Rente / 06.02.2020

Handwerks-Präsident: Grundrente ist ungerecht

Verbands-Chef Wollseifer lehnt auch das aktuelle Heil-Konzept ab und fordert eine obligatorische Altersvorsorge aller Selbstständigen.

Bild zum Beitrag "Handwerks-Präsident: Grundrente ist ungerecht". Das Bild zeigt Handwerksverbands-Präsident Hans Peter Wollseifer

Hans Peter Wollseifer, Präsident des Zentralverbands des Deutschen Handwerks

Düsseldorf/München (ots/sth). Die Koalitionspläne für die Grundrente sind nach den Worten von Handwerkspräsident Hans Peter Wollseifer ungerecht und gefährlich. "Wir lehnen das jetzt vorliegende Grundrentenkonzept mit allem Nachdruck ab", sagte Wollseifer der Düsseldorfer "Rheinischen Post". "Damit würde das Grundprinzip der Rentenversicherung auf den Kopf gestellt, wonach sich die Höhe der Rente nach der Höhe der Einzahlungen bemisst", sagte der Präsident des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH).

"Es schafft neue Ungerechtigkeiten, weil gleich hohe Beträge künftig zu ganz unterschiedlichen Rentenleistungen führen können. Ich befürchte, eine solche Grundrente würde die Akzeptanz der gesetzlichen Rentenversicherung weiter mindern", sagte der ZDH-Präsident. "Es ist gefährlich, von dem allseits akzeptierten Äquivalenzprinzip in der Rentenversicherung abzugehen", warnte er. "Denn Menschen werden sich zunehmend überlegen, wie sie mit möglichst geringen Beiträgen eine von allen bezahlte Grundrente erhalten können", erklärte der Verbandschef.

"Vielfach erleben wir ja schon eine Flucht aus der Beitragspflicht. Weil viele Solo-Selbstständige keine Renten- oder Krankenbeiträge zahlen, können sie ihre Leistungen um 20, 30 Prozent günstiger am Markt anbieten", sagte Wollseifer. "Deshalb fordern wir, für Selbstständige verbindlich eine Altersvorsorgepflicht einzuführen. Dazu muss endlich ein entsprechender Gesetzentwurf auf den Weg gebracht werden", sagte Wollseifer.

Unterstützung vom CDU-Wirtschaftsflügel

Unterstützung erhielt Wollseifer am Dienstag vom CDU-Wirtschaftsflügel. Der Mittelstandspolitiker Christian von Stetten verlangte nach einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" vor der Bewilligung der Grundrente eine scharfe Bedürftigkeitsprüfung; der ebenfalls wirtschaftsnahe Carsten Linnemann forderte, das Grundrentenmodell komplett fallen zu lassen und durch Freibeträge zu ersetzen. Der Chef des CDU-Arbeitnehmerflügels, Karl-Josef Laumann, sprach sich für eine baldige Klärung der Finanzierungsfrage aus: "Wir wollen die Grundrente! Wir brauchen ein schlüssiges Konzept zur Finanzierung. Sollte die Finanztransaktionssteuer scheitern, darf es nicht dazu kommen, dass die Grundrente aus Rücklagen der Rentenversicherung gezahlt wird", sagte Laumann.

In der Union verstärkt sich der Widerstand gegen die Grundrente auch deshalb, weil die von der SPD zu ihrer Finanzierung vorgesehene Aktiensteuer – anders als im Koalitionsvertrag vereinbart – statt hochspekulativer Derivate nur Aktien treffen soll. Europa verhandelt bereits seit rund zehn Jahren über deren Einführung, am Dienstag scherte auch Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) aus den Reihen der Unterstützer aus.

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Autor

Stefan Thissen