Gesundheit / 25.02.2016

Neu bei der GKV: Übergangspflege nach Klinikaufenthalt

Immer wieder brauchen Patienten nach einem Krankenhausaufenthalt für einige Wochen Pflege. Aber wer kommt dafür auf? Die neuen Regeln zur sogenannten Übergangspflege im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung schaffen Abhilfe.

Eine Frau spricht mit einem Mann im Rollstuhl. Bildnachweis: wdv © Lauer. Jan

Und das hat sich jetzt geändert?

Ja. Für diese Fälle gibt es nun ein ganz neues Leistungspaket der GKV. Die Betroffenen haben jetzt ein Recht auf Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung. Die Leistungen, auf die die Betroffenen Anspruch haben, sind dabei weitgehend identisch mit denen der Pflegeversicherung. Es gibt also beispielsweise Hilfe bei der Körperpflege, bei der Nahrungsaufnahme, beim Aufstehen, Anziehen, Toilettengang und so weiter. 

Gab es das bislang nicht auch schon?

Nur in ganz eingeschränktem Maße, dann nämlich, wenn die Betroffenen auf medizinische „Behandlungspflege“ angewiesen waren, also auf einen Verbandswechsel oder auf Injektionen. Pflege haben gesetzliche Krankenkassen bislang nur im Paket – zusammen mit der Behandlungspflege - finanziert. Das ist nun anders.

„Kostenübernahme Kurzzeitpflege – bitte helfen.“ Solche Anfragen häuften sich in den letzten Jahren in Internet-Foren. Diese kommt von einer verzweifelten Tochter. Der Fall, den sie schildert, ist typisch: Ihre Mutter hat eine chronische Lungenerkrankung und liegt mit einer akuten Lungenentzündung im Krankenhaus. In einigen Tagen wird sie aus der Klinik entlassen. Eine Reha-Maßnahme kommt derzeit für sie – aut Krankenhausarzt – nicht in Frage. Auch nach der Entlassung wird sie aber erst einmal weiter Pflege und Versorgung benötigen. Doch wer finanziert das? 

Wie lange besteht der Anspruch auf Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung?

In der Regel für maximal vier Wochen. In Ausnahmefällen ist das auch länger möglich. 

Ist denn dafür nicht die Pflegeversicherung zuständig?

Nein. Die Pflegeversicherung bietet zwar für solche Fälle „eigentlich“ die passende Leistung: Nämlich die sogenannte Kurzzeitpflege, die meist in Pflegeheimen geleistet wird. Der Haken dabei ist jedoch: Diese Leistung gibt es nur für anerkannte Pflegebedürftige. Und das setzt voraus, dass man voraussichtlich für mindestens sechs Monate pflegebedürftig ist. Zwei, drei oder vier Wochen Pflege in einer stationären Einrichtung oder zu Hause finanziert die Pflegeversicherung nicht, falls keine dauerhafte Pflegebedürftigkeit vorliegt. Und die gesetzliche Krankenversicherung ist hier bislang auch nicht eingesprungen. 

Kann nun – etwa nach einem Krankenhausaufenthalt – auch eine Haushaltshilfe finanziert werden?

Ja. Auch das ist bis zu vier Wochen möglich. Das regelt Paragraf 38 Absatz 1 des Sozialgesetzbuches (SGB) V. Wenn im Haushalt ein Kind unter zwölf Jahren oder ein behindertes Kind lebt, gilt der Leistungsanspruch für maximal 26 Wochen. 

Und wenn die Versorgung zu Hause nicht sichergestellt werden kann?

Dann haben die Betroffenen einen Anspruch auf Kurzzeitpflege in einer stationären Einrichtung – etwa in einem Pflegeheim. 

Aber das ist doch eine Leistung der Pflegeversicherung?

Ja. In diesem Fall kann die Krankenkasse eine Leistung nach den Regeln der Pflegeversicherung finanzieren. Der Anspruch gilt für maximal acht Wochen. Übernommen werden dabei Pflegekosten von bis zu 1.612 Euro. Geregelt ist dies im neuen Paragrafen 39c SGB V („Kurzzeitpflege bei fehlender Pflegebedürftigkeit“). Die Leistung können Pflegeheime oder anerkannte Kurzzeitpflegeeinrichtungen erbringen. 

Wer hat Anspruch auf diese neuen Leistungen?

Voraussetzung für alle neuen Leistungen ist, dass eine „schwere Krankheit“ oder eine akute „Verschlimmerung einer Krankheit“ vorlegt. Der Anspruch gilt "insbesondere nach einem Krankenhausaufenthalt, nach einer ambulanten Operation oder nach einer ambulanten Krankenhausbehandlung". Doch auch andere Fallkonstellationen sind durch diese Formulierung nicht ausgeschlossen. In der Gesetzesbegründung wird zum Beispiel ausdrücklich der Fall erwähnt, dass die neuen Leistungen der Übergangspflege auch nach einer ambulant vorgenommenen Chemotherapie in Frage kommen. Überwiegend betrifft die Übergangspflege aber wohl frisch operierte Krankenhauspatienten.

Die Krankenhäuser entlassen ja häufig recht schnell - können die Leistungen denn so schnell genehmigt und organisiert werden?

Das dürfte das größte Problem sein. Knackpunkt bei allen Neuregelungen ist, dass hier jeweils schnelle Entscheidungen notwendig sind. Sonst laufen die neuen Leistungsansprüche ins Leere. In der Praxis kommt deshalb bei der Antragstellung und Organisation der neuen Leistungen den Sozialdiensten der Krankenhäuser eine zentrale Rolle zu. Wer etwa befürchtet, nach einer Operation auch zu Hause noch weitere Hilfe zu benötigen, sollte sich am besten schon vor der OP an den Sozialdienst wenden. Auch die Pflegeberatungsstellen können hier helfen. In jedem Fall sollte man sich schnell an seine Krankenversicherung wenden und dort klar machen, dass man Hilfe benötigt. 

Was können Versicherte tun, wenn dann doch nach der Entlassung aus der Klinik noch keine Hilfen genehmigt sind?

In jedem Fall sollte man zunächst der Krankenkasse gegenüber die Dringlichkeit der Hilfen klar machen. Wenn die Kasse Anträge auf die neuen Leistungen nicht zeitnah bearbeitet, können Versicherte unter Umständen die entsprechenden Leistungen selbst organisieren und finanziell in Vorleistung treten. Später kann gegebenenfalls eine Kostenerstattung durch die Krankenkasse verlangt werden. Nach Paragraf 13 Absatz 3 SGB V haben Versicherte einen Anspruch auf Kostenerstattung, wenn „die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte“.

Das setzt allerdings in jedem Fall voraus, dass die benötigte Leistung (etwa eine Kurzzeitpflege) zunächst überhaupt beantragt wurde (was kein formales Antragsverfahren voraussetzt) und tatsächlich die Voraussetzungen dafür bestanden haben. Es muss also tatsächlich eine „schwere Erkrankung“ vorgelegen haben. Zudem wird die Krankenkasse bei einem Antrag auf Kurzzeitpflege prüfen, ob nicht Leistungen der häuslichen Krankenpflege ausgereichen, um die Pflege des Versicherten zu sichern.

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Autor

Rolf Winkel