Altersvorsorge / 15.08.2022

Altersvorsorge mit dem MSCI World

Immer mehr Sparer stecken mit ETFs monatlich Geld in den Börsenindex MSCI World, auch für die Altersvorsorge. Doch der „Weltindex“ ist keine Rund-um-Sorglos-Anlage.

Buchstaben ETF Exchange Traded Fund in weiß auf transparenter Oberfläche, im Hintergrund zeigt Frau mit Stift darauf. Bild: IMAGO / agefotostock / Wrightstudio

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Vor ein paar Jahren noch wusste kaum einer etwas damit anzufangen: Welcher Privatanleger kannte schon den MSCI World? Inzwischen gilt der Aktienindex als Standard-Börsenbarometer, empfohlen von Verbraucherschützern genauso wie von unabhängigen Anlageexperten.

Viele Menschen legen Monat für Monat 50, 100 Euro oder mehr über börsennotierte Indexfonds, bekannt als ETFs, in den MSCI-World an, um sich langfristig ein kleines Vermögen zum Beispiel fürs Rentenalter anzusparen. Wenn Sie das bereits tun oder vielleicht vorhaben, hilft es zu wissen, was in dem MSCI World wirklich drinsteckt.

Was für den MSCI World spricht

Millionen Anleger nicht nur in Deutschland haben den Aktienindex MSCI World für sich entdeckt. Die Gründe für den Siegeszug des Börsenbarometers liegen auf der Hand: Eine Anlage in den MSCI World bringt mehrere Vorteile mit sich:

  • Sie setzen nicht auf einzelne Aktien, was immer riskant und für die Altersvorsorge völlig ungeeignet ist, weil Sie von der Geschäftsentwicklung, vom Wohl und Wehe eines einzigen Unternehmens abhängig sind.
  • Sie investieren in einen großen Aktienindex, der die Kursentwicklung von fast 1600 Unternehmen aus 23 Industrieländern widerspiegelt. Dadurch ist Ihr Risiko auf verschiedene Firmen, Branchen und Länder verteilt.
  • Sie müssen nicht mühevoll nach einzelnen Aktien suchen oder gar vermeintlich guten Aktientipps nachjagen. Vielmehr können Sie ganz leicht mit Exchange Traded Funds (ETF), bequem, einfach und kostengünstig in den MSCI World investieren.
  • Sie können ruhig schlafen, auch wenn es einmal einer Branche nicht so gut geht oder es bei einer Aktie einen Kursrutsch gibt, weil davon ja nur ein kleiner oder winziger Teil Ihres Gesamtpakets betroffen ist.

Wo das Problem beim MSCI World liegt

Der Name führt in die Irre: Die Bezeichnung MSCI World legt die Vermutung nahe, es handele sich um einen Weltindex – und oft wird der MSCI World auch als solcher bezeichnet. Streng genommen ist das Börsenbarometer aber kein Weltindex, weil Aktien von großen Schwellenländern wie China, Brasilien oder Indien in dem Index nicht aufgenommen wurden.

Tatsächlich ist das Börsenbarometer sehr USA-lastig. Wer 1000 Euro in einen ETF anlegt, der dem MSCI World folgt, steckt fast 700 Euro in Aktien von US-Unternehmen.

Der US-Anteil ist zuletzt stark gewachsen, weil die Aktienkurse vieler global erfolgreicher US-Unternehmen wie Apple oder Microsoft, Netflix, Tesla oder die Google-Mutter Alphabet in den vergangenen Jahren stark gestiegen sind und so ihr Gewicht im Index immer größer wurde.

Nun kann man zwar einwenden, dass diese US-Konzerne einen Großteil ihres Umsatzes im Ausland erwirtschaften. Das ändert aber nichts daran, dass der US-Anteil im MSCI World viel größer ist als die weitweite Wirtschaftsleistung der US-Unternehmen. Experten sprechen deshalb von einem „Klumpenrisiko“: Wenn Sie auf den Weltindex setzen, sollte Ihnen bewusst sein, dass dies letztlich auch eine Wette auf den weiteren Erfolg der US-Unternehmen ist.

Viele Technologie-Konzerne im MSCI World

Je größer der Wert eines Unternehmens an der Börse ist, desto schwerer wird sein Gewicht innerhalb des MSCI World. Beispiel Apple: Die Aktien des amerikanischen Technologiekonzerns sind an der Börse mittlerweile fast drei Billionen Dollar wert, der Apple-Anteil am MSCI World lag deshalb mit Stand 30. Juni bei über 4,5 Prozent. Nimmt man alle Technologiewerte zusammen, nehmen diese bereits mehr als ein Fünftel des MSCI World ein. Der Tech-Sektor ist somit innerhalb des Börsenbarometers übergewichtet.

