
Dresden (dpa). Im Osten würden nach Einschätzung des SPD-Ostbeauftragten Martin Dulig rund 750.000 Menschen von der Einführung einer Grundrente ohne Bedürftigkeitsprüfung profitieren. "Das sind alles Menschen, die ein Leben lang gearbeitet haben und trotzdem in der Grundsicherung gelandet sind", sagte der sächsische Wirtschaftsminister der Deutschen Presse-Agentur. Allein in Sachsen würde eine solche Grundrente rund 240.000 Menschen zugutekommen.
Die geplante Grundrente sollen Rentner bekommen, die 35 Jahre lang gearbeitet und Beiträge bezahlt haben, aber trotzdem nur Mini-Renten beziehen. Zeiten von Kindererziehung und Pflege sollen mitgezählt werden. Während die Union auf eine Prüfung der Bedürftigkeit pocht, will die SPD nach einem Vorschlag von SPD-Arbeitsminister Hubertus Heil darauf verzichten. Dulig rief die CDU auf, sich zu bewegen – auch mit Blick auf die anstehenden Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg am 1. September. "Ich erwarte von einer ostdeutschen CDU, dass sie sich zum Modell von Hubertus Heil bekennt, ohne eine entwürdigende Bedürftigkeitsprüfung."
Sächsischer CDU-Chef wirbt um Aufgeben von Blockadehaltung
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) wirbt dafür, die gegenseitige Blockadehaltung aufzugeben. "Mir gefällt nicht, dass die Bundesregierung hier nicht handlungsfähig ist", sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Da der Vorschlag von Arbeitsminister Heil, die Grundrente ohne Bedürftigkeitsprüfung einzuführen, über den Koalitionsvertrag hinausginge, müsse ein Kompromiss gefunden werden.
Nach Kretschmers Vorstellung soll die Bedürftigkeitsprüfung so weit wie möglich vereinfacht werden und ein "anständiger Schonbetrag" unberücksichtigt bleiben. Bei einer solchen Bedürftigkeitsprüfung soll etwa die Rente des Partners in die Berechnung einfließen. Dulig kritisierte, dass von solch einem "Billigmodell" nur wenige zehntausend Rentner profitieren würden. 35 Jahre Arbeit reichten seiner Ansicht nach, um den Nachweis auf ein Anrecht für die Grundrente zu erbringen. "Die geringstmögliche Bedürftigkeitsprüfung ist keine Bedürftigkeitsprüfung."
"Grundrente muss vor dem 1. September kommen"
Die Grundrente müsse vor dem 1. September kommen, damit gerade die Menschen im Osten wüssten, woran sie seien. "Davon mache ich meine Zustimmung zur Fortführung einer großen Koalition in Berlin abhängig", so Dulig. Er sprach von einer "Erosion der Groko", die auch die SPD in den Ländern zurückwerfe. "Wir erleben seit Monaten eine Vertrauenskrise in Politik." Um die zu stoppen, müsse es nun konkrete Entscheidungen geben. "Wenn die Menschen sehen, dass etwas bei ihnen ankommt, sehen sie die positive Wirkung von politischen Entscheidungen."
Um Ostdeutschland künftig stärker in den Fokus der Berliner Politik zu rücken, würde Dulig eine Bewerbung aus dem Osten für den SPD-Vorsitz begrüßen. Er selbst will aber nicht nach Berlin wechseln, betonte er erneut. "Meine Position ist klar, ich habe mich für Sachsen entschieden."
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