arzt grundsätzlich eine AU-Bescheinigung ausstellen. Denn der Patient kann wegen der Infektion die Wohnung nicht verlassen, um seinen Arbeitsplatz aufzusuchen. Andernfalls würde er andere in Gefahr bringen, sich ebenfalls zu infizieren“.

Ausnahme Homeoffice

Dies gilt allerdings nicht, wenn Sie im gesamten Infektionszeitraum im Homeoffice arbeiten. „In diesem Fall benötigt er keine AU-Bescheinigung, da er seiner Arbeit nachgehen kann“, erklärt die KBV.

Kann ich bei Quarantäne den genehmigten Urlaub verschieben?

Der Arbeitgeber muss hierbei mitspielen. Hat der Arbeitgeber Ja zu einem Urlaubsantrag eines Arbeitnehmers gesagt, so sind zunächst beide Seiten gebunden. Abgemacht ist abgemacht. Einen Rechtsanspruch auf kurzfristige Verlegung oder Annullierung des Urlaubs gibt es nicht. Aber natürlich kann Ihr Arbeitgeber Ja sagen, wenn Sie ihn darum bitten. Das kann freiwillig und einvernehmlich geregelt werden. Der Arbeitgeber wird der Bitte nach einer Verschiebung des Urlaubs häufig nachkommen. Das gilt jedenfalls dann, wenn er noch keine Vertretung eingeplant hat und es für den verhinderten Urlauber in der Zeit der eigentlich geplanten Ferien genug zu tun gibt.

Welchen Anspruch habe ich bei angeordneter Quarantäne?

Wenn Sie im Homeoffice arbeiten, erhalten Sie ganz normal weiterhin Ihr Arbeitsentgelt. Ist dies nicht möglich, dann gelten die Regelungen des Infektionsschutzgesetzes. Sie haben dann Anspruch auf eine Entschädigung nach Paragraph 56 des Infektionsschutzgesetzes.

Das läuft folgendermaßen ab: Der Arbeitgeber zahlt Ihnen den Lohn, der Ihnen ansonsten in Ihrer regelmäßigen Arbeitszeit zugestanden hätte, bis zu sechs Wochen lang fort. Er bekommt die gezahlten Beträge allerdings später auf Antrag erstattet. Ihr voller Sozialversicherungsschutz bleibt in dieser Zeit erhalten. Bei dieser Lösung wird der Arbeitgeber finanziell also nicht belastet.

Habe ich auch als Ungeimpfter einen Leistungsanspruch?

Wenn Sie ungeimpft sind und wegen eines Corona-Verdachts in Quarantäne müssen, haben Sie keinen Anspruch auf eine Lohnfortzahlung nach dem Infektionsschutzgesetz.

Hiervon gibt es lediglich zwei Ausnahmen:

  • Sie können sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen und legen ein entsprechendes Attest vor.
  • Sie gehören zu einem Personenkreis, für den es bis zu acht Wochen vor der Quarantäne keine öffentliche Impfempfehlung gab.

KBV: Coronavirus: Hinweise zur Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit bei Quarantäne und Isolation (Stand 24.01.2022)

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Autor

Rolf Winkel