
Bad Homburg/Düsseldorf (kjs/HHU). Klinische Arztbriefe zur Krankenhausentlassung sind häufig unstrukturiert, fehlerhaft und werden von den weiterbehandelnden Hausärzten als missverständlich erlebt. Dies hat eine Studie zur Qualität von Arztbriefen ergeben, die vom Lehrstuhl für Germanistische Sprachwissenschaft der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (HHU) in Zusammenarbeit mit deutschen Hausärzteverbänden durchgeführt wurde. 197 Hausärzte wurden darin zu den häufigsten Problemen in Arztbriefen befragt.
Vermeidung von Missverständnissen wichtig
Die Studie offenbart, dass einheitliche Standards fehlen, mit denen Missverständnisse vermieden werden können. Es mangelt bislang allerdings auch an systematischen Untersuchungen sowohl zur Lese- als auch zur Schreibpraxis deutscher Ärzte.
Ein Viertel der Hausärzte liest nicht selten mehr als zehn klinische Entlassungsbriefe pro Tag. Im Mittel sind es drei bis zehn Briefe, die täglich gelesen werden müssen. Das entspricht einer täglichen Lesedauer von bis zu 60 Minuten. Auf Seiten der Klinikärzte ist der Aufwand noch höher. Hier werden täglich bis zu drei Stunden mit dem Verfassen der Arztbriefe verbracht.
Probleme durch nicht erklärte Abkürzungen
Missverständliche Formulierungen in Arztbriefen bringen die Allgemeinmediziner „regelmäßig zur Verzweiflung“, so der Leiter der Studie, Dr. Sascha Bechmann. Vor allem fachinterne Ausdrücke und unbekannte oder doppeldeutige Abkürzungen bieten unerwünschten Spielraum für Interpretationen.
Vor allem sind nicht erklärte Abkürzungen problematisch. 34 Prozent der Befragten gaben an, dass unbekannte Abkürzungen häufig oder sehr häufig in Arztbriefen vorkommen. Nur 1,5 Prozent der Hausärzte mussten sich noch nicht damit auseinandersetzen.
Ziel ist die sichere Weiterbehandlung
Der klinische Entlassungsbrief soll in erster Linie die verlustfreie und eindeutige Übermittlung therapierelevanter Informationen an den Hausarzt gewährleisten. Diese Informationen ermöglichen eine angemessene und sichere Weiterbehandlung des Patienten.
Missverständliche und unvollständige Arztbriefe sind eher die Regel als die Ausnahme. 99 Prozent der Befragten gaben an, dass die Qualität der Arztbriefe verbesserungswürdig sei. Nur 3,6 Prozent der befragten Hausärzte waren laut Studie bislang noch nicht mit missverständlichen Arztbriefen konfrontiert worden.
Fehlende Verständlichkeit wird kritisiert
Nahezu alle Hausärzte gaben an, Arztbriefe in manchen Fällen nicht auf Anhieb zu verstehen. Für Hausärzte, die für die Weiterbehandlung auf unmissverständliche und eindeutige Patienteninformationen angewiesen sind, ist dieser Zustand nicht nur ärgerlich, sondern er kann auch schwerwiegende Folgen für die Behandlung des Patienten nach sich ziehen. So waren 88 Prozent der Befragten der Meinung, dass unverständliche oder fehlerhafte Arztbriefe zu Behandlungsfehlern führen können.
Schlechter Sprachstil und Fehler
Insgesamt deuten die Ergebnisse der Studie darauf hin, dass die Qualität der klinischen Entlassungsbriefe stark verbesserungswürdig ist. Entscheidend sind dabei strukturelle und inhaltliche Standards, die bislang fehlen. Weniger entscheidend für das Verständnis sind Textlänge und formale Kriterien. Insbesondere vage Formulierungen sowie lange und komplizierte Sätze wurden als zentrale Quellen für Verständnisprobleme genannt.
Zudem ergab die Befragung, dass viele Arztbriefe durch schlechten Sprachstil und Rechtschreib- bzw. Grammatikfehler auffallen. Auch Floskeln und Wiederholungen sowie logische Fehler und fehlende Informationen wurden häufig von den Hausärzten bemängelt.
Verschiedene Fehlerquellen
Vor allem diejenigen Textteile sind für Hausärzte von Bedeutung, die konkrete Handlungsempfehlungen enthalten. Die größten Fehlerquellen sind laut den befragten Hausärzten die Entlassungsmedikation (76,6 Prozent), die Therapieempfehlungen (74,1 Prozent) und die Beurteilung der Krankheit (Epikrise) nach der Entlassung (64,5 Prozent).
Fast alle Befragten (99 Prozent) gaben an, schon einmal einen fehlerhaften Arztbrief erhalten zu haben. Ein Problem scheint dabei zu sein, dass die Informationen in den Briefen nicht zu den beigefügten Befunden passen.
Die Studie legt auch den Schluss nahe, dass die computergestützte Texterstellung fehleranfällig ist, wenn mit einfachen Textbausteinen gearbeitet wird. Hier wird der fehlende Bezug an die individuelle Patientengeschichte kritisiert.
Weitere Informationen
www.uni-duesseldorf.de
Mitteilung auf der Internetseite der Uni Düsseldorf