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Kann die Rente wirklich sinken? Und zählen die letzten Jahre mehr für die Rente? In Sachen Rente machen schon immer viele Gerüchte und falsche Behauptungen die Runde. Häufige Irrtümer über die Rente, und wie es wirklich ist.
1. „Die Renten werden sinken.“
Solche Sorgen sind unbegründet. Die gesetzliche Rente darf nicht sinken. Das ist durch die Rentengarantie gesetzlich ausgeschlossen. Vielmehr wird Ihre persönliche Rente in Euro und Cent von Jahr zu Jahr höher werden – oder zumindest wie im Corona-Jahr 2021 in den alten Bundesländern gleich hoch bleiben. 2022 sind die Renten im Westen um 5,35 Prozent, im Osten sogar um 6,12 Prozent gestiegen. In diesem Juli steigen sie erneut um 4,39 beziehungsweise 5,89 Prozent. Im Rentenversicherungsbericht ist auch die Prognose zu finden: „Bis zum Jahr 2036 steigen die Renten um insgesamt gut 43 Prozent. Dies entspricht einer durchschnittlichen Steigerungsrate von 2,6 Prozent pro Jahr.“
2. „Wie hoch meine Rente ausfallen wird, kann ich am Rentenniveau ablesen.“
Dass nicht wenige Menschen vermuten, ihre Rente werde sinken, dürfte mit der Inflation zusammenhängen. Gewiss, wenn die Preise für die Lebenshaltung stärker steigen als die Rente, können Sie sich als Ruheständler tatsächlich weniger leisten. Ihre Rente wird aber nicht gekürzt, und sie sinkt auch nicht. Allenfalls kann der Auszahlbetrag in einer Nullrunde minimal geringer ausfallen, wenn Sie für Ihre gesetzliche Krankenversicherung höhere Beiträge leisten müssen.
Hinzu kommt ein Missverständnis: Immer wieder ist vom sinkenden Rentenniveau die Rede. Das aber ist nur eine Rechengröße. Dabei wird die Höhe der Standardrente ins Verhältnis zum Durchschnittslohn gesetzt, und zwar nach Abzug des Krankenkassenbeitrags und vor Abzug von Steuern. Die Standardrente ist ebenfalls nur ein Hilfsmittel zum Rechnen.
Die Standardrente zeigt, wie hoch die Rente brutto ausfällt, wenn man 45 Jahre stets den jeweils aktuellen Durchschnittslohn verdient hat und darauf Rentenbeiträge gezahlt hat. Sie betrug 2022 in den alten Bundesländern 1620,90 Euro brutto, in den neuen Bundesländern 1598,40 Euro.
Weder verdienen Versicherte aber immer den Durchschnittslohn, noch schafft es die Mehrheit, 45 Jahre lang zu arbeiten und Beiträge zu zahlen.
Deshalb sagt das Rentenniveau auch nur wenig über Ihre individuelle Rente aus. Es signalisiert Ihnen aber, in wie weit Sie am allgemeinen Wohlstand teilhaben. Derzeit beläuft sich das Rentenniveau auf 48,1 Prozent. Dem Rentenversicherungsbericht zufolge dürfte es allerdings längerfristig von 46,6 Prozent 2030 bis auf 44,9 Prozent 2036 zurückgehen. Weiter reichen die Vorausberechnungen nicht. Die Ampelkoalition hatte sich aber darauf verständigt, dass das Rentenniveau auch langfristig bei 48 Prozent stabil bleiben soll.
3. „Was ich jetzt an Beiträgen einzahle, wird für die spätere Rente angespart.“
Auch das ist nicht richtig. Vielmehr werden mit den Beiträgen aller Versicherten und Arbeitgeber sowie den Zuschüssen des Bundes von jährlich mehr als 100 Milliarden Euro vor allem die laufenden Renten an die mehr als 21 Millionen Rentnerinnen und Rentner ausbezahlt.
Ihre Beiträge werden also nicht für Ihre spätere Rente zurückgelegt. Was Sie und alle heutigen Beitragszahler erhalten werden, ist laut Deutscher Rentenversicherung aber ein verfassungsrechtlich geschützter Anspruch auf Rente im Alter, der „dann von der nächsten Beitragszahler-Generation finanziert wird“.
