Gesundheit / 04.04.2022

Post-Covid: Bei längerer Erschöpfung Reha beantragen

Wer an den Langzeitfolgen von Covid leidet, kann schlimmstenfalls dauerhaft seine Arbeitskraft verlieren. Eine Reha kann verhindern, dass es so weit kommt.

Reha-Patient auf einem Crosstrainer. Bild: IMAGO / YAY Images / Dragos Condrea

Inhalt

Wann eine Reha bei Covid in Frage kommt

Ein Reha eignet sich natürlich zunächst für Menschen, die einen schweren Covid-Verlauf hatten, die beispielsweise langzeitbeatmet wurden und das Glück hatten, die Krankheit zu überleben. In diesen Fällen wird in der Regel über das Krankenhaus eine Anschlussheilbehandlung (AHB) eingeleitet. Dass hier eine Reha angezeigt ist, ist meist völlig klar.

Weniger offensichtlich ist das häufig bei Post-Covid, also bei Langzeitfolgen der Corona-Erkrankung, die auch nach mildem Verlauf häufig eintreten. „Da handelt es sich meist um chronische Erschöpfungs- und Ermüdungszustände“, erklärt Professor Dr. Volker Köllner, ärztlicher Direktor des Reha-Zentrums Seehof der Deutschen Rentenversicherung Bund in Teltow. „Eine Reha kann helfen, wenn man zum Beispiel schon über mehrere Wochen krankgeschrieben ist und merkt, ich traue mir das Zurück in den Beruf nicht zu, ich fühle mich immer noch so schnell erschöpft, ich habe Konzentrationsstörungen, ich bin so schnell ermüdet“.

„Erholungspotenzial nach sechs bis acht Wochen ausgeschöpft“

„Wenn man so schnell ermüdet, denkt man vielleicht, ich bleibe jetzt noch zwei Wochen zu Hause und erhole mich, aber unsere Erfahrung zeigt: Das Potenzial von Erholung ist nach sechs bis acht Wochen ausgeschöpft. Das wird danach nicht besser“, so Köllner. „Und alles was wirkt, hat auch Nebenwirkungen. Wenn wir eben zu lange in Erholung bleiben, dann wird die Distanz zur Arbeit größer und wir kommen aus dem Training, körperlich, aber auch geistig. Wenn man sich nur in der Horizontalen aufhält, dann schwächt man das Herz-Kreislauf-System und es entsteht eine Abwärtsspirale.“ Eine Reha kann auch durch individuell angepasstes Training dabei helfen, diese Abwärtsspirale zu durchbrechen.

Die häufigsten Symptome bei Long-Covid

Auf Funktionsstörungen kommt es an

Wenn es um die Reha-Notwendigkeit geht, ist „die Funktionsstörung wichtiger als die Diagnose“, erklärt Katja Braubach von der Deutschen Rentenversicherung Bund. „Reha-Bedarf im Sinne besteht dann, wenn die Erwerbsfähigkeit von Versicherten aus medizinischen Gründen erheblich gefährdet oder gemindert ist. Dabei ist es egal, aufgrund welcher Krankheit eine Funktionsstörung auftritt.“ Beispiele für solche Funktionsstörungen seien Luftnot beim Treppensteigen, Sprachstörungen oder Konzentrationsschwäche – alles Beeinträchtigungen, die bei Long-Covid auftreten.

Köllner sieht bei manchen Ärzten durchaus Informationslücken. „Auch wenn ich mit befreundeten Kollegen rede, stelle ich öfter fest, dass diese gar nicht wissen, dass das Fatigue-Syndrom bei Long-Covid eine Reha-Indikation ist.“ Oft werde lange gezögert, bevor der Reha-Antrag gestellt werde. Die Deutsche Rentenversicherung „appelliert daher an Ärzte und Ärztinnen, erwerbsfähige Patienten mit Post-Covid-Beschwerden zu motivieren, einen Reha-Antrag bei der Rentenversicherung zu stellen“.

So sieht die Reha bei Post-Covid aus

Die Reha bei Post-Covid dauert unterschiedlich lange, im brandenburgischen Seehof fünf Wochen. In dieser Zeit werden ganz gezielt die individuellen körperlichen und psychischen Funktionseinschränkungen der einzelnen Patienten therapiert.

