
Dr. Rainer Dulger, Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände – Foto: Bernd Lammel
Berlin (dpa/sth). Die Diskussion um eine weitere Anhebung des Rentenalters nach dem Jahr 2030 geht weiter. Arbeitgeber-Präsident Rainer Dulger plädierte am Dienstag in Berlin dafür, die Diskussion über eine mögliche Rente mit 68 offen zu führen. Man dürfe nicht in eine Situation geraten, in der es mehr Leistungsempfänger als Leistungsgeber gebe, sagte Dulger mit Blick auf die demografische Entwicklung im Land. „Die Diskussion muss geführt werden und sie muss ehrlich geführt werden.“ Mit sturer Ablehnung sei das Thema nicht abzuschließen.
„Auch Menschen, die gerne länger arbeiten wollten, müssten in die Diskussion aufgenommen werden“, sagte Dulger. Für Menschen mit Berufen, die in höherem Alter nicht mehr ausgeführt werden könnten, müsste es auch Weiterbildungsmöglichkeiten und neue Perspektiven geben. „Ich erwarte von den Handelnden in der Politik auch in der nächsten Legislatur, dass es gelingt, dass auch meine Kinder später einmal eine auskömmliche Rente bekommen am Ende eines erfüllten Arbeitslebens“, sagte Dulger.
SPD, Gewerkschaften und Sozialverband lehnen steigendes Rentenalter ab
Die SPD lehnt ein Renteneintrittsalter von 68 dagegen ab. „Eine weitere Erhöhung des Renteneintrittsalters halte ich für den falschen Weg“, sagte der für die Rente zuständige Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) laut einer Mitteilung seines Ministeriums. Die gesetzliche Rente sei ein zentrales Versprechen des Sozialstaates. Es gehe um Anerkennung von Lebensleistung und Sicherheit im Alter. „Darauf muss sich jede und jeder verlassen können.“
Bei einer Pressekonferenz sagte Heil am Dienstag auf Nachfrage, der beste Schutz für die soziale Sicherung sei, möglichst viele Menschen in Arbeit zu haben. „Wenn es uns gelingt, dass Beschäftigungspotenzial im erwerbsfähigen Alter möglichst voll auszuschöpfen (...), dann werden wir keine weitere Erhöhung des gesetzlichen Renteneintrittsalters brauchen und auch keine Absenkung des Rentenniveaus.“ Auch SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich erklärte, eine neue Regelung für ein mögliches Eintrittsalter von 68 „gehen wir nicht mit“.
Auch vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) gibt es eine Abfuhr. Man lehne das „ganz deutlich“ ab, sagt die stellvertretende DGB-Vorsitzende Elke Hannack. Schon die Erhöhung des Eintrittsalters auf 67 Jahre habe sich als Rentenkürzungsprogramm erwiesen. Die Präsidentin des Sozialverbandes VdK, Verena Bentele, nennt den Expertenvorstoß in den Zeitungen der Funke Mediengruppe „Unsinn“.
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Altmaier und Brinkhaus: Renteneintrittsalter sollte bei 67 bleiben
Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) sprach sich für ein Festhalten am gesetzlich beschlossenen künftigen Rentenalter von 67 Jahren aus. Das Rentenalter sei in der großen Koalition (2005-2009) „auf Vorschlag des geschätzten Kollegen“ Franz Müntefering (SPD) auf 67 Jahre festgesetzt worden. „Dabei sollte es bleiben, das ist seit Jahren meine Meinung“, schrieb Altmaier am Dienstag bei Twitter. Der Wissenschaftliche Beirat des Wirtschaftsministeriums sei unabhängig. Seine Vorschläge seien weder für das Ministerium noch für den Minister bindend.
In die gleiche Richtung wie Altmaier zielt sein Parteifreund, Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus. „Wir arbeiten jetzt erstmal daran, dass die Rente mit 67 auch entsprechend umgesetzt wird“, sagte der CDU-Politiker vor Beratungen der Unionsfraktion per Videoschalte. Die Unionsfraktion wolle eine höhere Flexibilität beim Renteneintritt erreichen. „Wir müssen uns darum bemühen, dass ältere Menschen überhaupt die Kraft haben, entsprechend arbeiten zu können.“ Aus diesem Grund „stellt sich diese Frage für uns momentan nicht“.
Der Wissenschaftliche Beirat des Wirtschaftsministeriums – ein Beratergremium – hatte eine Reform hin zur Rente mit 68 vorgeschlagen. Es drohten „schockartig steigende Finanzierungsprobleme in der gesetzlichen Rentenversicherung ab 2025“. Das Renteneintrittsalter könne nicht langfristig von der Entwicklung der Lebenserwartung abgekoppelt werden. Nach geltender Rechtslage wird die Altersgrenze für die Rente ohne Abschläge bis 2029 schrittweise von 65 auf 67 Jahre angehoben.