Gesundheit / 26.04.2021

Reha nach Corona: So hilft sie Akut- und Long Covid-Patienten

Eine Infektion mit dem Corona-Virus kann zu schweren Spätfolgen führen. Eine Rehabilitation kann Betroffenen helfen.

Reha nach Corona: So hilft sie Akut- und Long Covid-Patienten. – Krankenschwester setzt Patientin eine Sauerstoffmaske auf.

Inhalt

Viele Menschen überstehen eine Infektion mit dem Corona-Virus ohne gesundheitliche Beeinträchtigungen. Andere kommen auch noch Wochen oder Monate später schwer auf die Beine und klagen über anhaltende Symptome. Sie hatten häufig einen schweren Krankheitsverlauf und mussten im Krankenhaus behandelt werden. Aber auch Menschen, deren Corona-Infektion mild verlaufen ist, können sich Monate nach der Infektion plötzlich erschöpft und müde fühlen.

Corona-Patienten lassen sich je nach Krankheitsverlauf in drei Gruppen einteilen:

Covid-Patienten mit leichtem Verlauf und grippe-ähnlichen Symptomen

Diese Patienten haben keinen Therapiebedarf in der Reha.

Covid-Patienten mit schwerem, lebensbedrohlichen Akutverlauf

Sie haben mit Lungenversagen oder Multiorganversagen oft lange auf der Intensivstation im Krankenhaus gelegen. Nach der Krankenhausentlassung kämpfen sie vor allem mit einer verminderten Leistungsfähigkeit und Atemproblemen.

Covid-Patienten mit Spätfolgen

Dabei handelt es sich um Patienten mit moderaten oder mittelschweren Verläufen, die gar nicht oder nur wenige Tage im Krankenhaus waren und dann vermeintlich als genesen gelten. Circa ein bis vier Monate geht es ihnen recht gut, danach kommt es zum sogenannten Rebound-Effekt: sie werden plötzlich wieder krank. Sie leiden an den Spätfolgen einer Corona-Infektion, dem sogenannten Long Covid-Syndrom beziehungsweise Post Covid-Syndrom.

Long Covid: Was sind die Spätfolgen einer Corona-Erkrankung?

Dem Robert Koch-Institut zufolge gibt es aufgrund der Neuartigkeit der Erkrankung allerdings noch keine einheitliche Definition für Long Covid. Ebenso nicht zu den Symptomen oder dem Verlauf. Anhaltspunkte zu Symptomen finden sich aber mittlerweile in vielen Studien.

So berichtet ein Großteil der Betroffenen von einer langanhaltenden Müdigkeit und Erschöpfung (Fatigue), die plötzlich mehrere Wochen nach der Infektion aufgetreten ist.

Weitere Symptome von Long Covid sind:

  • Leistungsminderung
  • Kurzatmigkeit
  • Muskel- und Gelenkschmerzen
  • Herzrasen
  • Blutdruckentgleisungen
  • massiver Haarausfall
  • Gedächtnis- und Wortfindungsstörungen

Ein Großteil der Long Covid-Patienten ist zwischen 20 und 50 Jahren alt. Die meisten von ihnen sind ohne Vorerkrankungen. Viele haben nach der Infektion auch den Weg wieder in ihren Alltag geschafft. Das plötzliche Auftreten von Symptomen wie Abgeschlagenheit oder Kurzatmigkeit reißt sie dann aus ihrem Leben wieder raus. Teilweise sogar so stark, dass sie nicht mehr oder nur noch vermindert arbeiten oder ihr Tagesgeschäft gestalten können.

Wann kommt eine Reha nach Covid infrage?

„Ist durch die Corona-Erkrankung die Erwerbsfähigkeit gefährdet, dann haben Rentenversicherte Anspruch auf Reha-Leistungen der Deutschen Rentenversicherung“, sagt Burkhard Ausel von der Deutsche Rentenversicherung Westfalen. Das gilt sowohl für Akutpatienten als auch für Menschen mit Long Covid. „Eine Anschlussrehabilitation (AHB) oder medizinische Rehabilitation kann ihnen dann dabei helfen, wieder zu Kräften zu kommen und Schritt für Schritt ins Berufs- und Alltagsleben zurück zu finden.“

Bei einer Anschlussrehabilitation kümmert sich der Sozialdienst des Krankenhauses um die Antragstellung beim zuständigen Rentenversicherungsträger und vereinbart einen Aufnahmetermin mit der Reha-Klinik. So kann der Patient möglichst im direkten Anschluss an die Krankenhausbehandlung die Anschlussrehabilitation beginnen.

Voraussetzungen für die Anschlussrehabilitation

Für die Aufnahme in einer Reha-Klinik müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Zwei negative Covid-19-Abstriche
  • Der Patient ist stabil und kann aus dem Krankenhaus entlassen werden
  • Der Patient muss in der Lage sein, sich selbst zu versorgen

Patienten mit einem Post Covid-Syndrom müssen sich hingegen selbst um eine Reha kümmern. „In diesem Fall wenden sich Betroffene mit ihrem Antrag für eine medizinische Rehabilitation direkt an den zuständigen Kostenträger“, so Burkhard Ausel. Dem Antrag muss noch der Befundbericht des behandelten Arztes beigelegt werden.

Stimmt die Rentenversicherung dem Antrag zu, teilt sie dem Antragsteller mit, in welcher Rehaklinik die Behandlung stattfinden wird. Das kann zum Beispiel eine Rehabilitationsklinik sein, die der Rentenversicherer selbst betreibt. In Bezug auf Corona sind das dann vordergründig Kliniken, die auf Atemwegserkrankungen spezialisiert sind und entsprechend Behandlungsprogramme anbieten.

