Soziales / 12.12.2013

Resturlaub retten, ansparen, übertragen

Resturlaub lässt sich auf einem Langzeitkonto ansparen. Chronisch Kranke profitieren von Sonderregeln und alle anderen müssen jetzt Entscheidungen treffen.

Kanutour – Bildnachweis: wdv © Lauer, Jan

Nicht wenigen Arbeitnehmern stehen auch Anfang Dezember noch einige Tage oder Wochen Resturlaub zu. Sonderregeln gibt es für Langzeitkranke. Es besteht die Gefahr, dass diese Ansprüche verfallen. Was können Betroffene tun?

Die Gesetzeslage ist (ziemlich) eindeutig. „Der Urlaub muss im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden“, bestimmt das Bundesurlaubsgesetz. Der Grund dafür: Der Urlaub soll der Wiederherstellung und Erhaltung der Arbeitskraft dienen – darum sollen die Urlaubstage auch im jeweiligen Arbeitsjahr genommen werden. Eine Übertragung auf das kommende Jahr ist nach dem Gesetz nur in Ausnahmefällen möglich. Statthaft ist dies nur „wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen“. Das gilt etwa dann, wenn Arbeitnehmer krankheitsbedingt keinen Urlaub nehmen konnten. Das Gleiche trifft zu, wenn ein für Dezember 2013 beantragter Urlaub wegen eines plötzlich eingehenden Auftrags nicht bewilligt wurde.

Doch auch in diesen Fällen gilt: Am 31. März 2014 ist das Ende der Fahnenstange erreicht. Wenn der Urlaub ausnahmsweise auf das folgende Kalenderjahr übertragen wird, muss er nämlich „in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahrs gewährt und genommen werden“, heißt es im Bundesurlaubsgesetz. 

Einvernehmliche Übertragung möglich

Auch wenn keine zwingenden Gründe vorliegen, können Arbeitgeber und Arbeitnehmer allerdings eine Übertragung des Urlaubs auf das Folgejahr und einen Zeitraum nach dem 31. März 2014 regeln. Doch das sollte immer schriftlich vereinbart und vom Arbeitgeber per Unterschrift bestätigt werden. Können Arbeitnehmer eine Übertragung des Urlaubs nicht nachweisen, haben sie im Streitfall das Nachsehen. Das entschied das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz bereits 2004 (Aktenzeichen: 5 Sa 209/04). Auch wenn der Chef aus dringenden betrieblichen Gründen nicht will, dass der Urlaub noch im Dezember oder bis Ende März des kommenden Jahres genommen wird, ist seine schriftliche Zusicherung zur Übertragung des Urlaubs auf einen späteren Termin wichtig. Das zeigen zahlreiche Streitfälle dazu. 

Resturlaub auf Lebensarbeitszeitkonten „ansparen“

In vielen Betrieben können Resturlaubsansprüche auch in Lebensarbeitszeitkonten beziehungsweise Langzeitkonten eingebracht werden und später für längere Auszeiten mit Lohnfortzahlung oder eine zeitweise Verkürzung der Arbeitszeit ohne Einkommensverlust genutzt werden.

Die Einrichtung eines solchen Kontos können Arbeitnehmer auch individuell mit ihrem Chef vereinbaren. Einfacher ist es aber natürlich, wenn es hierzu – wie in der Chemieindustrie – einen Tarifvertrag gibt. Nach dem Demografie-Tarifvertrag der IG BCE können auf Langzeit- bzw. Lebensarbeitszeitkonten „über den gesetzlichen Urlaubsanspruch hinausgehende(n) Urlaubsansprüche“ eingebracht werden. Der gesetzliche Mindesturlaub umfasst 24 Werktage (alle Wochentage außer Sonntag), das entspricht vier Arbeitswochen. Die meisten Arbeitnehmer haben jedoch Anspruch auf einen sechswöchigen Urlaub. Zwei Urlaubswochen können damit auf einem betrieblichen Langzeitkonto angespart werden.

Entsprechende Regelungen sind in eine Reihe von Betriebsvereinbarungen aufgenommen worden – etwa bei der AlzChem AG mit Sitz im bayrischen Trostberg: Bei dem Chemieunternehmen können Arbeitnehmer bis zu zehn Urlaubstage pro Jahr sowie bis zu zehn Tage Altersfreizeit auf dem Lebensarbeitszeitkonto „ansparen“. Das gilt auch noch für Resturlaub aus dem Jahr 2013, wie der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende bei der AlzChem AG Otto Wolf erklärt. Möglich sei die Übertragung nach der in dem Unternehmen geltenden Betriebsvereinbarung bis Ende Januar 2014. Die nicht genutzten und in Geld umgerechneten Urlaubsansprüche verbucht der Arbeitgeber auf dem Lebensarbeitszeitkonto. Für diesen Teil der Bezüge fallen dann zunächst auch noch keine Steuern und Sozialversicherungsbeiträge an. Diese müssen erst später in der „Entnahmephase“ gezahlt werden. Genutzt werden kann das Guthaben vor allem, um sich später vorzeitig aus dem Arbeitsleben zu verabschieden.

