
Brüssel (dsv/sth). Die Altersstruktur der Bevölkerung in Europa wird sich in den nächsten Jahrzehnten grundlegend verändern – und die Alterssicherungssysteme in den EU-Staaten vor große Herausforderungen stellen. Das geht aus dem bereits im Mai veröffentlichten "Altersbericht 2021" der Europäischen Kommission hervor. Die wesentlichen Ergebnisse des in englischer Sprache verfassten Berichts hat die Europavertretung der Deutschen Sozialversicherung in Brüssel jetzt in deutscher Sprache zusammengefasst.
Dem Altersbericht zufolge wird die Bevölkerung Europas bis zum Jahr 2070 um fünf Prozent schrumpfen und sich im Aufbau ändern. Der Anteil der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter (von 20 bis 64 Jahren) werde von 265 Millionen auf 217 Millionen Menschen abnehmen, heißt es. Das bedeute trotz einer erwarteten höheren Quote von Erwerbstätigen, dass das Arbeitskräfteangebot um 15,5 Prozent sinken werde. Gleichzeitig erhöhe sich die Lebenserwartung für Männer um 7,4 Jahre und für Frauen um 6,1 Jahre, so der Altersbericht.
Die sogenannte Altersabhängigkeitsrate werde sich in den kommenden 50 Jahren um fast 25 Prozentpunkte erhöhen, heißt es weiter. Diese Rate beschreibt das Zahlenverhältnis der über 65-Jährigen zur Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter. "Das bedeutet im Klartext: Während heute circa drei Personen im aktiven Alter auf eine Person über 65 Jahre kommen, könnten es im Jahr 2070 nur noch zwei sein", schreibt die Kommission. Aber auch die Zusammensetzung der Rentnerjahrgänge werde sich ändern: Derzeit seien vier von zehn Rentnerinnen und Rentnern älter als 75 Jahre, 2070 würden es sechs sein, heißt es im Altersbericht.
Anteil der altersbedingten Kosten am BIP steigt um zwei Prozentpunkte
Auf der Grundlage eines sogenannten Basisszenarios projiziert der Altersbericht einen Gesamtanstieg der altersbedingten Kosten von 24 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) auf 25,9 Prozent. Hierbei wiesen die Mitgliedstaaten allerdings "erhebliche Unterschiede" auf, schreibt die EU-Kommission. Deutschland gehört demnach zu den 15 Ländern, in denen der Anstieg am stärksten ist.
Aufschlussreich sei der Anstieg bei den einzelnen Posten, schreiben die deutschen Übersetzer des Berichts: „Haupttreiber" des Anstiegs in den EU-Mitgliedstaaten würden langfristig die Ausgaben für Gesundheit (+ 0,9 Prozentpunkte) und Langzeitpflege (+ 1,1 Prozentpunkte), "während der Beitrag der Rentenkosten nach einem vorübergehenden Anstieg wieder auf das Niveau des Ausgangsjahres zurückfallen" werde.
Im Fall Deutschlands stelle sich die Zusammensetzung der Kostentreiber jedoch "etwas anders" dar, heißt es im Altersbericht. Den Hauptanteil würden hierzulande mit 2,1 Prozentpunkten die Renten ausmachen, während die Kosten für Gesundheit und Langzeitpflege nur um 0,4 bzw. 0,2 Prozentpunkte steigen würden.