Altersvorsorge / 24.04.2023

Was bei der Altersvorsorge viel Geld kosten kann

Etwas für die Altersvorsorge zu tun, fällt vielen Menschen schwer. Wie es leichter geht und sich fünf häufige Irrtümer vermeiden lassen.

Junges Paar prüft Unterlagen – Bildnachweis: wdv © J.Lauer

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Die meisten Menschen wissen längst: Die gesetzliche Rente allein wird für ein finanziell sorgenfreies Leben im Ruhestand nicht reichen. Trotzdem können sie sich nicht aufraffen, mehr fürs Alter vorzusorgen. Das liegt auch an weit verbreiteten Irrtümern beim Thema Altersvorsorge. Fünf häufige Irrtümer – und wie es wirklich ist.

Irrtum 1: Altersvorsorge ist nur etwas für Experten

„Ich habe keine Ahnung davon, wie ich Geld fürs Alter zurücklegen kann, also lasse ich es gleich sein".

Viele Menschen trauen sich nicht mit ihrer eigenen zusätzliche Altersvorsorge anzufangen, auch weil sie das Gefühl haben, zu wenig Ahnung davon zu haben. Also lassen sie lieber die Finger davon. Nur: Um zum Beispiel jeden Monat 100 Euro für die zusätzliche Altersvorsorge zurückzulegen, müssen Sie keine Geldexpertin oder ein Mathe-Genie sein. Sie können das auch, ohne fünf Anlage-Ratgeber gelesen zu haben oder täglich die Börsenkurse zu verfolgen. Sie sollten sich aber darüber im Klaren werden, was Sie möglicherweise davon abhält, einfach mal anzufangen und wie Sie mögliche Hemmschwellen leichter überwinden können.

Wer stetig etwas für ein schönes finanzielles Polster im Ruhestand tun will, sollte Zeit und Geduld mitbringen. Menschen tun sich aber grundsätzlich schwer damit, langfristig wirksame Entscheidungen zu treffen. Das liegt, so sehen es Ökonomen, die sich mit dem menschlichen Faktor in finanziellen Entscheidungssituationen befassen, nicht zuletzt an unserem Erbe aus der Steinzeit. Demnach verhalten sich Menschen immer noch so, als ob sie Jäger seien, die im täglichen Überlebenskampf auf die schnelle Beute angewiesen sind.

Für die Altersvorsorge und Geldanlage heißt das: Auch Sparerinnen und Sparer streben nach dem schnellen Gewinn, dem sofortigen Nutzen und schieben gerne Entscheidungen für die Zukunft wie den Vermögensaufbau fürs Alter auf. Ihr Argument: Ist ja erst in 20, 30, 40 Jahren, also noch weit weg. Wenn Sie sich dieses Problems bewusst sind, werden Sie sich leichter tun, überhaupt mal loszulegen.

Wer Geld zum Beispiel für den Ruhestand anlegen will, sollte ein klares Ziel haben. „Ich will irgendwann mal 100.000 Euro auf dem Konto haben“ oder allgemein „für die Altersvorsorge sparen“, wirkt wenig motivierend. Im Gegenteil: Solche unkonkreten oder zu großen Pläne können Sorgen auslösen oder ein Gefühl von Resignation („Das schaff‘ ich nie!“). Die Stiftung Warentest rät deshalb, abstrakte Zahlen mit Leben zu füllen, also das Ziel möglichst konkret zu benennen, sich vorzustellen, wie es genau aussehen könnte, egal ob es um die neue Einbauküche, ein Elektroauto, die Weltreise oder die Zusatzrente im Rentenalter geht. Wer ein schönes Bild vor Augen hat, kann Durststrecken besser durchstehen.

