Rente / 25.06.2020

Mehr als 27 Jahre Arbeit für ausreichende Rente nötig

DIW-Studie: Durchschnittsverdiener müssen voraussichtlich immer länger arbeiten, um eine Rente oberhalb der Grundsicherung zu erhalten.

Bild zum Beitrag "Mehr als 27 Jahre Arbeit für ausreichende Rente nötig". Das Bild zeigt die Hände eines Mannes, der mehrere Euro-Geldscheine hält.

Berlin (diw/sth). 27,4 Jahre lang musste ein Durchschnittsverdiener im Jahr 2018 Beiträge an die Rentenversicherung zahlen, um im Alter eine Rente in Höhe der Grundsicherung zu erhalten. Das geht aus einer am Mittwoch veröffentlichten Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) hervor. Berechnungen für die Jahre bis 2045 zeigen nach Angaben des DIW zudem, dass diese sogenannte Mindestbeitragszeit weiter zunehmen könnte. Die tatsächliche Entwicklung hänge aber vor allem von den Wohnkosten ab, "die bei der Berechnung der Grundsicherung und damit für den Abstand zur gesetzlichen Rente eine große Rolle spielen".

Wo wie in Großstädten die Wohnkosten schon jetzt hoch sind, werde die zur Vermeidung von Grundsicherung im Alter nötige Beitragszeit "wohl stärker steigen als andernorts", heißt es in der Studie. "Besonders in großen Städten lebende Menschen mit unterdurchschnittlichen Gehältern müssen länger in die Rentenversicherung einzahlen, um später mehr rauszubekommen als eine Rente auf Grundsicherungsniveau", sagte Johannes Geyer, stellvertretender Leiter der Abteilung Staat am DIW, bei der Vorstellung der Studie. "Wenn die Politik nicht sicherstellt, dass Menschen, die viele Jahre erwerbstätig waren und Beiträge geleistet haben, eine Rente deutlich über dem Existenzminimum erhalten, könnte die Rentenversicherung ein Legitimationsproblem bekommen."

"Politik sollte zügig handeln"

Um einen Vertrauensverlust der Rentenversicherung in der Bevölkerung zu vermeiden, sollte die Politik zügig handeln, fordern die Studienautor*innen, zu denen neben Geyer die DIW-Forscher*innen Hermann Buslei, Anna Hammerschmid und Mia Teschner zählen. Die Wissenschaftler schlagen vor, dass Geringverdiener bis zu einer bestimmten Einkommensschwelle für ihre Arbeit höhere Rentenansprüche zugesprochen bekommen könnten als Gutverdiener. Zudem könnten etwa Hartz-IV-Empfänger "Rentenansprüche über steuerfinanzierte Beiträge" erwerben.

Als flankierende Maßnahme sei auch eine Stabilisierung des Rentenniveaus denkbar, so die Berliner Wissenschaftler. Allerdings sei dies mit einem höheren Finanzierungsbedarf verbunden, "da hierdurch die Leistungen für alle Versicherten erhöht würden". Die Grundrente in ihrer derzeit geplanten Form löse das drohende Altersarmutsproblem für die Betroffenen jedenfalls nicht, so die DIW-Studie. Ein Grund dafür sei, dass Versicherte unterhalb der geforderten Mindestversicherungsdauer von 33 Jahren "gar nicht davon profitieren". Zudem sei die Einkommensprüfung für die Bewilligung des geplanten Rentenzuschlags für Geringverdiener "nicht nur aufwendig, sie vermischt auch Elemente des Versicherungs- und des Fürsorgesystems", kritisiert das Forscherteam.

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www.diw.de

DIW-Studie "Gesetzliche Rente über dem Grundsicherungsniveau: Zahl der nötigen Beitragsjahre stark gestiegen"