Hilfe für Menschen mit Long Covid-Symptomen

Die Deutsche Rentenversicherung betreibt eine Reihe von Reha-Kliniken, die besondere Behandlungskonzepte für Corona-Patienten anbieten. Dazu zählen zum Beispiel die Klinik Teutoburger Wald in Bad Rothenfelde, das Rehazentrum Oberharz in Clausthal-Zellerfeld, das Reha-Zentrum Utersum auf Föhr, die Reha-Klinik Sonnenblick in Marburg sowie das Reha-Zentrum Borkum.

Weitere Reha-Kliniken und Hilfsangebote finden Sie auf folgenden Seiten:

Weitere Informationen erhalten Sie von der Deutschen Rentenversicherung unter der kostenlosen Servicenummer 0800 1000 4800 und unter www.deutsche-rentenversicherung.de

 

 


So läuft die Reha-Behandlung ab

In Deutschland gibt es mittlerweile einige Reha-Kliniken, die sich auf die Rehabilitierung von Patienten spezialisiert haben, die an langanhaltenden Symptomen einer Corona-Erkrankung leiden. Eine davon ist die Median Klinik Heiligendamm an der Ostsee. Dort wurden seit Beginn der Pandemie über 500 Corona-Patienten behandelt.

Eine Corona-Rehabilitation dauert in der Regel drei bis fünf Wochen. Die Behandlung richtet sich nach Art der Erkrankung und den jeweiligen Symptomen. Die Patienten werden bei der Aufnahme eingehend befragt und sorgfältig untersucht. Im Anschluss wird eine individuelle Therapie erstellt, die auch fachübergreifend sein kann und an die körperliche Leistungsfähigkeit der Patienten angepasst ist. „Es ist ein sehr vielfältiges, aber auch sehr individuelles Programm, dass aus vielen verschiedenen Modulen besteht und für jeden Patienten angepasst wird“, so Dr. Jördis Frommhold, Chefärztin der Abteilung Atemwegserkrankungen.

Je nachdem welche Beschwerden bei dem Patienten im Vordergrund stehen, wird dann an der Leistungsfähigkeit, Atmung, Erschöpfung oder an neurologischen Einschränkungen gearbeitet. Therapiemöglichkeiten sind unter anderem

  • Atemmuskeltraining
  • Kraft- und Ausdauertraining
  • Physiotherapie
  • Ergotherapie
  • Psychotherapie

Dabei ist auch viel Fingerspitzengefühl gefragt, um die Patienten nicht zu überfordern. „Das gilt besonders für Patienten mit Fatigue. Da fließen schon mal die Tränen, wenn sie an ihre Grenzen geraten, weil der Körper nicht mehr das leisten kann, was er früher konnte“, erklärt Frommhold.

Ein wichtiger Baustein in Heiligendamm sind deshalb auch psychologische Einzeltherapien und Gesprächsgruppen, in denen sich die Patienten untereinander austauschen können. Laut Frommhold würden sich viele Patienten in der Reha überhaupt das erste Mal ernst genommen fühlen. Die psychologische Betreuung spiele deshalb bei der Krankheitsbewältigung eine wichtige Rolle – ebenso, um Fragen zur Zukunftsfähigkeit zu klären oder Ängste beziehungsweise Traumata zu bewältigen, die Erkrankte durch Ausgrenzung oder Mobbing erfahren haben.

Therapieerfolg abhängig vom Krankheitszustand

Wie wirksam die Therapie ist und wie gut die Patienten von der Reha profitieren, wird in der Median-Klinik derzeit erforscht. Mit einer Studie begleiten die Mediziner den Genesungsverlauf der Patienten während der Reha. „Akutpatienten schätzen ihre subjektive Leistungsfähigkeit nach dem Krankenhausaufenthalt zwischen zwei und vier ein“, so Frommhold. Die Reha verlassen sie dann mit einer Einschätzung zwischen sieben und acht. „Das ist ein toller subjektiver Zugewinn und eine Leistungssteigerung von 60 Prozent, den wir hier mit einer Reha erreichen können.“

Bei Patienten mit Long Covid gibt es hingegen kein so deutliches Ergebnis, vor allem wenn deren Symptome zu Reha-Beginn bereits stark chronifiziert waren. Das Reha-Ziel für Long Covid-Patienten ist deshalb, sie zu stabilisieren und mit Nachsorge-Angeboten auf die Zeit nach der Reha vorzubereiten. So soll vermieden werden, dass es beim Schritt zurück in den Alltag oder in den Beruf gleich wieder zur Überforderung kommt.

Um mehr Erkenntnisse über die langfristige Wirksamkeit der Therapie zu erlangen, werden die Akut- und Long Covid-Patienten auch in den zwölf Monaten nach der Reha mit der Studie weiter begleitet. Dabei sollen sozialmedizinische Faktoren zur Arbeitsfähigkeit oder Psyche erhoben werden, zu denen es bisher weltweit noch keine Studien gibt.

Medizinische Reha: Wo beantragen?

Beantragen Sie die medizinische Reha direkt bei ihrem zuständigen Kostenträger.

Daneben können noch weitere Kostenträger infrage kommen, zum Beispiel die Bundesagentur für Arbeit. Bei Nichtzuständigkeit wird Ihr Antrag an die zuständige Stelle weitergeleitet. Weitere Informationen finden Sie im Beitrag Reha beantragen.  


Autor

Antje Fischer