Eine ähnliche Regelung gibt es bei Lanxess, Hier können bis zu acht Tage Resturlaub, die über den tariflichen Mindesturlaub hinausgehen, in das betriebliche Langzeitkonto eingebracht werden. Werden diese acht Urlaubstage nicht genommen, so werden sie automatisch in das Langzeitkonto überführt – gehen also letztlich nicht verloren.

So wie bei der Alzchm AG und bei Lanxess ist in vielen Unternehmen per Betriebsvereinbarung geregelt, wie mit Resturlaubsansprüchen verfahren wird. Auch die Regelungen zu Lebensarbeitszeitkonten unterscheiden sich von Betrieb zu Betrieb. Was im jeweiligen Unternehmen gilt, kann man in aller Regel beim Betriebsrat erfahren.

Folgendes Beispiel zeigt, was das „Ansparen“ von Urlaubstagen bringen kann: Nehmen wir an, Sie bringen fünf Jahre lang acht Urlaubstage (bzw. den „Geldwert“ von acht Urlaubstagen) in Ihr Langzeitkonto an. Wenn Sie diese Ersparnisse im sechsten Jahr nutzen möchten (das muss natürlich mit dem Arbeitgeber abgestimmt werden), können Sie im sechsten Jahr – wenn Sie den „normalen“ Urlaubsanspruch hinzunehmen – bereits ein viermonatiges Sabbatical mit voller Lohnfortzahlung finanzieren. 

Resturlaub kann nur selten abgegolten werden

Das Bundesurlaubsgesetz bestimmt: Urlaub ist für die Erholung da. Er muss – wie die Juristen sagen – grundsätzlich „in natura“, also in freien Tagen genommen und soll nicht finanziell abgegolten werden. Das gilt auch bei der Einbringung von Urlaubsteilen in Langzeitkonten. Eine Ausnahme von dieser Regel gibt es nur dann, wenn der Urlaub „wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden“ kann. Dann muss der Urlaub abgegolten, also ausgezahlt werden. Wenn der betroffene Arbeitnehmer allerdings noch keine neue Stelle hat und arbeitslos wird, bringt ihm die Auszahlung verbliebener Urlaubstage kaum etwas. Das Geld für den nicht genommenen Urlaub kassiert dann nämlich – indirekt jedenfalls – zum großen Teil die Arbeitsagentur. Denn das Arbeitslosengeld I ruht so lange, wie dem Betroffenen – rechtlich gesehen – noch Urlaub zustünde. 

Für Langzeitkranke gilt 15-monatige Verfallsfrist

Für Arbeitnehmer, die längere Zeit durchgehend erkrankt sind und deshalb ihren Urlaub gar nicht bis Ende März des Folgejahres nehmen können, gelten Sonderregeln. Bei ihnen verfallen Urlaubsansprüche nicht spätestens drei Monate nach dem Urlaubsjahr, sondern „15 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres“ – also ein Jahr nach dem regulären Verfallsdatum. Das hat das Bundesarbeitsgericht am 7. August 2012 befunden (Az.: 9 AZR 353/10).

Die 15-monatige-Verfallsfrist für die Urlaubsansprüche von Langzeiterkranken gilt nach dem Urteil des BAG nur für den gesetzlichen Mindesturlaub von 24 Werktagen (dies entspricht vier Wochen), aber nicht für darüber hinausgehende tarifliche Urlaubsansprüche. Die meisten Arbeitnehmer haben einen tariflichen Anspruch von sechs Wochen. Bei einer längeren Erkrankung verfallen dann die beiden Urlaubswochen, die über den Mindestanspruch hinausgehen, bereits drei Monate (und nicht 15 Monate) nach dem Ende des vorgesehenen Urlaubsjahres.

Für Schwerbehinderte ist wichtig: Den Sonderurlaub von fünf Arbeitstagen, der ihnen pro Kalenderjahr zusteht, können sie bei einen längeren Erkrankung noch bis zu 15 Monate nach dem Ende des eigentlichen Urlaubsjahres geltend machen. 

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Autor

Rolf Winkel