Rente / 11.10.2021

Kinderregelung in der KVdR nutzen

Freiwillig versicherte Rentner müssen für die Krankenversicherung tief in die Tasche greifen. Dabei muss das in manchen Fällen gar nicht sein.

Kinderregelung in der KVdR nutzen. – RentnerInnen sitzen auf einer Parkbank.

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Gut 400.000 Senioren erhalten zwar eine gesetzliche Rente, profitieren aber nicht von der günstigen Krankenversicherung der Rentner (KVdR), weil sie freiwillig gesetzlich krankenversichert sind.

In vielen Fällen kann sich für sie oder ihre Angehörigen ein Blick auf die Kinderregelung lohnen. Seit August 2017 erleichtert diese Regelung den Zugang zur KVdR. Was viele nicht wissen: Wer damals schon Rentner war, muss einen Antrag stellen, um davon zu profitieren. Im besten Fall winkt eine satte Beitragserstattung.

Was ist die Krankenversicherung der Rentner?

Wer als Rentnerin oder Rentner in der KVdR pflichtversichert ist, fährt damit meist ziemlich gut. Denn die Beiträge sind häufig weit geringer als bei freiwillig Versicherten. Die Ersparnis kann monatlich einige hundert Euro ausmachen.

Dabei ist der Name etwas irreführend. Denn die Krankenversicherung der Rentner ist keine gesonderte Krankenkasse wie zum Beispiel die AOK oder die TK. Wer in der KVdR versichert ist, bleibt weiterhin Mitglied seiner bisherigen gesetzlichen Kasse. Es gelten dann jedoch besonders günstige Regeln für die Beitragserhebung. Versicherungsbeiträge fallen nämlich nur für die gesetzliche Rente, die Betriebsrente und Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit an.

Anders sieht es aus bei Rentnern, die freiwillig gesetzlich krankenversichert sind. Sie müssen auch Beiträge auf Privatrenten sowie Miet- und Kapitaleinkünfte zahlen. Zudem wird – soweit die Betroffenen verheiratet sind oder in einer eheähnlichen Partnerschaft leben – teilweise auch das Einkommen des Partners mitberücksichtigt. Die zusätzlichen Beiträge belaufen sich dabei zum Teil auf einige hundert Euro im Monat.

Krankenversicherung der Rentner – Informationen der Deutschen Rentenversicherung

Wie kann ich mich in der Krankenversicherung der Rentner versichern?

Nicht jeder kommt in die Krankenversicherung der Rentner. Sie ist so etwas wie eine Exklusiveinrichtung für besonders treue Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV).

Vorversicherungszeit als Hürde: die 9/10-Regelung

Wer Mitglied der KVdR werden will, muss in der zweiten Hälfte des Arbeitslebens zu 90 Prozent der Zeit gesetzlich krankenversichert gewesen sein. Ob freiwillig-, pflicht- oder kostenlos familienversichert, spielt dabei keine Rolle.

Diese Vorversicherungszeit ist eine Hürde, an der viele scheitern.

Kinderregelung bringt Extrajahre

Seit dem 1. August 2017 gibt es jedoch eine zusätzliche Regelung, die Versicherte mit Kindern nutzen können. Bei Versicherten mit Kindern werden zusätzliche Jahre mit gesetzlichem Versicherungsschutz zugeschlagen.

In Paragraf 5 Absatz 2 des Sozialgesetzbuches V heißt es: Auf „die erforderliche Mitgliedszeit wird für jedes Kind, Stiefkind oder Pflegekind ... eine Zeit von drei Jahren angerechnet“

  • Die drei Jahre werden beiden Elternteilen jeweils zuerkannt, also nicht aufgeteilt.
  • Es spielt keine Rolle, ob ein Kind in der ersten oder zweiten Hälfte des Arbeitslebens geboren wurde.
  • Die drei Zusatzjahre werden auch anerkannt, wenn ein Kind vor Erreichen des dritten Geburtstags verstorben ist.