Irrtum 2: Altersvorsorge lohnt eh nicht

„Von meinem Verdienst bleibt so wenig übrig, dass es sich sowieso nicht lohnt, etwas für die Altersvorsorge zurückzulegen.“

Auch beim monatlichen Sparen gilt der Spruch: „Kleinvieh macht auch Mist“. Deshalb lieber klein anfangen, als gar nichts tun! Das gilt gerade für Geringverdiener, die jeden Euro umdrehen müssen. Sie können bei vielen Banken bereits mit 25 Euro im Monat regelmäßig in Investmentfonds beziehungsweise in die kostengünstigen Exchange Traded Funds (ETF) investieren. Bei einigen neuen Anbietern, den sogenannten Neobrokern, geht dies auch mit geringeren Beiträgen, schon ab einem Euro im Monat. Dass sich monatliches Sparen durchaus lohnen kann, zeigen zwei Beispiele:

  • Sie legen 25 Jahre jeden Monat 25 Euro in einen Fonds mit einer Rendite von durchschnittlich jährlich drei Prozent an, dann haben Sie am Ende inclusive Zins- und Zinseszins immerhin rund 11.116 Euro zusammengespart.
  • Sie sparen 35 Jahre jeden Monat 50 Euro in einen aktienbasierten ETF ein, der die Kursentwicklung des Weltindex MSCI World widerspiegelt. Wenn die Rendite sich auf fünf Prozent im jährlichen Durchschnitt beläuft, kämen dabei schon rund 55.660 Euro heraus.

Fondssparplan: Bequem sparen für die Altersvorsorge

Altersvorsorge mit dem MSCI World

Irrtum 3: Ich muss alles aus eigener Tasche zahlen

„Bei der zusätzlichen Altersvorsorge hilft mir sowieso so keiner, dann fange ich erst gar nicht an.“

Das ist ebenfalls ein Trugschluss, weil jeder Geringverdiener Zuschüsse abgreifen kann, bei der betrieblichen Altersvorsorge, bei den Vermögenswirksamen Leistungen (VL), bei der Riester-Rente. So lässt sich auch mit wenig Geld fürs Alter vorsorgen.

Betriebliche Altersvorsorge mit Zuschuss vom Arbeitgeber

Alle Arbeitnehmer können von ihrem Arbeitgeber verlangen, einen Teil ihres Bruttogehalts oder des Weihnachts- und Urlaubsgelds in eine Pensionskasse, einen Pensionsfonds oder in eine Direktversicherung zu stecken und dabei Sozialabgaben und Steuern zu sparen (Entgeltumwandlung). Seit 2019 gibt es dafür Zuschüsse. Arbeitnehmer, die Gehalt in eine spätere Betriebsrente umwandeln, müssen von ihrem Arbeitgeber einen Zuschuss von mindestens 15 Prozent erhalten, sofern dieser genauso wie der Arbeitnehmer Sozialabgaben spart.

Der Nachteil bei dieser Zusatzvorsorge: Nutzer der Entgeltumwandlung zahlen weniger in die Rentenkasse ein und erwerben damit auch weniger Rentenansprüche. Damit sich diese Form der betrieblichen Altersvorsorge unterm Strich wirklich lohnt, sollte der Arbeitgeber daher mindestens 20 Prozent, noch besser 30 Prozent dazugeben.

Vermögenswirksame Leistungen: Extra-Geld vom Staat

Auch hier gibt es Zuschüsse, bestenfalls sogar in doppelter Form. In Deutschland haben 20 Millionen Arbeitnehmer Anspruch auf VL. Bis zu 40 Euro pro Monat können sie vom Arbeitgeber als VL erhalten. Oben drauf gibt es vom Staat die sogenannte Arbeitnehmersparzulage von bis zu 80 Euro im Jahr, sofern das zu versteuernde Jahreseinkommen 20.000 Euro (Alleinstehende) beziehungsweise 40.000 Euro (Verheiratete) nicht überschreitet.

Fragen Sie einfach mal im Personalbüro, beim Chef, beim Betriebs- oder Personalrat nach, ob Ihr Arbeitgeber einen Zuschuss zu den VL zahlt. Meist ist dieser Zuschuss geringer als die 40 Euro im Monat, den Rest können Sie aus eigener Tasche aufstocken, Sie müssen aber nicht.

Riester-Rente: Kinderreiche Familien profitieren besonders

Für diese Form der privaten Altersvorsorge sind die staatlichen Zulagen besonders üppig. Die Grundzulage für Erwachsene beträgt jährlich 175 Euro. Obendrauf gibt es für Kinder, die von 2008 an geboren sind, 300 Euro im Jahr. Für ältere Kinder sind es 185 Euro.

