Rente / 06.08.2018

DRV erwartet mehr ältere EM-Rentner

Da die Versicherungszeit für chronisch kranke Beschäftigte deutlich verlängert werden soll, könnte die Antragszahl über 60-Jähriger steigen.

Berlin/Bad Homburg (sth). Die von der Bundesregierung geplanten Verbesserungen bei der Erwerbsminderungsrente (EM-Rente) könnten zu deutlich mehr Rentenanträgen von chronisch kranken Beschäftigten und Unfallopfern nach dem 60. Lebensjahr führen. Das ergibt sich aus einer Stellungnahme der Deutschen Rentenversicherung (DRV) zum derzeitigen Regierungsentwurf für ein weiteres Rentenpaket. Grund für diese Erwartung ist, dass Erwerbsgeminderte, die aufgrund ihres Alters auch schon Anspruch auf eine Altersrente – zum Beispiel ab 63 – hätten, wegen der geplanten deutlichen Verlängerung der sogenannten Zurechnungszeit mit einer "teils deutlich höher" ausfallenden EM-Rente rechnen könnten.

Die Zurechnungszeit verlängert für Menschen, die gesundheitsbedingt vorzeitig aus dem Job ausscheiden müssen, rechnerisch die Versicherungszeit – derzeit vom Beginn der Erwerbsminderung bis zum Alter von 62 Jahren und drei Monaten. Wegen der noch immer finanziell schwierigen Lage vieler Betroffener soll die Zurechnungszeit nach den Regierungsplänen ab 2019 in einem Schritt bis zur aktuellen regulären Altersgrenze von 65 Jahren und acht Monaten verlängert werden. Das würde die Bezüge von Erwerbsgeminderten, die bei erstmaliger Zahlung im Jahr 2017 im Schnitt auf eine monatliche Nettorente (nach Abzug von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen) von 716 Euro kamen, auf einen Schlag deutlich erhöhen.

Niedrigere Abschläge als bei Altersrenten

Die Rentenversicherung erwartet, dass aufgrund der vorgesehenen Besserstellung viele ältere Arbeitnehmer mit gesundheitlichen Problemen künftig versuchen werden, erst nach dem 60. Lebensjahr die EM-Rente in Anspruch zu nehmen. Da die Abschläge für EM-Renten auf höchstens 10,8 Prozent begrenzt sind, fielen sie für kranke Beschäftgte in dieser Altersgruppe "zumeist niedriger aus als bei einer Altersrente mit zeitgleichem Beginn", heißt es in dem Papier der Rentenversicherer. Dennoch seien die vorgesehenen Unterschiede in der Höhe von Alters- und EM-Renten wegen der gesundheitlich bedingten Einschränkung der Erwerbszeit von Erwerbsgeminderten "sozialpolitisch gerechtfertigt".

Ein gewisses Murren könnte nach Einschätzung der Rentenversicherer bei kranken Arbeitnehmern aufkommen, denen noch bis Ende dieses Jahres eine EM-Rente bewilligt wird. Denn im Einzelfall werde die Neuregelung bei denjenigen, die erst ab 2019 die erste Rente ausgezahlt bekommen, zu einer "um mehr als 100 Euro" monatlich höheren Zahlung führen. Dennoch sei die vorgesehene Stichtagsregelung "zulässig und sozialpolitisch begründbar", so die Rentenversicherer. Eine von den Gewerkschaften und den Sozialverbänden geforderte Abschaffung der Abschläge auf EM-Renten lehnen sie jedoch ab: Durch die deutlich verlängerte Zurechnungszeit würden die Abschläge "inzwischen mehr als kompensiert". 

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Link zum Entwurf der Bundesregierung für das geplante Rentenpaket 2019 (im pdf-Format)

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Autor

Stefan Thissen