Die jüngeren Berufstätigen zahlen somit die Beiträge, mit denen die Renten der heute Älteren ausbezahlt werden. Man spricht deshalb auch vom Umlageverfahren oder Generationenvertrag. Dieser wird aber langfristig nur funktionieren, wenn es genug Jüngere gibt, die ausreichend viele und hohe Beiträge einzahlen.
4. „Was ich in den letzten Arbeitsjahren verdiene, entscheidet über meine Rentenhöhe.“
Das wäre gut für alle, die es mit zunehmenden Alter in eine höhere Position schaffen und mehr verdienen. Nur: Der Rentenanspruch errechnet sich aus allen Versicherungsjahren. Die letzten Jahre werden dabei nicht stärker gezählt.
Vielmehr ist die Rente eine Art Querschnitt des Berufslebens. Dabei werden für jedes Jahr die erworbenen Ansprüche, die sogenannten Renten- oder Entgeltpunkte, ermittelt. Daraus wird dann nach einer komplizierten Formel die Rente errechnet.
Entgeltpunkte: Wichtig für die Rente
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Wer fleißig Entgeltpunkte sammelt, erhält im Alter mehr Rente. Aber was sind eigentlich Entgeltpunkte und wie bekommt man sie?
5. „Nur, wenn ich mindestens 15 Jahre Beiträge gezahlt habe, bekomme ich eine Rente.“
Das trifft ebenfalls nicht zu. Bereits seit 1984 muss man nur mindestens fünf Jahre versichert gewesen sein, um eine Altersrente zu bekommen. Dabei zählen neben den Beitragszeiten etwa auch Kindererziehungszeiten, Arbeitsphasen mit einem Minijob oder Ansprüche, die man aus einem Versorgungsausgleich nach einer Scheidung erworben hat. „Man muss also nicht unbedingt selbst Beiträge gezahlt haben“, sagt der Sprecher der Deutschen Rentenversicherung.
Wenn Sie die fünf Jahre trotzdem nicht zusammenbringen, haben Sie zwei Möglichkeiten:
- Entweder Sie lassen sich die eingezahlten Beiträge erstatten.
- Oder Sie gleichen durch freiwillige Extrazahlungen die fehlenden Zeiten aus, um zumindest eine Minirente beziehen zu können. Dabei kann man sich von der Rentenversicherung beraten lassen.
6. „Auf meine Rente muss ich keine Steuern zahlen.“
Stimmt leider auch nicht. Seit 2005 wird von Jahr zu Jahr ein immer größerer Anteil der Rente steuerpflichtig, so sind in diesem Jahr 83 Prozent der Bruttorente zu versteuern. Im Gegenzug können die Einzahler einen stetig wachsenden Anteil ihrer Beiträge in der Steuererklärung geltend machen.
Ursprünglich war vorgesehen, dass in der Übergangsphase der steuerpflichtige Anteil der Rente schrittweise bis auf 100 Prozent im Jahr 2040 steigt. Um eine sogenannte Doppelbesteuerung der Rente zu vermeiden, wird der Stufenplan nun aber verlängert. Nach den Plänen der Ampelkoalition wäre die Rente erst von 2060 an voll zu versteuern.
Schon sicher ist: Steuerzahlerinnen und Steuerzahler können ihre Rentenbeiträge seit Anfang 2023 voll von der Steuer als Sonderausgaben absetzen – zwei Jahre früher als ursprünglich geplant. Die Obergrenze für die absetzbaren Beiträge beläuft sich dabei auf 26.528 Euro (bei Verheirateten: 53.056 Euro). Davon sind 100 Prozent absetzbar, 2022 waren es noch 94 Prozent.
Tatsächlich steuerfrei ist die Rente übrigens nur, wenn sie unterhalb des Freibetrags liegt, für den grundsätzlich keine Steuern fällig sind. Dieser Grundfreibetrag liegt 2023 für einen Alleinstehenden bei 10.908 Euro im Jahr.
7. „Als Top-Verdiener erhalte ich eine viel höhere Rente.“
Klar, wenn Sie viel verdienen und stetig entsprechend höhere Beiträge zahlen, bekommen Sie auch eine höhere Rente als ein Durchschnittsverdiener mit ebenso langen Beitragszeiten.