Das erhöht Ihr Risiko, zumal es keine Garantie gibt, dass die Kurse der Tech-Aktien, die jahrelang gut gelaufen sind, langfristig weiter anziehen.

Welche Rendite der MSCI World bislang gebracht hat

Der Erfolg spricht für sich – das gilt auch für den MSCI World. Wer in den vergangenen Jahrzehnten in den Index anlegte, kommt auf Renditen von jährlich gut acht Prozent im Jahr. Der Index schnitt damit zum Beispiel deutlich besser als der Deutsche Aktienindex (Dax) ab, der die Kursentwicklung der 40 wichtigsten deutschen Börsenunternehmen widerspiegelt und vor allem alte Industrieunternehmen präsentiert. Das zeigt, wie sich langfristig ausgerichtete Fondssparpläne für Sie lohnen können.

Wie es mit Verlusten aussieht

Sparer sollten wissen, dass „Verlustphasen länger dauern können, als es den meisten bewusst ist“. Darauf machen zum Beispiel die Experten der Fondsplattform Envestor aufmerksam. Den Kurssturz nach dem Ausbruch der Corona-Pandemie konnte der MSCI World bereits nach etwas mehr als sechs Monaten wieder ausgleichen, obwohl er in dieser kurzen Zeit um mehr als 30 Prozent abstürzte.

Mehr Geduld hätten Sie Anfang des neuen Jahrtausends in der New-Economy-Krise gebraucht, als auch der „Neue Markt“ für Internet- und Technologiewerte in Deutschland zusammenbrach. Der MSCI World verlor in dieser Phase vorübergehend fast 50 Prozent. Bis Ende Februar 2006 dauerte es, erst dann waren die Aktienkurse wieder auf dem Stand vom März 2000, als die Krise begann.

Wenn Sie über ETFs in den MSCI World investieren wollen, sollten Sie deshalb Geduld und Zeit mitbringen, ohne in Krisenphasen die Nerven zu verlieren und Gefahr zu laufen, die eigenen Fondsanteile mit Verlusten zu verkaufen.

Welche Alternativen es zum MSCI World gibt

Der Indexanbieter MSCI hat Indizes im Programm, die einem echten Weltindex zumindest etwas näherkommen. Am bekanntesten ist der MSCI World ACWI, dem sich ebenfalls leicht über verschiedene ETFs folgen lässt. Die vier Buchstaben ACWI stehen für All Country World Index, also Alle-Länder-Index.

In diesem Börsenbarometer stecken neben den Aktien von Unternehmen aus 23 Industrienationen auch Werte aus 26 Schwellenländern, wie Indien, China, Brasilien oder Argentinien. Der Ableger MSCI World ACWI ist deshalb etwas breiter aufgestellt als der MSCI World.

Die Schwellenländer nehmen aber nur einen Anteil von gut einem Zehntel ein, so dass es weiter ein Übergewicht von US-Aktien mit einem Anteil von etwa 60 Prozent gibt. Ist Ihnen der US-Anteil damit immer zu hoch ist, können Sie sich ein eigenes breiter diversifiziertes ETF-Portfolio bauen, das verschiedenen Indizes aus den USA, Japan, Europa und den Schwellenländern folgt.

Was bei den nachhaltigen Varianten zu beachten ist

Vom MSCI World gibt es auch nachhaltige Ableger, denen Sie mit ETFs folgen können. In der Regel finden Sie in den Namen der ETFs Abkürzungen wie ESG, SRI oder Namenszusätze wie Sustainability, Enhanced oder Socially Responsible, die für einen bestimmten Auswahlprozess stehen.

Die Variante ESG Screened schließt nicht ganz 100 Firmen aus. Viel strenger ist die SRI-Variante: Von den rund 1600 Aktien bleiben hier bei den meisten ETFs weniger als 400 übrig. Apple, beim klassischen MSCI World das Unternehmen mit dem größten Anteil, ist in diesen ETFs oft gar nicht vertreten, weil der I-Phone-Konzern wegen teilweise fragwürdiger Arbeitsbedingungen in seiner Lieferkette in die Kritik geraten ist.

Was Verbraucherschützer empfehlen

Die Stiftung Warentest rät Anlegern seit Jahren, sich ein Pantoffel-Depot aufzubauen. Das besteht aus einem Sicherheitsbaustein, derzeit Tages- und Festgeld, und einem Wertpapierdepot mit Aktien-ETF. Die Stiftung untersucht dafür regelmäßig in Frage kommende ETFs. Die besten werden als „1. Wahl“ bezeichnet.

Stiftung Warentest: Fonds und ETFs im Vergleich

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Autor

Thomas Öchsner