Wer bei Abschluss eines Vertrags noch keine 25 Jahre alt ist, kann sich zusätzlich über einen einmaligen Berufseinsteiger-Bonus von 200 Euro freuen.

Der Mindesteigenbeitrag für Geringverdiener beläuft sich aber auf gerade einmal fünf Euro im Monat. Riester-Sparer mit Kindern und geringem Einkommen können so über die Jahre Zuschüsse von mehr als 10.000 Euro uvom Staat bekommen.

Übrigens können auch Mini-Jobber von den Zuschüssen bei der Riester-Rente profitieren, sofern sie eigene Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen.

Unabhängige Altersvorsorge-Beratung

Die Deutsche Rentenversicherung berät Sie zu Ihren Fragen der Altersvorsorge – kostenlos und vollkommen unabhängig. Was Sie dazu mitbringen müssen, erklärt Jacqueline Müller von der Deutschen Rentenversicherung Hessen.

Irrtum 4: Es ist eh zu spät

„Ich bin zu alt, für mich lohnt es sich nicht mehr, Geld für die Altersvorsorge zurückzulegen.”

Klar, wer mit 62 anfängt, kann nicht mehr viel erreichen. Aber wer genug Geld hat, um auch größere Beträge zusammenzulegen, kann sich auch in fünf oder zehn Jahren ein hübsches Vermögen zusammensparen. Beispiele:

  • Sie legen fünf Jahre jeden Monat 500 Euro an, bei einem Zinssatz von drei Prozent, das macht am Ende: 32.372 Euro.
  • 300 Euro bei einem Zinssatz von vier Prozent ergeben nach zehn Jahren immerhin 44.158 Euro.

Allerdings neigen viele Menschen dazu, über den richtigen Startzeitpunkt zu grübeln. Nichts tun, kann aber viel Geld kosten. Das liegt am häufig unterschätzten Zinseszinseffekt und am Faktor Zeit: Eine 40-Jährige legt zum Beispiel 25 Jahre lang jeden Monat 200 Euro in einem Aktienfonds an, der durchschnittlich pro Jahr um fünf Prozent an Wert gewinnt. Mit 65 Jahren kommt sie so auf knapp 118 .000 Euro. Hätte sie als 35-Jährige angefangen zu sparen, kämen dagegen fast 164 .000 Euro zusammen.

Das Beispiel zeigt: Wer früh anfängt, kann umso mehr vom Zinseszinseffekt profitieren. Läuft es gut, vermehrt sich das Geld schneller, weil jeder Ertrag wiederangelegt wird und zusätzliche Erträge generiert, die wieder das Sparkapital vergrößern.

 

Irrtum 5: Es reicht doch auch so

„Ich brauche im Rentenalter nicht so viel Geld. Ich komme schon klar.”

In den meisten Fällen trifft das nicht zu, weil viele Menschen ihr Alterseinkommen überschätzen und ihre Ausgaben im Ruhestand unterschätzen. Zwar fallen dann Sozialabgaben, etwa für die Renten- oder Arbeitslosenversicherung oder Beiträge für die Lebensversicherung weg. Aber es ist gut möglich, dass neue Ausgaben (Gesundheitskosten, Pflegedienste, Mieterhöhungen) hinzukommen.

Die Stiftung Warentest hält es für geboten. 80 Prozent des Nettogehalts im Ruhestand zur Verfügung zu haben. Sie sollten deshalb Ihr voraussichtliches Alterseinkommen prüfen und dabei auch die Inflation und die Steuern berücksichtigen. Eine mögliche Vorsorgelücke seriös auszurechnen, ist ohne Rechenprogramme aber praktisch unmöglich. Die Stiftung Warentest stellt deshalb unter www.test.de/finanzbedarf verschiedene Rechner kostenlos zur Verfügung. Hier können Sie ermitteln, wie groß Ihre Vorsorgelücke ausfallen könnte, wie sich die Inflation auf die Kaufkraft im Ruhestand auswirkt, wie viel Sie sparen müssen, um Ihre Lücke zu schließen.

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Autor

Thomas Öchsner