
Die Ergebnisse einer Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), das 7.500 Minijobber befragte, sind ernüchternd:
- 35 Prozent der Minijobber bekommen keinen bezahlten Urlaub.
- 46 Prozent der Minijobber bleiben bei Krankheit ohne Entgelt.
- Nur 50 Prozent der Minijobber wissen über ihre Rechte Bescheid.
- Aber 50 Prozent der Betriebe mit Minijobber geben zu, ihren Geringverdienern bewusst Ansprüche zu versagen.
Sind die „Geringfügigen“ also Arbeitnehmer „zweiter Klasse“? Warum lassen Sie sich Benachteiligungen gegenüber ihren vollzeitbeschäftigten Kolleginnen und Kollegen gefallen? Haben Sie schlicht Angst, ihren Job zu verlieren, wenn sie sich gegen die offenbaren Ungerechtigkeiten wehren? Immerhin kennen 50 Prozent der Minijobber ihre Rechte nicht, wie die IAB-Studie zeigt.
Welche Rechte für Minijobber gelten, verdeutlicht die folgende Liste: von A wie Arbeitsvertrag bis U wie Urlaub. Mit diesen Fakten haben Minijobber Argumentationshilfen für den Gang ins Personalbüro parat.
Tipp: Arbeitsrechtliche Ansprüche verjähren erst nach drei Jahren.
Arbeitsvertrag
Auch Mini- oder Midi-Jobber können einen Arbeitsvertrag verlangen. Das sieht das „Nachweisgesetz“ vor. Inhalt: Dauer des Arbeitsverhältnisses (und ob es befristet ist), Arbeitsort, Aufgabenbereich, Lohnhöhe, Arbeitszeit, Urlaub, Kündigungsfristen. Es ist zwar auch möglich, „ohne“ zu arbeiten. Das erschwert allerdings bei Streit den Nachweis über das Vereinbarte.
Elternzeit
steht bis zu drei Jahre zu, der Arbeitsplatz bleibt erhalten. Elterngeld gibt es bis zu einem Jahr – mindestens in Höhe von 300 Euro monatlich bis zu 67 Prozent vom „Netto“.
Feiertage
Fällt Arbeit wegen eines gesetzlichen Feiertages aus, so zahlt der Arbeitgeber den Lohn weiter. „Nacharbeit“ ist nicht nötig – aber möglich; die muss der Chef dann aber extra bezahlen. Feiertagszuschläge stehen auch den Minijobbern zu, wenn dies nach Tarifvertrag vorgesehen ist oder den Vollbeschäftigten vom Arbeitgeber freiwillig gezahlt wird.
Freiwillige Kranken-/Pflegeversicherung
Wer freiwillig gesetzlich krankenversichert ist und einen 450 Euro-Job ausübt, für den zahlt der Arbeitgeber zwar ebenfalls die Pauschalbeiträge zur Sozialversicherung. Unabhängig davon hat aber die oder der freiwillig Versicherte Beiträge an seine Pflegekasse in Höhe von 2,35 Prozent abzuführen. Hat oder hatte er kein Kind, so sind es 2,6 Prozent. Denn die Einnahmen aus dem Minijob sind „Einnahmen zum Lebensunterhalt“.
Kündigung
Grundsätzlich können Arbeitgeber wie Teilzeitkräfte mit vierwöchiger Frist zum 15. oder zum Letzten eines Monats kündigen. Nach längerer Betriebszugehörigkeit verlängern sich die Kündigungsfristen, die vom Arbeitgeber einzuhalten sind, auf einen Monat (nach 2 Jahren), auf zwei Monate (5 Jahre), auf drei Monate (8 Jahre) bis auf sieben Monate (nach 20 Jahren). Für die Arbeitnehmer können dieselben, aber auch kürzere Fristen vereinbart werden. Nach Tarifvertrag können insgesamt andere Fristen gelten.
