
Berlin/Frankfurt (sth). Beziehern einer gesetzlichen Erwerbsminderungsrente (EM-Rente) gelingt nur sehr selten später nochmals eine Rückkehr ins Berufsleben. Von den chronisch Kranken und Unfallopfern, die erstmals im Jahr 2011 eine Rente gezahlt bekamen, schaffte laut den Ergebnissen einer Langzeitstudie der Deutschen Rentenversicherung (DRV) nur etwa ein Prozent einen beruflichen Wiedereinstieg. Auch unter den EM-Rentnerinnen und -Rentnern, die zunächst nur eine zeitlich befristete Rente bewilligt bekamen – das betrifft etwa die Hälfte aller neuen EM-Rentenbezieher –, habe der Rückkehrer-Anteil nur bei etwa zwei Prozent gelegen. Angesichts der „so niedrigen” Quote von beruflichen Wiedereinsteigern stelle sich die Frage, „ob das Instrument der Zeitrente sein Ziel erreicht oder ob es zu reformieren ist”, so die Studie.
Ende 2020 bezog der DRV-Analyse zufolge die Mehrheit der EM-Rentnerinnen und -Rentner, die knapp zehn Jahre zuvor ihre erste Rente erhalten hatten, „entweder weiterhin eine Versichertenrente oder war zwischenzeitlich verstorben”. Unter dem Begriff „Versichertenrenten” fasst die DRV die gesetzlichen Alters- und EM-Renten zusammen. Der Anteil der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten ohne Minijobber und ohne Arbeitnehmer, die neben dem Bezug einer Rente noch arbeiteten, habe demnach für erstmals im Jahr 2011 EM-Rentenbeziehende Ende 2014 bei rund 0,6 Prozent und weitere drei sowie fünf Jahre später jeweils bei rund 1,0 Prozent gelegen.
Viele Zeitrenten für psychisch Erkrankte
Der Anteil der zeitlich befristeten EM-Renten – sogenannte Zeitrenten – sei vor allem bei psychischen Diagnosen hoch, schreiben die DRV-Statistikexperten Sascha Drahs, Tino Krickl und Edgar Kruse. Dagegen würden bei den meisten anderen Krankheiten „häufiger Dauerrenten bewilligt”. Darüber hinaus seien diejenigen, die wegen einer chronischen Krankheit oder eines Unfalls zunächst eine Zeitrente erhalten, „jünger als die Empfänger von Dauerrenten”, stellten die Rentenexperten fest. So würden in den Altersgruppen unter 50 Jahren "über 70 Prozent der Erwerbsminderungsrenten als Zeitrenten" bewilligt. Und: Frauen erhielten mit etwa 58 Prozent „deutlich häufiger eine befristete Erwerbsminderungsrente als Männer”, heißt es in der Studie.
Die Frage, ob EM-Renten angesichts der niedrigen Wiedereingliederungszahlen und des Verwaltungsaufwands für Zeitrenten-Anträge künftig sofort unbefristet gezahlt werden sollten, ist nach Ansicht der DRV-Expertinnen und -Experten nicht eindeutig zu beantworten. So müsse „in Betracht gezogen werden, welchen Einfluss der (drohende) Rentenwegfall der Zeitrenten hat”. Eine genauere Datenanalyse habe etwa gezeigt, dass es vor allem in den ersten drei Jahren nach Rentenbeginn zu einem deutlichen Anstieg des Anteils der Berufsrückkehrer gekommen sei. Dennoch sei „die Schlussfolgerung gerechtfertigt, dass die wiederholte Befristung von Erwerbsminderungsrenten keinen nennenswerten Effekt auf die Reaktivierungsquote hat”, schreiben die DRV-Statistiker.