Rente / 05.05.2020

Hinterbliebenenrenten: Hilfe in schweren Zeiten

Mit Witwen- oder Witwerrente sorgt die Deutsche Rentenversicherung dafür, dass der Verlust des Ehepartners nicht existenzgefährdend wird.

Bild zum Thema Hinterbliebenenrenten: Waisen- und Witwenrente. – Ältere Frau sitzt nachdenklich an einem Tisch mit Unterlagen.

Neben Altersrenten zahlt die Deutsche Rentenversicherung auch Witwer- und Witwenrenten. Damit erfüllt sie eine wichtige sozialpolitische Aufgabe. Der Gesetzgeber hat in den letzten Jahrzehnten nachjustiert. Das hat Folgen, so Gert Böke von der Deutschen Rentenversicherung (DRV) Knappschaft-Bahn-See.

Im Vergleich zu Altersrenten: Über welches Volumen reden wir bei Witwen- und Witwerrenten?

Gert Böke: Für knapp 5,9 Millionen dieser Renten zahlt die DRV monatlich 3,26 Milliarden Euro. Im Vergleich zu 18,2 Millionen Altersrenten ergibt das ungefähr ein Verhältnis von Eins zu Vier.

Dazu kommen Waisenrenten. Wie berechnen die sich?

Gert Böke: Aktuell sind es mehr als 300.000 Halbwaisenrenten – hier ist ein Elternteil verstorben – und knapp 6.400 Vollwaisenrenten. Die einen erhalten 10 Prozent, die anderen 20 Prozent der Rente, die dem Verstorbenen zugestanden hätte. Ansprüche haben leibliche Kinder und Adoptivkinder; aber auch Stief- und Pflegekinder, wenn sie in den Haushalt des Verstorbenen aufgenommen waren. Waisenrenten werden ohne weitere Voraussetzung bis zur Vollendung des 18. Lebensjahrs gezahlt. Oder bis zum vollendeten 27. Lebensjahr, falls die Waisen noch in Ausbildung sind.

Seit 1986 können auch Männer eine Witwerrente erhalten. Wie hoch ist ihr Anteil an den Hinterbliebenenrenten?

Gert Böke: Früher haben hinterbliebene Männer auch etwas erhalten, aber nur wenn die verstorbene Frau den gemeinsamen Haushalt überwiegend finanziert hat. Seit 1986 gibt es eine Witwen- oder Witwerrente unter gleichen Voraussetzungen. Knapp 20 Prozent sind heute Witwerrenten.

Zu den gleichen Voraussetzungen gehört, dass eigenes Einkommen angerechnet wird?

Gert Böke: Der Grundgedanke der Hinterbliebenenrente ist ihre Ersatzfunktion für den Unterhalt. Wenn jemand durch sein eigenes Einkommen dokumentiert, dass sie oder er den Lebensunterhalt selbst bestreiten kann, wird das angerechnet. Es gibt einen jährlich angepassten Freibetrag, der liegt derzeit bei rund 850 Euro. Alles was vom Nettoeinkommen der Hinterbliebenen darüber liegt, wird zu 40 Prozent auf die Witwen- und Witwerrente angerechnet.

Immer mehr Frauen arbeiten und erhalten entsprechend höhere Renten. Nimmt die sozialpolitische Bedeutung der Witwenrente ab?

Gert Böke: Haben Frauen entsprechend hohe Einkünfte aus Arbeit oder Rente, führt das natürlich dazu, dass ihnen mehr vom eigenen Einkommen angerechnet wird. Von den Hinterbliebenenrenten bleibt weniger übrig. Allerdings ist die soziale Bedeutung noch hoch, wenn man bedenkt, dass gut 4,7 Millionen Hinterbliebenenrenten Witwenrenten sind.

Die Rentenversicherung zahlt eine große und eine kleine Witwen- und Witwerrente: Wo ist der Unterschied und warum ist das so?

Gert Böke: Die kleine entspricht 25 Prozent der Rente des Verstorbenen und wird nur maximal 24 Monate gezahlt. Die große beträgt 55 Prozent, in bestimmten Fällen 60 Prozent. Für die große Rente müssen Hinterbliebene 2019 mindestens 45 Jahre und acht Monate alt sein – die Grenze wird derzeit jährlich um einen Monat bis 47 Jahre angehoben. Alternativ gibt es auch für Jüngere eine große Hinterbliebenenrente, wenn sie selbst erwerbsgemindert sind oder ein Kind des verstorbenen Ehegatten erziehen. Der soziale Grundgedanke dahinter: Aufgrund von Alter, geminderter Leistungsfähigkeit oder wegen Kindererziehung ist es nicht zumutbar, eine Erwerbstätigkeit in größerem Umfang auszuüben.

Im ersten Vierteljahr nach dem Tod des Partners fällt die Witwen- oder Witwerrente aber höher aus?

Gert Böke: Ja, dann erhalten die Hinterbliebenen auf jeden Fall 100 Prozent der Rente des Verstorbenen. Unser Rat lautet: Auch wer aufgrund seines eigenen Einkommens nicht damit rechnet, eine Hinterbliebenenrente zu erhalten, sollte trotzdem einen Antrag stellen, weil ihm diese drei Monate immer ungekürzt zustehen. So soll der finanzielle Übergang nach dem Tod des Partners erleichtert werden.

Erhalten auch Partner aus eingetragenen Lebenspartnerschaften eine Hinterbliebenenrente?

Gert Böke: Alles, was wir hier erläutern, gilt auch für gleichgeschlechtliche Verbindungen. Damit vollzieht das Rentenrecht einen gesellschaftlichen Wandel nach. Seit dem 1. Oktober 2017 sind gleichgeschlechtliche Ehen möglich. Ein Hinweis für ältere Beziehungen: Für die Rentenberechnung gilt das Datum, an dem der frühere Vertrag über eine Lebenspartnerschaft geschlossen wurde.

Die Scheidungsquote ist hoch: Was, wenn der geschiedene Hinterbliebene noch ein Kind erzieht? Der Wegfall des Unterhalts schmerzt sicherlich …

Gert Böke: Hier zahlt die DRV eine Erziehungsrente, die als Unterhaltsersatz dient. Sie erlaubt es, sich verstärkt um die Erziehung der Kinder zu kümmern. Im Unterschied zur Witwenrente bemisst sie sich nicht am Rentenkonto des Verstorbenen, sondern an dem des Erziehenden. Sie entspricht in ihrer Höhe der Rente wegen voller Erwerbsminderung. Wie hoch diese ist, steht in der jährlichen Renteninformation. Es gibt sie übrigens auch, wenn die Witwe ein eigenes Kind erzieht, es muss nicht der Nachwuchs des Verstorbenen sein.

Heiratet der Partner eines Verstorbenen erneut, fällt die Witwen- oder Witwerrente weg und die DRV zahlt eine Rentenabfindung. Wie bemisst die sich und warum zahlt man diese Abfindung?

Gert Böke: Vereinfacht ausgedrückt, werden die Rentenbeträge für 24 Monate als einmalige Abfindung geleistet. So bricht die Leistung der Rentenversicherung nicht nahtlos ab und es steht eine Starthilfe für die neue Beziehung zur Verfügung. Wird übrigens die neue Ehe innerhalb von zwei Jahren wieder geschieden, lebt der Anspruch aus der ersten Ehe wieder auf. Die Witwen- oder Witwerrente des vorletzten Ehegatten kann wieder bezogen werden – aber die erhaltene Abfindung wird natürlich angerechnet.

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Autor

Michael J. John