
Brüssel (dsv/sth). Vor dem Hintergrund der hohen Inflation und des starken Anstiegs der Energiepreise hat die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) eine neue Studie zu den daraus resultierenden Herausforderungen für die Rentensysteme der beteiligten Staaten erstellt. Darin betont die OECD, insbesondere die einkommensschwächsten Haushalte seien von der Inflation betroffen. Zumindest die am stärksten gefährdeten Rentnerinnen und Rentner sollten deshalb „umfassend geschützt werden“, fordert die 38 Staaten umfassende Gruppe. Erforderlich seien hierfür unmittelbare Hilfen und Sofortmaßnahmen, zu denen auch ein Vorziehen von regelmäßigen Leistungsverbesserungen gehören könne.
Von der hohen Inflation seien auch Rentnerinnen und Rentner – insbesondere im unteren Einkommensbereich – betroffen, schreibt die OECD. Um Ruheständler vor den Auswirkungen der Inflation zu schützen, sei vor allem die regelmäßige, meist jährliche Rentenanpassung von großer Bedeutung. Die von Staat zu Staat unterschiedlichen Regeln für die Rentenanpassung legen fest, wie der Lebensstandard im Ruhestand gesichert wird und in welchem Umfang Rentnerinnen und Rentner an den Wohlstandsgewinnen einer Gesellschaft teilhaben.
Preisgebundene Rentenanpassungen belasten staatliche Rentenversicherungen
Rentnerinnen und Rentner profitierten nicht von den Wohlstandsgewinnen einer Gesellschaft, so die OECD. Daher seien viele Länder von der lohnbezogenen Rentenerhöhung zur Anpassung entsprechend der Preisentwicklung übergegangen, um den Anstieg ihrer Rentenausgaben zu begrenzen. Zwei Drittel der OECD-Länder passten ihre Grundrenten an Preissteigerungen an. Bei einkommensabhängigen gesetzlichen Renten – wie in Deutschland – seien dies etwa die Hälfte.
Die anhaltend hohe Inflation führe nun zu einer Umkehrung der üblichen Denkweise bei der Rentenanpassung, heißt es in der Studie weiter. In der gegenwärtigen Krise biete die Anpassung gemäß der Preisentwicklung aufgrund sinkender Reallöhne einen besseren Schutz für die Rentnerinnen und Rentner als eine lohnabhängige Anpassung. Dagegen führe sie zu einem deutlichen Anstieg der Belastungen für die Rentenversicherungsträger beziehungsweise für die öffentlichen Finanzen.
In ihrer Studie hinterfragt die OECD, inwieweit es finanzierbar ist, alle Rentnerinnen und Rentner vor einer hohen Inflation zu schützen. Je nach finanzpolitischem Spielraum und nationalen Präferenzen benennt die OECD Alternativen zu einer vollständigen Preisanpassung aller Renten. Dies könnten Kombinationen aus Pauschalzahlung, vollständiger oder teilweiser Anpassung bis zu einem bestimmten Schwellenwert sein. Die Folgen der Inflation würden somit für die Bezieher höherer Renten nicht vollständig aufgefangen. Dagegen könne der Lebensstandard von Bezieherinnen und Beziehern niedriger Renten gewahrt werden, „ohne die finanzielle Tragfähigkeit der Rentensysteme zu gefährden“, so die OECD.