Gesundheit / 04.04.2013

Hält doppelt besser?

Krankenzusatzversicherungen gibt es viele. Was sie leisten und was sie kosten, weiß Versicherungsexperte Oliver Mest.

Eine Gesundheitskarte und Euro-Geldscheine. Bild: IMAGO / Shotshop

Gesetzlich Versicherte können die Leistungen ihrer Krankenkasse gezielt aufstocken – mithilfe einer privaten Krankenzusatzversicherung. Nicht umsonst boomt der Markt. Aber nicht alles, was auf den ersten Blick gut aussieht, ist im Ernstfall auch wirklich eine finanzielle Hilfe, verrät unser Experte Oliver Mest.

Herr Mest, wie finde ich denn die Policen, die für mich sinnvoll sein?

Oliver Mest: Der passende Schutz ist in der Tat eine sehr individuelle Entscheidung. Zum einen muss ich wissen, in welchen Bereichen ich überhaupt privat behandelt werden will und muss. Oder anders ausgedrückt: Wer keine Probleme mit den Zähnen hat, der braucht eben keine Zahnzusatzversicherung. Außerdem sollte man sich genau über das Leistungsspektrum der eigenen Krankenkasse informieren: Nur, wenn ich weiß, was die Krankenkasse leistet, weiß ich auch, was ich an Zusatzschutz wirklich benötige.

Besonders beliebt sind ja Zahnzusatzversicherungen – was ist da zu beachten?

Oliver Mest: Besonders beliebt sind Policen, die bei Zahnersatz einspringen – und einige Versicherte auch sinnvoll. Denn gesetzlich Versicherte müssen vor allem für optisch schönere Lösungen in aller Regel einen hohen Eigenanteil tragen. Und die Zahnzusatzversicherungen helfen dabei, diesen Eigenanteil zu senken. Angeboten werden die verschiedensten Tarife: So gibt es Zusatz-Policen, die lediglich die Regelversorgung der gesetzlichen Krankenversicherung aufstocken und dafür sorgen, dass man für die günstigen Lösungen aus dem Leistungskatalog geringere Eigenleistungen zu tragen hat. Und es gibt am anderen Ende der Skala Zahnversicherungen, die die höheren Kosten für medizinisch anspruchsvollere Lösungen teilweise übernehmen – im besten Fall werden dann bis 85 oder 90 Prozent der Zahnarztrechnung übernommen – egal, wie aufwändig die Versorgung ist. Dieser Vollkaskoschutz hat aber auch seinen Preis: Ein 30-Jähriger zahlt schnell 30 Euro im Monat für den Schutz.

Und viele dieser Policen werden immer teurer. Werden diese Zusatzversicherungen über die Jahre zu einer finanziellen Belastung?

Oliver Mest: Das kann passieren, denn neben den „normalen“ Preissteigerungen werden viele Versicherungen auch mit steigendem Alter teurer. Wird die finanzielle Belastung zu hoch, hat man drei Alternativen: Man kann kündigen, zu einem anderen Versicherer wechseln oder in einen anderen Tarif. Bei einem Wechsel müssen Versicherte bedenken, dass sie zunächst eine Wartezeit erfüllen müssen, bevor die Versicherungen Zahnbehandlungskosten übernehmen. Zudem leistet der neue Vertragspartner nicht, wenn Behandlungen bereits laufen oder geplant waren. Insgesamt ist die Wahl des passenden Schutzes schon eine kleine Wissenschaft. Hilfe bei der Auswahl gibt eine Analyse zu Zahnzusatzversicherungen der Stiftung Warentest. Sie kostet drei Euro.

Wie wichtig ist eine Auslandskrankenversicherung?

Oliver Mest: Gut, dass Sie fragen, denn die Auslandsreisekrankenversicherung ist eine Zusatzversicherung, die oft vergessen wird – die aber immens wichtig ist. Denn die Kosten für einen Krankenhausaufenthalt im Ausland können – wie bei uns auch – schnell bei einigen tausend Euro liegen – und die gesetzlichen Kassen zahlen die Kosten selten in voller Höhe. Die Auslandskrankenversicherungen schützen gegen das Risiko, auf den Kosten sitzen zu bleiben – und das für ein paar Euro Prämie im Jahr. Abgedeckt sind dann vor allem Kosten für ambulante ärztliche Behandlungen, Röntgendiagnostik und Operationen; ärztlich verordnete Arznei-, Verband- und Heilmittel, außerdem für Zahnbehandlungen, Aufenthalte und Behandlungen im Krankenhaus sowie für den Rücktransport bei schwerer Krankheit.

A propros Krankenhaus: Brauche ich eine Zusatzversicherung für eine bessere Versorgung im Krankenhaus?

Oliver Mest: Brauchen sicherlich nicht, das ist keine Muss-Police. Solche Krankenhauszusatzversicherungen erlauben bei einer schweren Erkrankung die freie Wahl von Krankenhaus und behandelndem Spezialisten bis hin zum Chefarzt. Außerdem sehen die Verträge in der Regel auch die Unterbringung in Ein- oder Zweibettzimmern vor. Bei der Wahl der richtigen Police sollte man sich unbedingt einen unabhängigen Experten aufsuchen oder Tests in seriösen Medien recherchieren. Als Faustregel gilt: Gute Verträge gibt es ab rund 20 Euro im Monat.

Was ist mit Krankentagegeld-Policen?

Oliver Mest: Ein Muss für Selbstständige, für normale Arbeitnehmer nicht unbedingt. Bis zu sechs Wochen sind Arbeitnehmer über die Entgeltfortzahlung ihres Arbeitgebers abgesichert. Danach zahlt eine gesetzliche Kasse in der Regel 70 Prozent des Bruttoverdienstes, maximal 90 Prozent des Nettoarbeitsentgelts. Viele Selbstständige sind nicht so gut abgesichert. Sie bekommen vom ersten Tag an kein Gehalt, wenn sie krank werden. Und hier springt die private Krankentagegeldversicherung an. Sie zahlt im Krankheitsfall eine Summe X, wenn man nicht mehr arbeiten kann. Selbstständige können selbst vereinbaren, ab wann sie Krankentagegeld bekommen möchten. Die Kosten: Je nach Beginn der Zahlung und Höhe des Tagesgeld müssen Sie 50 Euro im Monat und mehr einplanen.

Was halten Sie von den Zusatzversicherungen im Paket, die viele Versicherer anbieten und die …

Oliver Mest: … alles Mögliche bündeln? Da muss man genau hingucken: Es gibt zum Beispiel Krankenzusatzversicherungen, die Zuschüsse zum Zahnersatz, zur Heilpraktikerbehandlung, zu Brillen und auch zum Auslandskrankenschutz leisten. Teilweise natürlich Schutz, der wichtig ist – aber eben auch garniert mit Policen, die man vielleicht nicht braucht. Es zeigt sich immer wieder in Tests, dass Bausteine in solchen Paketen überflüssig sind oder aber als Einzelpolice deutlich besser abgesichert werden kann. Die Folge: Das Leistungsniveau einige dieser Allround-Policen ist niedrig – der Schutz als Einzelpolice kann deutlich besser sein.

Mehr Informationen

  • www.test.de
    Link zum Produktfinder „Wahltarife Krankengeld – Angebote der Krankenkassen“ auf der Internetseite der Stiftung Warentest. Die Freischaltung der Ergebnisse kostet 1,50 Euro.
  • www.test.de
    Weiterer Test von 147 Zahnzusatzversicherungen auf der Seite der Stiftung Warentest. Die Freischaltung kostet 1,50 Euro.