Nur: Arbeitnehmer mit einem Top-Verdienst von zum Beispiel 100.000 Euro und mehr im Jahr zahlen nicht auf ihr komplettes Einkommen Rentenbeiträge, sondern nur bis zur sogenannten Beitragsbemessungsgrenze. Für Gehalt, das darüber liegt, sind keine Beiträge fällig.
Wie hoch kann dann eine Rente somit überhaupt ausfallen? Angenommen, eine Rentnerin hätte 45 Jahre lang stets über der Bemessungsgrenze verdient und den Höchstbeitrag in die Rentenkasse eingezahlt. Dann hätte sich ihre Rente vom 1. Januar 2022 an auf genau 2961,90 Euro brutto belaufen. Nach Abzug des Eigenanteils für Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von elf Prozent wären es 2636,09 Euro, vor Abzug von Steuern, die nach Abgabe der Steuererklärung fällig werden. So gibt es derzeit nur wenige Rentner, die eine gesetzliche Rente von mehr als 3000 Euro ausgezahlt bekommen. Diese kamen aber in der Regel auf 50 und mehr Beitragsjahre.
8. „Ist die Regelaltersgrenze erreicht, muss ich keine Abschläge mehr für eine vorzeitige Rente zahlen.“
Wer vor Erreichen der Regelaltersgrenze mit normalerweise frühestens 63 Jahren und mindestens 35 Versicherungsjahren vorzeitig in Rente gehen kann, muss Abschläge von seiner Rente in Kauf nehmen. Diese belaufen sich auf 0,3 Prozent der Bruttorente für jeden Monat, den man vor Erreichen der Regelaltersgrenze in den Ruhestand geht.
Für solche Frührentner ist es ein gefährlicher Trugschluss zu glauben, die Abschläge würden enden, wenn die Regelaltersgrenze mit spätestens 67 Jahren erreicht ist. Tatsächlich gelten die Abschläge ein Leben lang. Entscheidend für eine Rente ohne Abzüge sind das Geburtsjahr des Versicherten und die Zahl der Beitragsjahre. Nur wenn Sie mindestens 45 Beitragsjahre auf dem Buckel haben, können Sie mit 65 Jahren auf jeden Fall ohne Abschläge in den Ruhestand gehen.
9. „Am Versorgungsausgleich lässt sich nichts mehr ändern.“
Wenn sich Ehepaare trennen, werden die in der Ehezeit erworbenen Ansprüche auf die gesetzliche Rente normalerweise geteilt. Das hilft in der Regel denen, die sich stärker um die Kinder gekümmert haben – also immer noch meist den Frauen, während Männer, die mehr Rentenbeiträge gezahlt haben, ihrer früh0eren Gattin Rentenpunkte abgeben müssen.
Daran lässt sich nicht rütteln, es sei denn, es passiert etwas, was man auch dem Ex-Gatten oder der Ex-Gattin nicht wünscht: Der ehemalige Ehepartner stirbt vor dem Rentenbeginn oder hat bislang keine oder höchstens 36 Monate Rente aus den übertragenen Ansprüchen erhalten. Dann wird der Versorgungsausgleich rückgängig gemacht. Diese sogenannte „Anpassung wegen Todes“ ist bei der Rentenversicherung zu beantragen.
10. „Die Rentenversicherung kennt meine Daten. Ich muss mich um nichts kümmern.“
Sicher, bei sozialversicherungspflichtig Beschäftigten erhält die Rentenversicherung viele Informationen automatisch. Aber möglicherweise ist in der Behörde nicht alles bekannt, was wichtig wäre, um die Rente nicht mangels fehlender Angaben zu niedrig zu berechnen.Dazu zählen zum Beispiel Zeiten der Fortbildung oder der Kindererziehung oder bestimmte Ausbildungszeiten.
Rentenexperten empfehlen deshalb, alle Unterlagen akribisch zu sammeln, um mögliche Lücken im Rentenkonto ausgleichen zu können. Auch hier hilft die Rentenversicherung mit einer sogenannten Kontenklärung. Ebenfalls gut zu wissen: Die Rente kommt nicht automatisch. Die zukünftigen Rentner müssen diese beantragen, idealerweise drei Monate vor Rentenbeginn.