
Berlin (sth). Die gesetzliche Rentenversicherung muss für pflichtversicherte Arbeitnehmer und Selbstständige "das mit Abstand wichtigste" System für die eigene Alterssicherung bleiben. Nach langjähriger Mitgliedschaft müsse die Leistung im Alter zudem einen "hinreichenden Abstand zu steuerfinanzierten Fürsorgeleistungen" haben, um die Akzeptanz eines obligatorischen Alterssicherungssystems "nicht zu gefährden". Mit diesen zentralen Forderungen ist die Deutsche Rentenversicherung in die kürzlich begonnenen Gespräche der Regierungskommission "Verlässlicher Generationenvertrag" gestartet, wie aus einer jetzt von der Kommission veröffentlichten Stellungnahme hervorgeht (siehe auch Link unten).
Allen gesetzlich rentenversicherten Beschäftigten und Unternehmern müsse darüber hinaus der Aufbau einer kapitalgedeckten Zusatzvorsorge ermöglicht werden, fordert die Rentenversicherung. Mit Blick auf die gesetzlich vorgesehene Alterssicherung durch drei "Säulen" – gesetzliche, betriebliche und private Vorsorge – machen die Rentenversicherer deutlich, dass sie mit dem bisherigen Ergebnis beim Ausbau der kapitalgedeckten Zusatzvosorge nicht zufrieden sind. Die staatlich geförderten Altersvorsorgemodelle wie Riester-Rente und Entgeltumwandlung müssten daraufhin überprüft werden, "ob und in welchem Umfang die damit verbundenen Zielsetzungen realisiert werden", heißt es.
Allen Versicherten muss Zusatzvorsorge möglich sein
Zudem müsse sichergestellt sein, dass allen Rentenversicherten eine Zusatzvorsorge "für das Alter und den Invaliditätsfall zu akzeptablen Konditionen möglich" sei, heißt es in der Stellungnahme. Nach Angaben des jüngsten Alterssicherungsberichts der Bundesregierung hatten Ende 2015 etwa 57 Prozent der Beschäftigten in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst Anspruch auf eine betriebliche Altersvorsorge, 34 Prozent hatten einen Riester-Vertrag abgeschlossen. Aufgrund von teilweise doppelter Absicherung können demnach aber insgesamt nur etwa 70 Prozent der Beschäftigten im Alter neben der Rente weitere Einkünfte erwarten.
Armut dürfe auch in Zukunft weder im Alter noch bei Erwerbsminderung ein "nennenswertes gesellschaftliches Problem" darstellen, fordern die 16 gesetzlichen Rentenversicherer. Dabei könne die Vermeidung von Altersarmut jedoch "nicht als alleinige oder vorrangige systemimmanente Aufgabe der gesetzlichen Rentenversicherung angesehen werden". Vielmehr sei das Problem Altersarmut "im Gesamtkontext" des Alterssicherungssystems zu lösen. Eine wesentliche Voraussetzung zum Erreichen dieses Ziels sei, dass "alle Formen von Erwerbsarbeit obligatorisch in Alterssicherungssysteme einbezogen werden", so die Rentenversicherung. Sie greift damit erneut eine seit Langem bestehende Kernforderung auf. Die Bundesregierungen des letzten Jahrzehnts hatten sich in dieser Frage aber nicht einigen können.
Aufgabe der Rentenkommission
Bis zum Frühjahr 2020 soll die aus insgesamt zwölf Fachleuten bestehende Rentenkommission "Wege zu einer nachhaltigen Sicherung und Fortentwicklung der Alterssicherungssysteme ab dem Jahr 2025" aufzeigen, wie es im Regierungsauftrag heißt. Vorsitzende sind die beiden Groko-Sozialexperten Karl Schiewerling (CDU) und Gabriele Lösekrug-Möller (SPD), darüber hinaus gehören die Rentenexperten der Sozialpartner sowie Wissenschaftler und Mitglieder der Regierungsparteien dem Gremium an.
Die Kommission soll vor allem Vorschläge für dauerhafte "Haltelinien" bei der Höhe des Rentenbeitrags und des Renteniveaus erarbeiten. Derzeit ist gesetzlich festgelegt, dass der Rentenbeitrag bis 2030 nicht über 22 Prozent steigt und das Rentenniveau für Durchschnittsverdiener mit 45 Beitragsjahren nicht unter 43 Prozent sinkt. Aktuell liegt das Rentenniveau bei 48,1 Prozent, der Rentenbeitrag bei 18,6 Prozent. Nach dem Willen der Bundesregierung soll das Rentenniveau bis 2025 bei mindestens 48 Prozent stabilisiert werden und der Rentenbeitrag nicht über 20 Prozent steigen.
www.verlaesslicher-generationenvertrag.de
Link zur Stellungnahme der Deutschen Rentenversicherung zur ersten Sitzung der Regierungskommission "Verlässlicher Generationenvertrag" (im pdf-Format)
Link zu einem Interview der "Frankfurter Rundschau" mit dem Rentenexperten Tim Köhler-Rama zu den Aufgaben der Rentenkommission