Der Behandlungsplan umfasst, je nach Bedarf

  • Atemtherapie,
  • Bewegungstherapie (Ausdauer-, Kraft- oder Koordinationstraining),
  • Physiotherapie,
  • Kreativ- und Ergotherapie,
  • Psychotherapie und kognitives Training.

Letzteres ist wichtig, weil etwa ein Drittel der Betroffenen unter sehr beeinträchtigenden Konzentrations- und Gedächtnisstörungen leiden.

Welche Ergebnisse liefert die Post-Covid-Reha?

Repräsentative Ergebnisse hierzu liegen bisher noch nicht vor. In Seehof sieht man folgenden Trend: „Etwa die Hälfte unserer Patienten ist nach der Reha wieder in dem früheren Umfang arbeitsfähig oder wird von uns in die „stufenweise Wiedereingliederung“ entlassen. Sie arbeiten zunächst also beispielsweise einige Wochen lang mit einer halben Arbeitszeit, um dann ihre Arbeitszeit wieder auf das alte Niveau aufzustocken. Fast genauso viele sind nach der Entlassung aus der Reha noch nicht direkt arbeitsfähig, sie benötigen eine Nachsorge, aber auch bei ihnen besteht die Perspektive der Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit. Und In einzelnen Fällen geht die Prognose in Richtung Erwerbsunfähigkeit und Erwerbsminderungsrente.“

Antrag auf Post-Covid-Reha stellen

Bei Arbeitnehmern ist die Deutsche Rentenversicherung für die Reha zuständig. Hierfür ist keine ärztliche Verordnung notwendig. Es ist aber sinnvoll, dem Antrag einen Befundbericht der behandelnden Ärztin beziehungsweise des Arztes beizulegen. Wichtig: Es geht nicht um medizinische Parameter und detaillierte Diagnosen, sondern um Ihre funktionellen Beeinträchtigungen.

Ärztinnen und Ärzte verwenden dafür den bundeseinheitlichen Befundbericht für die Deutsche Rentenversicherung (Formular S0051).

Den Antrag stellen Versicherte mit dem Formular G0100.

Voraussetzungen für die Reha

Eine Reha kommt für Sie in Frage, wenn

  • Ihre Arbeitsfähigkeit („Erwerbsfähigkeit“) gefährdet oder gemindert ist,
  • Sie in der Lage sind, an einer Reha teilzunehmen und
  • eine positive Prognose besteht, also wahrscheinlich ist, dass Ihre Erwerbsfähigkeit durch die Reha wiederhergestellt oder stabilisiert wird.

Darüber hinaus müssen Sie eine Mindestversicherungszeit erreicht haben. Je nach Reha-Leistung können dies fünf oder 15 Jahre sein. Erfüllen Sie diese Voraussetzung nicht, so genügt es, wenn Sie in den vergangenen zwei Jahren vor der Antragsstellung mindestens in sechs Kalendermonaten Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung gezahlt haben.

Lebensunterhalt während der Reha

Soweit Ihr Anspruch hierauf noch nicht aufgebraucht ist, haben Sie zunächst Anspruch auf die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall durch Ihren Arbeitgeber. Bei Post-Covid ist diese Zeitspanne oft überschritten. In diesem Fall zahlt Ihnen die Deutsche Rentenversicherung während der Reha in der Regel ein Übergangsgeld. Dieses beträgt für Versicherte ohne Kinder 68 Prozent des letzten Nettoarbeitsentgelts, mit einem Kind mit Kindergeldanspruch sind es 75 Prozent. Waren Sie unmittelbar vor der Rehabilitationsleistung arbeitslos, erhalten Sie – unter bestimmten Voraussetzungen – Übergangsgeld in Höhe des zuvor gezahlten Arbeitslosengeldes.

Kontakt zur Deutschen Rentenversicherung

Weitere Auskünfte erteilt die Deutsche Rentenversicherung unter der kostenlosen Servicetelefon-Nummer 0800 1000 4800 oder im Internet unter www.deutsche-rentenversicherung.de.

Tipp: Expertenforum nutzen

Haben Sie Fragen zum Thema Rente oder Reha? Nutzen Sie unser Expertenforum! Hier erhalten Sie Antworten von erfahrenen Expertinnen und Experten der Regionalträger der Deutschen Rentenversicherung (DRV) und der DRV Knappschaft-Bahn-See.


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Autor

Rolf Winkel