Beispiel: Wie Kinder bei der 9/10-Regel helfen

Nehmen wir eine inzwischen 81jährige Rentnerin, die zwischen 1965 und 1968 drei Kinder auf die Welt gebracht hat. Sie war zwischen 1960 und 2000 erwerbstätig und ist Anfang 2000 mit 60 Jahren in Rente gegangen.

Die zweite Hälfte ihres Arbeitslebens begann 1980 und endete mit ihrem Rentenantrag Anfang 2000. In diesen letzten 20 Jahren vor der Rente war sie 10 Jahre privat und erst in den letzten 10 Jahren vor Renteneintritt gesetzlich krankenversichert. Im maßgeblichen Zeitraum war sie also nur zu 50 Prozent gesetzlich versichert und erfüllte damit die Voraussetzung für die KVdR nicht.

Das hat sich mit dem 1. August 2017, dem Stichtag für die neue Kinderregelung, geändert.

Nun werden ihr für ihre drei Kinder 9 zusätzliche gesetzlich versicherte Jahre anerkannt beziehungsweise 9 Jahre mit privater Versicherung „getilgt“. Damit kommt sie in den zweiten 20 Jahren ihres Arbeitslebens auf 19 Jahre, die für die KVdR-Anwartschaft anerkannt werden.

Die nötige Vorversicherungszeit (9/10-Regelung) ist deutlich erfüllt.


Kinderregelung: Wer muss einen Antrag stellen?

Bei allen Neurentnern prüft deren gesetzliche Krankenkasse von sich aus, ob diese unter Berücksichtigung der Kinderregelung die Voraussetzungen für die KVdR erfüllen. Hier ist also kein Handeln nötig.

Anders bei Bestandsrentner, also denjenigen, die – wie in unserem Beispielfall – im August 2017 bereits als Rentner freiwillig versichert waren, weil sie zu diesem Zeitpunkt nach den „alten“ Regeln die 9/10 Voraussetzung nicht erfüllten. Sie müssen aktiv werden und einen entsprechenden Antrag stellen.

Ob die Voraussetzungen für eine KvdR-Mitgliedschaft vorliegen, können freiwillig Versicherte, aber auch privat Krankenversicherte, auch derzeit noch prüfen lassen. Dies kann bei ihrer gesetzlichen Krankenkasse jederzeit beantragt werden. Privat Krankenversicherte können diesen Antrag bei der gesetzlichen Krankenkasse stellen, in der sie zuletzt versichert waren.

Rückerstattung von Beiträgen: Fristen beachten

Falls die neue Prüfung ergibt, dass die Voraussetzungen für die Mitgliedschaft in der KVdR zum 1. August 2017 vorlagen, besteht ab diesem Zeitpunkt ein Anspruch auf Erstattung der zu viel gezahlten Krankenversicherungsbeiträgen. Der Antrag hierauf sollte allerdings spätestens Ende 2021 gestellt werden. Claudia Widmaier vom GKV-Spitzenverband erklärt hierzu: „Der Anspruch auf Erstattung der im Jahr 2017 zu Unrecht gezahlten Beiträge verjährt am 31.12. 2021.“ Das bedeutet: 2022 ist der Anspruch auf Beitragserstattung für die 2017 zu viel gezahlten Beiträge verjährt. Geregelt ist diese vierjährige Verjährungsfrist in § 27 des vierten Sozialgesetzbuchs.

Tipp: Antrag formlos stellen

Ein Antrag auf Aufnahme in die KvdR kann formlos gestellt werden. Mit dem Antrag sollte belegt werden – etwa durch Geburtsurkunden –, dass die oder der Betreffende Kinder hat und wenn ja, wie viele. Falls die Versicherten selbst nicht zur Antragstellung in der Lage sind, können dies auch Angehörige übernehmen, soweit sie schriftlich hierzu bevollmächtigt sind.

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Autor

Rolf Winkel