
Patientin im Krankenhaus mit intravenösem Zugang in der Hand.
Entgeltfortzahlung:
Arbeitnehmer, die arbeitsunfähig erkranken, haben nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz Anspruch auf eine sechswöchige Entgeltfortzahlung. Dies gilt auch für Auszubildende. Das bedeutet: Wer nach Abschluss des Ausbildungsvertrags arbeitsunfähig erkrankt, hat bei längerer Krankheit im Prinzip Anspruch darauf, dass der Ausbildungsbetrieb das Ausbildungsentgelt bis zu sechs Wochen fortzahlt. Bei längerer Krankheit besteht danach Anspruch auf das Krankengeld der gesetzlichen Krankenversicherung.
Vierwöchige Wartezeit:
Der Haken an der Sache ist allerdings: Arbeitgeber sind erst nach einer vierwöchigen Wartezeit verpflichtet, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall zu leisten. Das bedeutet beispielsweise: Wer am 1. September seine Ausbildung beginnt, hat erst ab dem 29. September Anspruch darauf, dass der Ausbildungsbetrieb das vereinbarte Entgelt zahlt – dann aber wie üblich für bis zu sechs Wochen. Für den Sechs-Wochen-Zeitraum vom 29. September bis (maximal) zum 9.November ist der Arbeitgeber dann im Beispielfall mit der Entgeltfortzahlung in der Pflicht – wenn die Krankheit so lange dauert. Dies gilt übrigens auch dann, wenn die Arbeitsunfähigkeit schon vor Ausbildungsbeginn eingetreten ist. Voraussetzung ist dabei allerdings, dass der Ausbildungsvertrag zu diesem Zeitpunkt bereits bestand.
Beispiel:
20. Juli: Abschluss des Ausbildungsvertrags
25. August: Eintritt der Arbeitsunfähigkeit
1. September: Vereinbarter Ausbildungsbeginn
29. September: Beginn der Entgeltfortzahlung
Absicherung in den ersten vier Wochen:
Wie sind nun „Neustarter“ im Krankheitsfall in den ersten vier Wochen des Arbeits- oder Ausbildungsverhältnisses abgesichert? Das hängt ganz davon ab, ob die Arbeitsunfähigkeit vor oder nach Beginn der Ausbildung (oder der Arbeit) eingetreten ist.
Wer während der ersten vier Wochen der Ausbildung arbeitsunfähig erkrankt – und sei es am ersten Tag –, hat zunächst Anspruch auf Krankengeld. Dies regelt Paragraf 44 des fünften Sozialgesetzbuchs. Danach haben erkrankte Beschäftigte Anspruch auf maximal 78 Wochen Krankengeld. Dieser Anspruch ruht allerdings, solange der Arbeitgeber Entgeltfortzahlung gewähren muss – und das ist in den ersten vier Ausbildungswochen nicht der Fall. In den ersten vier Wochen der Ausbildung gibt es dann stattdessen für „Neustarter“ Krankengeld. Danach muss der Arbeitgeber maximal sechs Wochen lang das Ausbildungsentgelt fortzahlen – und anschließend gibt es – bei längerer Krankheit – nochmals Krankengeld.
Krank vor Ausbildungsbeginn: Kein Anspruch
Anders sieht es aus, wenn die Arbeitsunfähigkeit vor Ausbildungsbeginn eingetreten ist. In diesem Fall besteht in den ersten vier Wochen des (vereinbarten) Ausbildungsverhältnisses weder Anspruch auf Arbeits-/Ausbildungsentgelt noch auf Krankengeld. Denn Krankengeld steht nach dem Gesetz nur Versicherungspflichtigen zu. Und die Versicherungspflicht setzt erst dann ein, wenn ein Anspruch auf Arbeitsentgelt besteht. Dies hat das Bundessozialgericht am 4. März 2014 nochmals ausdrücklich bestätigt (Aktenzeichen: B 1 KR 64/12 R). In den ersten vier Wochen ist der Arbeitgeber oder Ausbildungsbetrieb jedoch – siehe oben – nicht zur Zahlung von Arbeitsentgelt verpflichtet.
Tipp: Auch im Krankheitsfall kann es günstig sein, am ersten Ausbildungstag zunächst im Betrieb zu erscheinen und sich erst danach arbeitsunfähig schreiben zu lassen. Hierdurch kann zumindest der Anspruch auf Krankengeld gesichert werden.
Was aus dem Ausbildungsverhältnis wird:
Zumindest durch eine längere Krankheit zu Beginn der Ausbildung dürfte das Ausbildungsverhältnis in jedem Fall gefährdet sein. Dies gilt jedenfalls während der Probezeit. Diese dauert mindestens einen Monat und darf höchstens vier Monate betragen (Paragraf 20 Berufsbildungsgesetz). Üblich ist eine Dauer von vier Monaten. In dieser Zeit kann der Ausbildungsbetrieb – und übrigens auch der Azubi – das Ausbildungsverhältnis jederzeit ohne Einhaltung einer Frist kündigen. Nur in wenigen Ausnahmefällen – etwa bei Schwangerschaft des Azubis – ist eine Kündigung rechtswidrig.
Auch Kranke können in den ersten sechs Monaten eines Beschäftigungs- /Ausbildungsverhältnisses ohne Weiteres entlassen werden. In diesem Fall greift allerdings eine Sonderregelung in Paragraf 8 Absatz 1 des Entgeltfortzahlungsgesetzes. Für den Fall, dass ein Arbeits- oder Ausbildungsverhältnis krankheitsbedingt gekündigt wird, muss der Arbeitgeber nämlich ausnahmsweise auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses weiterhin Entgelt fortzahlen – und zwar bis zum Ende des sechswöchigen Entgeltfortzahlungs-Zeitraums. Erst danach muss die Krankenkasse mit Krankengeld eintreten.
Gleich krank melden
Möglicherweise bestreitet der Arbeitgeber/Ausbildungsbetrieb in einem solchen Fall, dass der Betroffene wegen seiner Krankheit gekündigt wurde. War dem Betrieb die Arbeitsunfähigkeit allerdings zum Kündigungszeitpunkt bekannt, so dürfte er im Streitfall vor dem Arbeitsgericht in der Regel schlechte Karten haben. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Azubi/Arbeitnehmer seine arbeitsvertraglichen Pflichten erfüllt hat. Und dazu gehört in jedem Fall, sich beim Arbeitgeber unverzüglich krank zu melden. Alles andere wäre ein Verstoß gegen die eigenen arbeitsvertraglichen Verpflichtungen – und könnte als Kündigungsgrund angeführt werden.
An diese Regeln müssen sich auch Azubis halten:
- Die Krankheit dem Ausbildungsbetrieb unverzüglich melden. Dazu reicht ein Telefonanruf.
- Dauert die Arbeitsunfähigkeit länger als drei Tage: Dem Arbeitgeber in jedem Fall ein Attest vorlegen. Achtung: Das kann der Chef auch schon vorher verlangen.