Rente / 19.12.2018

Schicht im Schacht

Zum Ende des Steinkohlenbergbaus: Wer unter Tage gearbeitet hat, sollte nicht ins Bergfreie fallen. Dafür gibt es bis heute spezielle Regelungen.

Bottrop/Bad Homburg (sth). Wenn am kommenden Freitag auf der Zeche Prosper-Haniel in Bottrop "Schicht im Schacht" ist und die zuletzt noch 3.500 Bergleute im nördlichen Ruhrgebiet und in Ibbenbüren (Münsterland) ihren Beruf aufgeben müssen, endet zugleich ein für die deutsche Wirtschaftsgeschichte beispielloses Kapitel. Seit Wochen wird im Ruhrgebiet immer wieder an die goldene Zeit der Kohle in den 1950er-Jahren erinnert, als das Revier die Energie und den Stahl für das deutsche Wirtschaftswunder lieferte. Fast eine halbe Million Menschen arbeiteten damals im Ruhrbergbau.

"Man kann sagen, dass unser Bild vom Bergbau vor allem durch die erfolgreiche Zeit der 1950er-Jahre bestimmt ist. Damals erhielt er das positive, teilweise heroische Image, das ihm bis heute zu eigen ist", sagt Heinrich Theodor Grütter. Er leitet das Ruhrmuseum auf der zum Weltkulturerbe aufgestiegenen Zeche Zollverein in Essen. "Der Kohlehunger war immens, Arbeitskräfte wurden gesucht, Bergleute verdienten Spitzenlöhne wie heute bei VW oder Daimler", beschreibt Grütter die Zeit, als Kohle noch schwarzes Gold war. In diesem Jahr haben die verbliebenen Kumpel auf Prosper-Haniel noch rund 1,8 Millionen Tonnen Steinkohle abgebaut, in den 1950er-Jahren waren es im gesamten Ruhrgebiet mehr als 100 Mal so viel. 

Anpassungsregelungen für Bergleute

Mit dem Ende des Steinkohlenbergbaus werden auch die speziellen - und von vielen Sozialpolitikern als beispielhaft gelobten - Regelungen zur Alterssicherung der Bergleute letztmals in Anspruch genommen. So können Bergleute, die spätestens in fünf Jahren die Voraussetzungen für eine Altersrente oder für die sogenannte Knappschaftsausgleichsleistung (KAL) erfüllen würden, ab dem 50. Lebensjahr Anpassungsgeld erhalten. Die KAL wiederum erhalten Versicherte, die unter Tage gearbeitet haben und nach Vollendung des 55. Lebensjahres aus einem knappschaftlichen Betrieb ausscheiden, sofern Sie die Wartezeit von 25 Jahren (300 Kalendermonate) mit knappschaftlichen Beitragszeiten erfüllt haben. 

Die KAL wurde 1963 gesetzlich eingeführt, um ab Ende der 1950-er Jahre die stark steigende Zahl arbeitsloser Bergleute nicht "ins Bergfreie" fallen zu lassen. Schon damals war es schwierig, sogar häufig unmöglich, die Gruppe der 55- bis 60-Jährigen in andere Arbeitsstellen zu vermitteln. Bei ihnen handelte es sich durchweg um langjährige Fachkräfte des Bergbaus mit ganz spezieller Berufsausbildung und Erfahrung, für die der allgemeine Arbeitsmarkt keine angemessenen Arbeitsplätze mehr bereithielt. Die Bergleute, die ohne eigenes Verschulden durch strukturell bedingte Stilllegungsmaßnahmen im Bergbau ihre Arbeit verloren hatten, sollten jetzt nicht zu Dauerarbeitslosen werden.

Altersrente für langjährig unter Tage beschäftigte Bergleute

Für Bergleute nach dem Auslaufen der KAL kommt teilweise die spezielle Altersrente für langjährig unter Tage beschäftigte Bergleute in Frage. Anspruch darauf haben Kumpel ab oder nach dem 60. Lebensjahr, wenn sie die Wartezeit von 25 Jahren mit ständigen Arbeiten unter Tage erfüllt haben. Hier steigt - wie bei den anderen Altersrenten - die Altersgrenze schrittweise, allerdings auf 62 statt auf 67 Jahre. In den vergangenen Jahren nahmen jährlich nur noch weniger als 100 Bergleute diese Altersrente neu in Anspruch, insgesamt waren es 2017 nach Angaben der Deutschen Rentenversicherung aber noch fast 35.000.

Auf die Wartezeit von 25 Jahren werden neben den "ständigen Arbeiten unter Tage" auch Zeiten angerechnet, in denen Bergleute Anpassungsgeld bezogen haben. Sie müssen dafür vor dem Beginn dieser Leistung eine Beschäftigung unter Tage ausgeübt haben. Daneben werden auch Ersatzzeiten in der knappschaftlichen Rentenversicherung und Untertagezeiten aus der Zeit vor 1968 angerechnet, die ähnlich den Wartezeitalternativen der Knappschaftsausgleichsleistung (KAL) ermittelt werden.

Mehr zum Thema:

www.deutsche-rentenversicherung.de

Link zu weiteren Informationen der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See (KBS) über die Altersrente für langjährig unter Tage beschäftigte Bergleute

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Autor

Stefan Thissen