Rente / 31.01.2022

Frührente: Warum Hinzuverdienen mehr denn je lohnt

Wer vorzeitig in Rente geht, kann mehr als 46.000 Euro dazuverdienen – ohne Rentenkürzung. Im Gegenteil: Die Rente steigt dadurch sogar.

Frührente: Warum Hinzuverdienen mehr denn je lohnt. – Frau mit Hinzuverdienst nach vorzeitigem Renteneintritt.

Die hohe Hinzuverdienstgrenze eröffnet interessante Handlungsoptionen für Rentenbezieher zwischen gut 61 und (fast) 66 Jahren – aber auch für Arbeitnehmer in eben diesem Alter, die bislang eigentlich noch gar nicht an einen Rentenantrag gedacht haben.

Ich bin 61 Jahre alt und erhalte eine Schwerbehindertenrente in Höhe von nur 900 Euro. Ich könnte bei meinem Ex-Arbeitgeber eine halbe Stelle mit einem Bruttoverdienst von 2000 Euro erhalten. Was bringt mir das?

Es bringt Ihnen erhebliche Vorteile. Zum einen stehen Sie dann finanziell aktuell recht gut da und können vielleicht sogar Rücklagen für später bilden. Immerhin würde Ihnen der Job bei Steuerklasse IV netto knapp 1440 Euro monatlich bringen. Zusammen mit der Rente kämen Sie dann auf mehr als 2300 Euro netto. Ihre aktuelle Rente würde wegen der im Jahr 2022 recht hohen Hinzuverdienstgrenze ungekürzt bleiben. Das wird voraussichtlich auch künftig so bleiben. Wenn Sie diese Möglichkeit nutzen, sollten Sie allerdings sicherheitshalber einige tausend Euro fürs Finanzamt zurücklegen, da auch die Rente zum größeren Teil steuerpflichtig ist.

Wie wirkt sich meine Erwerbstätigkeit dann auf meine spätere Rente aus?

Ihre Beschäftigung ist weiterhin rentenversicherungspflichtig. Das bedeutet: Sie erwerben weitere Rentenpunkte (Entgeltpunkte). Bei einem Bruttoentgelt von 2000 Euro erwerben Sie – großzügig gerundet – pro Jahr gut 0,6 Entgeltpunkte. Diese werden Ihnen bei Erreichen Ihres regulären Rentenalters gutgeschrieben.

Nehmen wir an, Sie sind 1960 geboren, dann würden Sie die reguläre Altersgrenze mit 66 Jahren und fünf Monaten erreichen. Ab dem Folgemonat profitieren Sie von Ihren neuen Rentenpunkten. Das könnten – wenn Sie bis dahin weiterarbeiten – 3 Punkte sein. Nach dem aktuellen Rentenwert wären das gut 100 Euro. Doch bis dahin wird es deutlich mehr sein, weil der Wert der Rentenpunkte jedes Jahr steigt. 2022 wird etwa in den alten Bundesländern ein Anstieg um 4,4 Prozent erwartet, in den neuen Ländern wird es wohl noch etwas mehr sein.

Entgeltpunkte: Wichtig für die Rente

Wer fleißig Entgeltpunkte sammelt, erhält im Alter mehr Rente. Aber was sind eigentlich Entgeltpunkte und wie bekommt man sie?

Muss ich die Rentenversicherung um Erlaubnis fragen, wenn ich als (Früh-)Rentner wieder arbeiten gehen will?

Eine Erlaubnis brauchen Sie nicht. Sie müssen allerdings die Rentenversicherung informieren. Das geht formlos per Brief. Ihr Schreiben sollte dabei enthalten

  • Ihren Namen und Anschrift
  • Ihre Rentenversicherungsnummer
  • die Höhe Ihres Arbeitsentgelts und die voraussichtliche Dauer des Beschäftigungsverhältnisses.
Hinzuverdienst zur Rente – für wen was gilt
Hinzuverdienst Hinzuverdienstgrenze (2022) Hinzuverdienst melden?
... vor dem regulären Rentenalter bis 46.060 Euro anrechnungsfrei ja
... nach dem Erreichen der regulären Altersgrenze unbegrenzt nein
... bei Erhalt einer vollen Erwerbsminderungsrente bis 6300 Euro anrechnungsfrei ja
... bei Erhalt einer Teil-Erwerbsminderungsrente individuelle Grenze, mindestens jedoch 15.989,40 Euro anrechnungsfrei ja

Ich bin 64 Jahre alt und bin noch in einem unbefristeten vollen Job. Kann ich nun, gleichzeitig Rente erhalten? Ich erfülle die Voraussetzungen für die abschlagfreie Altersrente für besonders langjährig Versicherte.

Um in Rente zu gehen, müssen Sie Ihr Arbeitsverhältnis nicht aufgeben. Wenn Sie die Voraussetzungen für eine Altersrente erfüllen, können Sie dieses erhalten – egal ob Sie noch beschäftigt sind oder nicht. Sie müssen dafür nur einen Rentenantrag stellen.

