
Berlin/Bad Homburg (sth). Die gesetzlichen Erwerbsminderungsrenten sind im vergangenen Jahr – trotz einer Nullanpassung im Westen und einer nur kleinen Rentensteigerung im Osten Deutschlands – zum dritten Mal in Folge spürbar gestiegen. Die monatlichen Netto-Bezüge der knapp 166.000 Frauen und Männer, die 2021 gesundheitsbedingt vorzeitig aus dem Berufsleben ausscheiden mussten, stiegen nach Angaben der Deutschen Rentenversicherung (DRV) auf durchschnittlich mehr als 917 Euro. Sie waren damit um 35 Euro oder vier Prozent höher als Erwerbsminderungsrenten, die erstmals 2020 gezahlt worden waren. Diese Renten waren gegenüber dem Vorjahr sogar um durchschnittlich 9,4 Prozent gewachsen. Die aktuellen Daten liegen ihre-vorsorge.de vor.
Grund für das starke Wachstum der Erwerbsminderungsrenten ist nach DRV-Angaben neben einer Gesetzesänderung durch die Rentenreform von 2018 ein "Anstieg der Beitragszeiten, vor allem bei westdeutschen Frauen". Damals war ab Anfang 2019 die sogenannte Zurechnungszeit auf einen Schlag von seinerzeit 62 Jahren und drei Monaten bis zur Regelaltersgrenze des jeweiligen Jahres (2021: 65 Jahre und zehn Monte) ausgeweitet worden. Die Zurechnungszeit verlängert rechnerisch die Versicherungszeit Erwerbsgeminderter und soll dafür sorgen, dass auch Menschen, die vorzeitig nicht mehr oder kaum noch arbeiten können, eine ausreichend hohe Rente erhalten.
Erwerbsminderungsrente
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Renten von Frauen und Männern in ähnlicher Höhe
Im Gegensatz zu den gesetzlichen Altersrenten, die sich bei Männern und Frauen oft noch erheblich unterscheiden, ist die Geschlechterdifferenz bei den Erwerbsminderungsrenten deutlich geringer. Die mehr als 79.000 Männer mit einer neu bewilligten EM-Rente bekamen 2021 im Schnitt eine monatliche Nettorente von 956 Euro überwiesen, die rund 86.000 neuen Frührentnerinnen knapp 882 Euro. Soziostrukturelle Untersuchungen zeigen, dass viele Frauen und Männer mit (stark) eingeschränkter Erwerbsfähigkeit oft in weniger qualifizierten und zugleich schlecht bezahlten Jobs tätig sind. Darum waren die Erwerbsminderungsrenten nach einer Rentenreform im Jahr 2000 über ein Jahrzehnt hinweg ständig gesunken. Erst in den vergangenen Jahren war wieder ein deutlicher Aufwärtstrend zu verzeichnen.
Die Bundesregierung hatte ihre letzte Reform der Erwerbsminderungsrenten damit begründet, dass Menschen, die aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr erwerbstätig sein könnten, „in besonderem Maße auf die Solidarität der Versichertengemeinschaft angewiesen” seien. Sie würden durch die Reform ab dem Jahr 2031 (wenn die Regelaltersgrenze für Neurentnerinnen und -rentner bei 67 Jahren liegt, d. Red.) so gestellt, „als ob sie entsprechend ihrem bisherigen Erwerbsleben bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze weitergearbeitet hätten”.