Kurzfristige Beschäftigung
Wer sonst nicht „berufsmäßig tätig“ ist, etwa Schüler, Hausfrauen und Rentner, der darf „kurzfristig“ arbeiten, ohne dass Sozialabgabenpflicht eintritt. Bedingung: Die Beschäftigung ist von vornherein auf höchstens drei Monate (oder 70 Arbeitstage) „im Laufe eines Jahres“ beschränkt. Auf die Höhe des Verdienstes kommt es dabei nicht an. Auch der Arbeitgeber braucht in diesen Fällen keine Beiträge zu berappen.
Lohnfortzahlungsanspruch
besteht bis zu sechs Wochen für dieselbe Krankheit (nicht in den ersten vier Wochen eines Arbeitsverhältnisses). Das gilt für jede neue Krankheit, die nicht zu einer anderen „hinzugetreten“ ist, erneut. In bestimmten Fällen darf der Arbeitgeber „Vorerkrankungen“ anrechnen – mit der Folge, dass er keine sechs Wochen Krankenlohn berappen muss. Die Krankenkasse der Beschäftigten gibt darüber Auskunft.
Mutterschaftsgeld
(einmalig 210 €) bekommen Minijobberinnen, die bis 450 Euro verdienen, vom Bundesversicherungsamt in Bonn. Das Antragsformular gibt’s beim Amt. Midi-Jobber haben Anspruch auf Mutterschaftsgeld von ihrer Krankenkasse in Höhe von 13 € pro Tag; die Differenz bis zum Nettoverdienst legt der Arbeitgeber zu. Der Anspruch besteht für sechs Wochen vor und acht Wochen (bei Mehrlings- oder Frühgeburten 12) Wochen nach der Entbindung.
Rentner
gehören zwar auch zu der Gruppe, die auf „450-Euro-Basis“ arbeiten können. Aber: Ein Verdienst oberhalb von 450 Euro im Monat ist rentenrechtlich nicht erlaubt – jedenfalls nicht ohne „Sanktion“, wenn eine vorzeitige Alters- oder eine Erwerbsminderungsrente bezogen wird. Zweimal im Jahr darf zwar bis zu 900 Euro im Monat vom Arbeitgeber überwiesen werden. Doch der Bezieher einer solchen vorzeitigen Rente, der davon ausgeht, dass er rentenunschädlich regelmäßig auch auf 850 Euro-Basis tätig sein darf, wird für den Mehrverdienst herb zur Kasse gebeten: Seine Rente sinkt um mindestens 1/3 oder 1/4 – je nach Art seiner Rente. Vom Beginn der „Regelaltersrente“ an (regelmäßig mit dem 65. Geburtstag erreicht, bei Rentenbeginn im Jahr 2015: nach 65 Jahren und 4 Monaten) sind Rentner frei in der Wahl ihrer Arbeitsverdienste; die Rente wird dadurch nicht mehr beeinträchtigt.
Sozialversicherung
Ein einziger 450-Euro-Job ist abzugsfrei. Der Arbeitgeber zahlt im Regelfall pauschal 13 Prozent für die Kranken- und 15 Prozent für die Rentenversicherung. Aber: Minijobber, die nach 2012 ihre Tätigkeit aufgenommen haben, sind rentenversicherungspflichtig mit der Differenz zum üblichen Beitrag von 18,7 Prozent, zahlen selbst also 3,7 Prozent ihres Verdienstes in die Rentenkasse ein. Sie haben aber das Recht, von der Versicherungspflicht befreit zu werden. – Im Privathaushalt sind vom Arbeitgeber je 5 Prozent an die Kranken- und Rentenversicherung zu zahlen. Hier wären von einem rentenversicherungspflichtigen Minijobber (18,7 minus 5 =) 13,7 Prozent zu zahlen. – Bei Midi-Jobbern fallen für den Arbeitgeber „normale“ Sozialversicherungsbeiträge an. Arbeitnehmerbeiträge sind zunächst (ab 451 Euro) niedriger – also subventioniert – und steigen bis zur „normalen“ Höhe (ab 850 Euro) an.