Sie können dann sozusagen zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Durch das Beschäftigungsverhältnis erwerben Sie auch noch weitere Rentenansprüche, die Ihnen – soweit sie jetzt die Altersrente für besonders langjährig Versicherte beantragen – nach Erreichen des regulären Rentenalters gutgeschrieben werden.

Ich bin 63 Jahre alt, noch unbefristet beschäftigt, könnte aber mit 10,8 Prozent Rentenabschlag die Altersrente für langjährig Beschäftigte erhalten. Lohnt sich für mich die Kombination von Job und Rente?

Sie müssen Vor- und Nachteile gegeneinander abwägen. Wenn Sie ohne Rentenbezug bis zum regulären Rentenalter weiterarbeiten, verzichten Sie in der Zeit bis zu Ihrem regulären Rentenalter auf die Altersrente. Das reguläre Rentenalter erreichen Sie mit genau 66 Jahren. Ihnen entgehen also 36 Monatsrenten, wenn Sie auf den Rentenantrag verzichten. Andererseits vermeiden Sie die bis zu Ihrem Lebensende anfallenden Rentenabschläge in Höhe von 10,8 Prozent.

In jedem Fall müssen Sie schon ziemlich alt werden, wenn sich für Sie der Verzicht auf den Rentenantrag lohnen soll.

Ich verdiene in diesem Jahr voraussichtlich 55.000 Euro. Muss ich mit einer Kürzung meines vorgezogenen Altersruhegeldes rechnen?

Ja. Die Kürzung wird aber moderat sein. Die Grenze liegt für Sie bei 46.060 Euro brutto. Damit liegen Sie 8940 Euro über dieser Grenze. Aufgeteilt auf 12 Monate sind das 745 Euro. 40 Prozent hiervon werden auf Ihre Altersrente angerechnet. Das sind 298 Euro. Um diesen Betrag wird Ihre Bruttorente – also die Rente vor dem Abzug der Sozialversicherungsbeiträge – gekürzt. Das bedeutet aber auch: Diesen Teil der Rente beziehen Sie dann noch gar nicht. Hierauf fallen deshalb später – nach dem Bezug der vollen Rente – keine Rentenabschläge an.

Rentenrechner

Ich bin 67 Jahre alt und weiterhin neben meiner Rente beschäftigt. Muss ich meinen Verdienst der Rentenversicherung melden?

Nein. Sobald Sie die reguläre Altersgrenze erreicht haben, ist das nicht mehr nötig.

Aber: Sie können Ihre Rente durch eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung nochmals steigern. Dafür müssen Sie auf die Rentenversicherungsfreiheit Ihrer Beschäftigung verzichten. Das geht ganz einfach durch eine Erklärung Ihrem Arbeitgeber gegenüber. Dieser führt dann für Sie dann die vollen Beiträge (also 18,6 Prozent) an die Deutsche Rentenversicherung ab.

Die Folge für Sie: Ihre Rente steigt dann ab dem 1. Juli des Folgejahrs deutlich.

Wenn Sie dem Arbeitgeber gegenüber keine Erklärung abgeben, bleibt die Beschäftigung sozialversicherungsfrei. Dann führt dieser nur seinen Beitragsanteil – also 9,3 Prozent – ab. Diese Beiträge werden dann aber nicht Ihnen gutgeschrieben, sondern fließen in die allgemeine Rentenkasse.

Ich bin Erwerbsminderungsrentner. Gelten die großzügigen Hinzuverdienstregelungen auch für mich?

Nein. Wenn Sie eine Rente wegen voller Erwerbsminderung (EM) beziehen, gilt für Sie weiterhin die jährliche Obergrenze von 6300 Euro. Zudem haben Sie dann eine verschärfte Mitteilungspflicht gegenüber der Rentenversicherung. Denn durch das Ausüben einer Beschäftigung oder Tätigkeit neben der Rente ist unter Umständen die Geschäftsgrundlage der Rente in Frage gestellt.

Die Deutsche Rentenversicherung überprüft regelmäßig, ob die von EM-Rentnerinnen und -Rentnern ausgeübte Erwerbstätigkeit im Rahmen des der Bewilligung der Rente zugrundeliegenden Restleistungsvermögens erfolgt. Denn die Erwerbsfähigkeit ist nach dem Gesetz nur dann voll gemindert, wenn jemand täglich nur noch weniger als drei Stunden arbeiten kann. Ein Minijob gilt im Regelfall allerdings als unproblematisch.

Erwerbsminderungsrente rechtzeitig verlängern

Tipp: Expertenforum nutzen

Haben Sie Fragen zum Thema Rente und Hinzuverdienst? Nutzen Sie unser Expertenforum! Hier erhalten Sie Antworten von erfahrenen Expertinnen und Experten der Regionalträger der Deutschen Rentenversicherung (DRV) und der DRV Knappschaft-Bahn-See.


Autorenbild

Autor

Rolf Winkel