Altersvorsorge / 08.05.2015

Minijobber: Welche Extra-Leistungen vom Chef drin sind

Wenn ein Minijobber auf Dauer regulär auch nur einen Cent mehr verdient als 450 Euro, war's das mit dem Minijob. Was viele nicht wissen. Allerdings sind jede Menge Extra-Zahlungen möglich, ohne dass die 450-Euro-Grenze gesprengt wird. Außerdem: Oft lohnt sich ein sozialversicherter Job mehr.

Rentnerin jobbt in Gärtnerei. Bild: IMAGO / Panthermedia / leaf

Bei 450 Euro im Monat ist Schluss? Das sagen viele Arbeitgeber und sparen sich Zusatzzahlungen an die bei ihnen beschäftigten Jobber. Dabei haben diese oft einen Rechtsanspruch darauf. Und noch besser ist: Mit manchen Zusatzzahlungen wird die 450-Euro-Grenze noch nicht einmal gesprengt.

Ein typisches Beispiel: Astrid S. kellnert als Minijobberin – auch oft spät am Abend. Ihre sozialversichert beschäftigten Kollegen bekommen für die Stunden zwischen 22 und 1 Uhr eine Zulage von 20 Prozent. Diese Zulage ist gesetzlich nicht vorgeschrieben, sie wird aber von vielen Arbeitgebern gezahlt, weil die entsprechenden Beträge steuer- und sozialversicherungsfrei sind.

Wichtig ist nur: Ein Arbeitgeber muss sich schon entscheiden: Entweder zahlt er die Zulage allen Kellnern (oder anderen Beschäftigten) oder gar keinem. Dafür sorgt der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz, der bei geringfügig Beschäftigte oft vergessen wird. „So werden Minijobber häufig behandelt, rechtens ist das aber nicht“, sagt Michael Felser, Rechtsanwalt und Arbeitsrechtler aus Brühl bei Köln. „Denn Minijobber dürfen gegenüber ihren Kollegen im gleichen Betrieb nicht benachteiligt werden.“ Das bedeutet: „Wenn die anderen Arbeitnehmer Urlaubsgeld, Sonntags- oder Nachtarbeitszuschläge erhalten, muss es das auch für Minijobber geben.“

Nachtzuschläge ohne Folgen

Hinzu kommt: Der Chef von Astrid S. muss ihr nicht nur die Zuschläge zahlen, diese würden ihren Minijob zudem noch nicht einmal „kaputtmachen“. Zwar würde die Kellnerin monatlich mit den Zuschlägen 510 Euro erhalten – 60 Euro mehr als eigentlich für einen Minijob erlaubt sind. Doch Nachtarbeitszuschläge in dieser Höhe sind für sie sozialversicherungsfrei. Das bedeutet: Die sozialversicherungspflichtigen Einkünfte der Kellnerin würden sich weiterhin auf 450 Euro belaufen und der Job würde weiterhin als Minijob zählen.

Die Zuschläge zum Stundenlohn sind möglich für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit (kurz: SFN-Zuschläge). Sie sind steuer- und sozialversicherungsfrei, wenn folgende Regeln eingehalten werden:

  1. Der Grundlohn, auf den sich die Zuschläge beziehen, darf 25 Euro pro Stunde nicht übersteigen (für die Steuer gilt noch eine höhere 50-Euro-Grenze, diese kann hier jedoch außer Acht bleiben, da die Stundenlöhne von Minijobbern im Regelfall niedrig ausfallen).
  2. Darüber hinaus kommt es auf das Verhältnis von Stundenlohn und Zuschlag an. Die Zuschläge dürfen – gemessen am Stundenlohn – nicht unverhältnismäßig hoch sein.

Diese Regeln gelten für alle SFN-Zuschläge.

Speziell für Sonntagsarbeit gilt: Die Zuschläge dürfen nicht mehr als 50 Prozent des Grundlohns betragen. Bei einem Grundlohn von 10 Euro ist also ein Zuschlag von 5 Euro pro Stunde für die Sozialversicherung (und Steuer) „unschädlich“.

Speziell für Nachtarbeit gilt: In der Zeit von 20 bis 0 Uhr und von 4 bis 6 Uhr darf der Zuschlag 25 Prozent des Grundlohns nicht übersteigen. In der Zeit zwischen 0 und 4 Uhr darf der Zuschlag maximal 40 Prozent des Grundlohns betragen. Für die Arbeit an Sylvester, an Heiligabend und am zweiten Weichnachtsfeiertag gelten noch großzügigere Regeln.

