Rente / 02.09.2021

Renteneintritt in Finnland: Lebenserwartung entscheidet

Europa-Büro der Deutschen Sozialversicherung: Je nach Lebenserwartung der Eltern entscheiden sich viele Finnen für eine Teilaltersrente.

Verschneiter Winterwald. Bild: IMAGO / blickwinkel / P. Frischknecht

Brüssel (dsv/sth). Viele Menschen in Finnland machen die Entscheidung über ihr Renteneintrittsalter von der Einschätzung ihrer persönlichen Lebenserwartung abhängig. Das geht nach einem Bericht der Europavertretung der Deutschen Sozialversicherung (DSV) in Brüssel aus einer aktuellen Studie (in englischer Sprache) hervor. Demnach entscheiden sich vor allem solche Bürgerinnen und Bürger für eine Teilaltersrente ab 61 Jahren, für deren Eltern eine geringe weitere Lebenserwartung prognostiziert wurde. Die Teilaltersrente wurde 2017 im Zuge einer Rentenreform eingeführt. 

Eine frü­here Stu­die des Fin­ni­schen Zen­trums für Ren­ten habe erge­ben, dass der häu­figste Grund für die Bean­tra­gung die­ser Ren­ten­art Unsi­cher­heit über die eigene Zukunft und Lebens­er­war­tung ist, heißt es in dem DSV-Bericht. "Die Fin­nen schei­nen ihre eigene Lebens­er­war­tung auf der Grund­lage der Lebens­er­war­tung ihrer Eltern ein­zu­schät­zen". Frauen und Männer, deren gleich­ge­schlecht­li­cher Eltern­teil in einem jün­ge­ren Alter ver­stor­ben ist, würden mit grö­ße­rer Wahr­schein­lich­keit als andere einen Antrag auf Teil­al­ters­rente stellen. Da Män­ner eine kür­zere Lebens­er­war­tung als Frauen hätten, beantragten sie auch etwa 50 Prozent häufiger als Frauen eine Teilrente, schreiben die Rentenexperten für Europa.

Auswirkungen auf die Rentenfinanzen möglich

Die Ergeb­nisse die­ser Unter­su­chung kön­nten "wich­tige Aus­wir­kun­gen auf das Ren­ten­sys­tem" haben, heißt es in dem Bericht weiter – denn die persönlichen Ent­schei­dun­gen zum Bezug einer Teil­rente würden sich "zwangs­läu­fig in den künf­ti­gen Ren­ten­zah­lun­gen nie­der­schla­gen". Bisher sei die Politik davon ausgegangen, dass Men­schen die Ent­schei­dun­g über ihren Rentenbeginn nicht auf der Grund­lage ihrer vor­aus­sicht­li­chen Lebens­er­war­tung tref­fen würden. Daher erhielten Men­schen, die kür­zer leben, wäh­rend ihrer Lebens­zeit insgesamt weni­ger Ren­ten­zah­lun­gen als Men­schen mit einem län­geren Leben.

"Wenn jedoch Per­so­nen mit kür­ze­rer Lebens­er­war­tung ihre Rente sys­te­ma­tisch so früh wie mög­lich in Anspruch neh­men, wer­den die Ren­ten­zah­lun­gen zwangs­läu­fig höher sein als in den Berech­nun­gen ange­nom­men", schreibt das Brüsseler DSV-Büro. Das sei zwar "nach­voll­zieh­bar und ratio­nal. Ideal ist es zumin­dest aus ren­ten­po­li­ti­scher Sicht nicht", so das Resümee des Berichts.

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Autor

Stefan Thissen