Steuern
450-Euro-Jobber können „ohne Steuerkarte“ arbeiten. Das trifft auf Studenten, Hausfrauen, Schüler und Rentner zu. Entgegen landläufiger Meinung sind die Firmen aber nicht verpflichtet, neben den pauschalen Beiträgen zur Kranken- und Rentenversicherung auch die pauschale Steuer zu übernehmen. Sie beträgt allerdings nur 2 Prozent vom Bruttoverdienst, so dass die Hemmschwelle für die Arbeitgeber, den Betrag zu übernehmen, ziemlich gering ist.
Entschließen sie sich dennoch nicht zur Steuerpauschalierung, so muss der Arbeitnehmer eine Steuerkarte vorlegen. Und das kann dann sogar sinnvoll sein, wenn auf dieser Karte die Klassen I, II, III oder IV eingetragen sind. Hier fällt bei einem 450 Euro-Job jeweils keine Steuer an – so dass der Arbeitgeber auch die 2-Prozent-Pauschale sparen könnte. In Steuerklasse V sind bei 450 Euro Monatslohn 40,08 Euro Lohnsteuern zu entrichten, in Steuerklasse VI sogar 52,16 Euro. – Midi-Jobber arbeiten stets „auf Steuerkarte“.
Streitfall
Mini- wie Midijobber sind Arbeitnehmer. Und das bedeutet: Haben Sie Probleme mit ihrem Arbeitgeber, so können sie sie – wenn’s „im Guten“ nicht geht – diese vor den Arbeitsgerichten austragen. Das gilt nicht nur für gewerblich tätige geringfügig Beschäftigte, sondern auch für solche in Privathaushalten
Unfallversicherung
Jeder Arbeitnehmer wird vom Arbeitgeber bei der Berufsgenossenschaft angemeldet, egal, ob voll- oder teilzeitbeschäftigt. Die Beiträge trägt die Firma allein. Bei einer 450-Euro-Beschäftigung im Privathaushalt wird der Beitrag zur Unfallversicherung unmittelbar von der Minijobzentrale in Bochum (bei der die dienstbaren Geister per „Haushaltsscheckverfahren“ anzumelden sind) eingezogen. – Midi-Jobber werden bei der jeweils zuständigen Berufsgenossenschaft beziehungsweise – bei einer Beschäftigung im Privathaushalt – bei der Landesunfallkasse oder dem Gemeindeunfallversicherungsverband des Bundeslandes angemeldet.
Urlaub
Auch den „450ern“ beziehungsweise „850ern“ steht bezahlter Erholungsurlaub für mindestens vier Wochen pro Jahr zu. Wer drei Tage pro Woche arbeitet, der bekommt mindestens (4 Wochen x 3 Tage =) zwölf Tage frei. Bei einer 5-Tage-Woche sind es 20 Tage. Je nach Alter, Betriebszugehörigkeit und Vertrag kann der Urlaub auch länger dauern – so wie er auch den Vollzeitkräften zusteht.
Urlaubs- und Weihnachtsgeld
können Teilzeitkräfte beanspruchen, wenn es im Arbeitsvertrag vereinbart wurde oder wenn die Vollbeschäftigten des Betriebes solche Einmalzahlungen erhalten (Gleichbehandlungsgrundsatz). Streng genommen haben Teilzeiter, die keiner Gewerkschaft angehören, keinen tariflichen Anspruch auf solche (tariflich vereinbarten) Sonderzahlungen. Doch machen die Arbeitgeber hier regelmäßig keinen Unterschied (um den Gewerkschafts-„Zulauf“ nicht zu forcieren). Wer den 450 Euro-Verdienstrahmen voll ausschöpft, der reduziert seine Arbeitszeit klugerweise so, dass im Jahr nicht mehr als 5.400 € (dem Zwölffachen von 450 €) herauskommen.
Und die Pflichten?
Die arbeitsvertraglichen Pflichten sind dieselben wie für vollbeschäftigte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Der Hauptunterschied: Minijobber arbeiten weniger als ihre vollbeschäftigten Kolleginnen und Kollegen – und verdienen daher entsprechend weniger.
- www.minijob-zentrale.de
Weiterführende Infos auf den Internetseiten der Minijob-Zentrale - doku.iab.de
IAB-Studie im Internet (PDF-Datei)