
Stuttgart (drv/sth). Mit Unverständnis hat die Vertreterversammlung der Deutschen Rentenversicherung (DRV) Baden-Württemberg die Entscheidung der Bundesregierung zur Kenntnis genommen, die Kosten der sogenannten Mütterrente II erneut von den Beitragszahlern finanzieren zu lassen. Vor dem "Parlament" des Rentenversicherers bedauerte der alternierende Vorstandsvorsitzende Martin Kunzmann , dass der Gesetzgeber – wie schon bei der Einführung der Mütterrente 2014 – nicht bereit sei, diese gesamtgesellschaftliche Aufgabe mit einem zusätzlichen jährlichen Ausgabevolumen von 3,8 Milliarden Euro aus Steuermitteln zu zahlen. Kunzmann betonte, dass wegen dieser Entscheidung die Rücklage der Rentenversicherung abschmelzen und mittelfristig eine deutliche Erhöhung des Beitragssatzes der Rentenversicherung unausweichlich werde.
Haushalt von 21,6 Milliarden Euro
Die Vertreterversammlung verabschiedete zudem den mit 21,6 Milliarden Euro zweitgrößten Haushalt des Bundeslandes. Der Großteil der Einnahmen stammt aus Beiträgen. Auf der Ausgabenseite bilden Rentenzahlungen mit rund 17,7 Milliarden Euro die mit Abstand größte Position. Für medizinische und berufliche Rehabilitation hat die DRV im Land über 548 Millionen Euro eingeplant.
Der alternierende Vorstandsvorsitzende verwies in seiner Rede darauf, dass die Rentenversicherung bundesweit zum Jahresende 2018 etwa 38 Milliarden Euro als Rücklage auf ihren Konten liegen habe. Dieses Finanzvolumen entspreche etwa 1,77 Monatsausgaben der Rentenversicherung. Der Rückgang der Rücklage sei jedoch vorhersehbar, denn der zum 1. Januar 2019 in Kraft tretende „Rentenpakt I“ bringe zwar viele Leistungsverbesserungen, führe aber auch zu erhöhten Ausgaben der gesetzlichen Rentenversicherung.
Thiede stellt geplante Reformprojekte vor
Reinhold Thiede, Leiter des Geschäftsbereichs Forschung und Entwicklung der DRV Bund in Berlin, berichtete der Vertreterversammlung, dass die Mitte 2018 von der Bundesregierung eingesetzte Rentenkommission an der Weiterentwicklung der gesetzlichen Rentenversicherung arbeite. Ein wichtiges Ziel sei, in den nächsten Jahrzehnten die Zahlung angemessener Renten zu gewährleisten, ohne dabei die Beitragszahler zu überlasten.
Außerdem plane die Bundesregierung weitere Reformprojekte im kommenden Jahr, so Thiede. Hierbei gehe es um eine Altersvorsorgepflicht für Selbstständige, die nicht schon anderweitig abgesichert sind, sowie eine Verbesserung für Versicherte, deren Alterseinkommen trotz langjähriger Beiträge nicht oder nur unwesentlich über einer Grundsicherung liegt.
Digitalisierung und bauliche Veränderung
Der Vorsitzende der Geschäftsführung, Andreas Schwarz, informierte die Vertreterversammlung über Fortschritte bei der Digitalisierung von Arbeitsabläufen im Haus. Die DRV Baden-Württemberg habe ihre ehrenamtlichen Versichertenberaterinnen und -berater mit der erforderlichen Online-Technik ausgestattet, um digitale Aufnahme und Übermittlung von Anträgen zu gewährleisten. Bei Rehabilitationsanträgen und Reha-Prozessen in der DRV sowie bei Anträgen auf Altersrente und Kindererziehungszeiten seien entsprechende Dokumentenworkflows bereits pilotiert.
Anfang 2019 beginne die DRV mit dem Scannen der Eingangspost, so Andreas Schwarz. Die DRV schafft parallel dazu zeitgemäße, gesunde Arbeitsplätze. In Stuttgart-Freiberg laufen die Arbeiten des Neubaus nach Plan. Bis zum Jahresende werden Dach und Fassade des Neubaus fertig sein. Bis Mitte 2019 werden rund 1.000 Umzüge erfolgen – eine logistische Leistung, hob Schwarz hervor. Auch in Karlsruhe beginnen erste Umbau- und Sanierungsarbeiten im März 2019.