Wenn es um die Durchsetzung von Zuschlägen geht, kann es Arbeitnehmern helfen, wenn Sie auf eine „offizielle Quelle“ verweisen können. Diese findet sich in den so genannten Geringfügigkeits-Richtlinien der Spitzenverbände der Sozialversicherung vom 12. November 2014 unter Punkt 2.2.1.5. Das Werk stellt ausführlich das Versicherungs- und Beitragsrecht sowie das Meldeverfahren für geringfügige Beschäftigungen dar. (Den Link finden Sie im Ende dieses Textes.) 

Entgeltumwandlung für Altersversorgung auch sozialversicherungsfrei

Minijobber können wegen ihres niedrigen Einkommens kaum fürs Alter vorsorgen und auch in der gesetzlichen Rentenversicherung erwerben sie nur niedrige Ansprüche. Zugleich würden manche Arbeitgeber sie gern flexibler einsetzen – über die 450-Euro-Grenze hinaus.

Hier bietet sich das Instrument der Entgeltumwandlung an: Ein Teil der erzielten Bruttoeinkünfte wird per Entgeltumwandlung in die betriebliche Altersvorsorge (meist in so genannte Direktversicherungen) eingezahlt. Die für die Altersvorsorge genutzten Teile des Bruttolohns sind – wenn die Regeln eingehalten werden – weder steuer- noch sozialversicherungspflichtig. 

Wie das funktioniert, steht in Beispiel 14 der Geringfügigkeitsrichtlinien:
„Eine Bürohilfe vereinbart mit dem Arbeitgeber, dass der Arbeitgeber den Bruttoentgeltanspruch in Höhe von 560 Euro ab Beschäftigungsbeginn im Juni um 120 Euro mindert und in diesem Umfang eine Versorgungszusage zu Gunsten einer betrieblichen Altersversorgung abgibt. Die Bürohilfe ist geringfügig entlohnt beschäftigt, weil das Arbeitsentgelt von 440 Euro (560 ./. 120) nach der Entgeltumwandlung 450 Euro nicht übersteigt. Es besteht Versicherungsfreiheit in der Kranken- und Arbeitslosenversicherung sowie keine Versicherungspflicht in der Pflegeversicherung. In der Rentenversicherung liegt Versicherungspflicht vor, von der sich der Arbeitnehmer auf Antrag befreien lassen kann. Der Arbeitgeber hat Pauschalbeiträge zur Krankenversicherung und gemeinsam mit dem Arbeitnehmer Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung zu zahlen.“

Die Entgeltumwandlung ist allerdings nur innerhalb gewisser Grenzen sozialversicherungsfrei, die jedoch relativ großzügig sind. Sozialversicherungsfrei sind umgewandelte Entgeltbestandteile bis zur Höhe von maximal vier Prozent der aktuell geltenden Beitragsbemessungsgrenze (West) der gesetzlichen Rentenversicherung. Diese liegt derzeit (2015) bei monatlich 6.050 Euro. 4 Prozent davon sind 242 Euro. Bis zu diesem Höchstbetrag ist auch für Minijobber eine Entgeltumwandlung möglich.

Sozialversicherter Job aber oft besser

Warum viele Arbeitnehmer, aber auch Arbeitgeber so auf die 450-Euro-Grenze schielen, ist in vielen Fällen ohnehin nicht verständlich. Denn ein Job mit höheren Einkünften ist für Arbeitgeber weit billiger als ein Minijob. Bei einem Minijob fallen für den Arbeitgeber Abgaben in Höhe von mehr als 30 Prozent an. Bei einem „normalen“ Job sind es nur rund 20 Prozent.

Und Arbeitnehmer haben bei sozialversicherungspflichtigen monatlichen Einkünften ab 451 Euro Anspruch auf die normalen Leistungen der Sozialversicherungen, also beispielsweise auf Arbeitslosengeld, Krankengeld, eine Reha-Maßnahme oder das Mutterschaftsgeld der Krankenkasse. All das gibt es bei einem Minijob nicht. Also: Warum fragen Sie nicht Ihren Arbeitgeber einfach, ob für Sie nicht mehr als ein Minijob drin ist? 

Weitere Informationen:

  • www.minijob-zentrale.de
    Mehr zu den Geringfügigkeitsrichtlinien auf den Internetseiten der Minijob-Zentrale (PDF-Datei)
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Autor

Rolf Winkel