
Wiesbaden (dpa). Auf dem deutschen Arbeitsmarkt verliert die duale Ausbildung weiter an Anziehungskraft. Ähnlich wie die Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/2009 droht auch in der Corona-Rezession eine weitere Verschärfung der Situation. Nach jüngsten Zahlen der Arbeitsagentur gab es Ende Juli gut acht Prozent weniger neue Ausbildungsplätze (499.000) sowie in ähnlicher Größenordnung auch weniger Bewerber (knapp 440.000) für eine Lehrstelle.
Um eine „Generation Corona“ und einen anschließenden Fachkräftemangel zu verhindern, versuchen Betriebe, Gewerkschaften und Agentur mit einem Ausbildungspakt gegenzusteuern.
Demografie und Migration beeinflussen Ausbildungszahlen
Nach einem kleinen Zwischenhoch ist im vergangenen Jahr auch die Gesamtzahl der Ausbildungsanfänger wieder gesunken. Mit 513.300 Menschen ging die Zahl im Vergleich zu 2018 um 1,6 Prozent zurück, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Weniger waren es nur 2016 mit knapp 510.000.
In den beiden Jahren danach hatten insbesondere Bewerber aus Asylherkunftsländern zusätzlich eine Ausbildung begonnen. „Jetzt schlägt wieder die Demografie zu“, wies eine Sprecherin auf die allgemeine Bevölkerungsentwicklung hin.
Sinkende Ausbildungsbereitschaft in unsicheren Corona-Zeiten
Prof. Bernd Fitzenberger, Direktor des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) rechnet allgemein mit einer sinkenden Ausbildungsbereitschaft in der anstehenden Rezession. „Für Betriebe ist Ausbildung eine Investition, die sich nur bei positiven Geschäftsaussichten rechnet.“
Er verweist auf Ungleichgewichte, wenn Ausbildungsplätze in großer Zahl wegfielen. Leidtragende seien Jugendliche mit geringeren Bildungsabschlüssen, während die erfolgreicheren Schüler einfach länger im Schulsystem blieben. Das führe in der Tendenz zu einer weiteren Akademisierung der Ausbildung und zu Lücken bei den Fachkräften, die nicht mit Hochschulabsolventen zu schließen seien.
Bundesregierung schafft Schutzschirm für Azubis und Betriebe
Das sind Argumente für den eigens beschlossenen und seit August gültigen „Schutzschirm“, mit dem der Bund Auszubildende und Betriebe stützen und einen „Ausbildungsjahrgang Corona“ verhindern will. Wer weiterhin ausbildet oder sogar neue Plätze anbietet, kann Prämien von 2.000 beziehungsweise 3.000 Euro beantragen. Der Staat zahlt auch Zuschüsse zu den Ausbildungsvergütungen und Übernahmeprämien, wenn Azubis aus insolventen Betrieben übernommen werden.